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Die Stunde des Spielers

Die Stunde des Spielers

Titel: Die Stunde des Spielers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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als mir den Pool anzusehen. Ben war ein großer Junge. Er konnte auf sich selbst aufpassen.
    Allerdings ließ sich nicht behaupten, dass ich sonderlich viel von seinen Freunden hielt.

Elf
    Endlich war ich am Pool. Morgensonne. Erdbeermargarita. Die reinste Wonne. Fehlte nur Ben, der mir den Rücken mit Sonnenmilch eincremte.
    Man hatte das Ganze wie den Innenhof einer italienischen Luxusvilla hergerichtet. Mosaikkacheln umrahmten den rechteckigen Pool und das Deck darum. Kunstvoll in geometrische Formen geschnittene Sträucher und Bäume säumten den Bereich und versperrten die Sicht auf Straßen und Gebäude der Nachbarschaft. Außerdem gab es Töpfe mit Efeu und blühenden Reben. Hier und dort standen weitere neoklassizistische Statuen aus Gips oder Beton oder was auch immer: halbnackte Nymphen, die auf Panflöten spielten und Satyrn Weintrauben in den Mund fallen ließen, sinnliche Steinknaben und -mädchen, die miteinander liebäugelten und so weiter. Es war alles ein bisschen viel. An dem Ort herrschte eine interessante Geruchskulisse: Chlor und Chemikalien aus dem Pool, scharf und beißend; Lotionen und Öle; Alkohol und Zucker, und zwar so viel, dass ich mich durch das bloße Einatmen ein wenig beschwippst fühlte. Sich windende Pfade führten zu versteckten Bereichen, wo die Leute in Ruhe und Frieden sitzen und sich sonnen konnten, wenn sie wollten, weg vom Hauptpool mit den Bars und Blackjacktischen, zu denen man schwimmen konnte. Ich wählte einen Platz auf einem kleinen seitlichen Terrassenbereich, zwar mit Blick auf den Pool - und jeden der vielleicht versuchen würde, sich an mich heranzuschleichen -, aber friedlich. Vegas wäre fantastisch, entschied ich, wenn es dort nicht so viele Menschen gäbe.
    Trotz Bens Bemühungen letzte Nacht, mich abzulenken und mir beim Entspannen zu helfen, war meine Nervosität zurückgekehrt. Diese kriechende Steifheit zwischen den Schulterblättern, das Gefühl, dass mich jemand beobachtete und ich mir ständig über die Schulter blicken sollte. Ich legte mich zurück, lauschte der Planscherei im Wasser, ließ mich davon besänftigen, setzte mich dann aber unvermittelt auf, weil ich hätte schwören können, jemand stünde neben meinem Stuhl und blicke auf mich herab. Doch da war niemand.
    Der Rest des Poolbereichs füllte sich mit Leuten, während der Tag immer heißer wurde. In einer Ecke spielten ein paar Familien, die Kinder lachten und planschten. Junge Pärchen rekelten sich mit Zeitschriften und Drinks auf Liegestühlen. Viele schicke Badeanzüge und sonnengebräunte Körper, die vor Gesundheit nur so strotzten Eine Bedienung ging reihum und nahm Bestellungen entgegen. Alles war völlig normal.
    Etwa zwanzig Meter zu meiner Linken machte eine Frau ein Foto mit ihrem Handy. Etwas für die Lieben zu Hause. Das Wetter ist super, schade, dass ihr nicht hier seid. Bildete ich es mir nur ein, oder war die Linse der Kamera genau auf mich gerichtet?
    Sie ließ das Handy sinken und zwinkerte mir zu.
    Oder vielleicht auch nicht. War ich mal wieder paranoid? Ich hätte mich wieder hinlegen und mich davon überzeugen sollen, dass ich einfach nur paranoid war. Doch ich blickte ihr nach, als sie ging, und mir wurde klar, weshalb ich so besorgt war: Es war Sylvia. Sie sah völlig anders aus in einem geblümten Rock, den sie sich um die Hüften geschlungen hatte, schwarzem Triangelbikinioberteil und mit einer Tasche, die ihr über der nackten Schulter hing. Die braunen Haare waren mit einer geschnitzten Holzspange hochgesteckt. Sie tat nichts Bedrohliches. Hatte mich nur angesehen.
    Ich setzte mich wieder zurück, atmete tief durch und befahl der Wölfin, sich zu beruhigen. Wir waren nicht in die Enge getrieben. Das Eis in meiner Margarita war am Schmelzen. Ich trank einen Schluck und fragte mich, ob ich Sylvia folgen sollte, um herauszufinden, was sie im Schilde führte. Oder würde sie das nur reizen?
    Zu diesem Zeitpunkt konnte ich mich unmöglich auf den Bauch rollen, um mir den Rücken zu bräunen. Man kehrte dem Feind nicht den Rücken zu, niemals.
    So viel zum Thema nette, entspannte Zeit am Pool. Da Sylvia nun fort war, hätte es mir eigentlich besser gehen sollen, aber das Gefühl, beobachtet zu werden, nahm zu. Es kribbelte an meinem ganzen Körper, als kröchen mir Insekten über die Haut
    Wenigstens war die Sonne warm. Angenehm warm. In Pools war die Luft so feucht, dass der Sonnenschein wohlig war und nicht glühend heiß. Wenn ich doch bloß eindösen könnte, im

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