Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sturmrufer

Die Sturmrufer

Titel: Die Sturmrufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: blazon
Vom Netzwerk:
Amber leise. Statt Sabin antwortete Inu. »Sobald das Leck dicht ist, schöpfen wir das Wasser aus dem Schiff. Das müsste dem Rumpf genug Auftrieb geben, um das Schiff bei Flut vom Grund loszubekommen. Es hat nicht sehr viel Tiefgang.«
    Amber betrachtete die Taucherin von der Seite. Obwohl Amber sie gerettet hatte, war sie von Sabin kaum beachtet worden, als sie sich morgens am großen Tisch zusammengesetzt und die Aufgaben verteilt hatten. Den Toten erwähnte niemand, aber Amber hatte ihn nicht vergessen.
    Inu war bereits zum Schiff getreten und begutachtete die Reste der Takelage, die schlaff über dem Bootsrand hing wie ein ertrunkenes Tier. Dann ging er mit großen Schritten um den Bug herum und verschwand hinter dem Schiffsrumpf. Ein dumpfes Klopfen verriet, dass er auf der anderen Seite des Schiffs die Stabilität des Holzes prüfte.
    Amber betrachtete Sabin von der Seite. Ihr Haar war zerzaust und selbst ihre Bräune täuschte nicht darüber hinweg, wie blass sie eigentlich war. Die dunklen Schatten unter ihren Augen verrieten, dass sie die ganze Nacht nicht geschlafen hatte.
    »Geht es dir gut?«, fragte Amber leise. Sabin warf ihr einen spöttischen Seitenblick zu.
    »Da du mich gestern nicht verprügelt hast, könnte es mir nicht besser gehen«, erwiderte sie schnippisch.
    »Danke für deine Freundlichkeit, Sabin«, sagte Amber scharf. Das Blut pochte in der Ader an ihrem Hals. »Danke, dass du mit mir sprichst und ein freundliches Wort dafür übrig hast, dass ich dich gestern Nacht nicht den Ungeheuern auf dem Dach überlassen habe.«
    »Was erwartest du?«, gab Sabin ruhig zurück, während sie die zerrissenen Leinen studierte. »Ich habe dich vor der Dschellar gerettet. Jeder ist mal an der Reihe. So ist es, wenn man zusammengehört. Und das tun wir doch, oder?«
    Es klang nicht einmal unfreundlich. Amber schluckte. Sollte sich doch etwas geändert haben?
    »Bring es mir bei«, sagte sie plötzlich, überrascht von ihrer eigenen Kühnheit.
    Sabin hob irritiert die Brauen. »Was? Eine Lektion über das Meer? Damit du uns hier noch vor Angst zu heulen anfängst?«
    »Du wirst heulen, wenn ich dir die Nase breche«, rutschte es Amber heraus. Sofort biss sie sich auf die Zunge. Sie räusperte sich und fuhr ruhiger fort: »Das… Tauchen meinte ich. Ich möchte es lernen. Und alles über das Meer, die Fische, das, was ich wissen muss, um in Dantar zu leben.«
    Die Taucherin sah sie ernst an.
    »Weißt du, was du forderst? Das ist das Majumameer. Es gibt und nimmt uns alles – manchmal zur gleichen Zeit. Dieses Meer ist ein wildes Tier: Man denkt, man hat es gezähmt. Und dann fällt es einen plötzlich an.«
    »Danke für die Belehrung! Wie du weißt, werde ich mit Ungeheuern ganz gut fertig.«
    Sabin lachte. »Lektion eins: Vorsicht bei roten Schnecken«, sagte sie spöttisch und deutete auf eine runde Schale, die direkt neben Ambers Fuß lag. »Darin haust ein Krebs. Wenn er dich berührt, lähmt dich sein Gift, bis du nicht mehr atmen kannst und bei vollem Bewusstsein erstickst.«
    Amber sprang erschrocken zur Seite und stand plötzlich knietief im Wasser.
    »Gut reagiert«, bemerkte Sabin freundlich. Und nach kurzem Überlegen setzte sie hinzu: »Die Meerestiere kann ich dir erklären.« Der spöttische Zug um ihren Mund kehrte zurück, ihre Augen blitzten amüsiert. »Aber das Tauchen musst du dir schon selbst beibringen. Es ist wie mit dem Ziegenhüten. Man kann es oder man kann es nicht!«
    »Du arrogante Fischhaut, du…«
    Sabin lachte und brachte sich an der Felskante vor dem dunkelblauen Abgrund in Sicherheit.
    »Na, Amber?«, spottete sie. »Genau der richtige Moment, um tauchen zu lernen!« Sie deutete hinter sich. Rötliche Rückenflossen zerschnitten das Wasser wie Säbel ein blaues Seidentuch. »Kupferhaie. Sie schmecken gut, wenn man ihr Fleisch in Marjulawein einlegt, bevor man es brät. Aber beim Harpunieren muss man aufpassen, sie sind schlauer als Hunde.«
    Wie ein Pfeil tauchte sie ein und war unter der Wasseroberfläche verschwunden, als wäre sie in ihr wahres Element zurückgekehrt. Amber blieb allein zurück – mit durchnässtem Hosensaum, nicht sicher, ob sie einen Sieg oder eine Niederlage erlebt hatte. Von fern hörte sie Inus Schritte auf dem Schiff. Nun erschien sein Gesicht über der Reling. »Amber, komm her! Durch das Leck kannst du an Bord klettern. Schau dir an, ob wir den Mast ersetzen können. Ein schlanker Baum müsste genügen, oder?«
    Um zum Leck zu gelangen,

Weitere Kostenlose Bücher