Die Sünde
Möglichkeiten zur Identifizierung des bedauernswerten Mannes ausgenutzt«, warf Lehmann ein. »Leider ohne Erfolg.«
»Und wie sieht es mit dem Täter aus? Gibt es da Hinweise? Vielleicht irgendwelche Zusammenhänge zu früheren Taten eines Psychopathen?«
Wegner schüttelte den Kopf. »In ganz Deutschland gab es bisher keinen vergleichbaren Fall. Wir wissen nicht einmal, welches Motiv hinter diesen grausamen Taten steckt. Der Täter hat uns zwar verschiedene Botschaften zukommen lassen, aber wir können uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keinen Reim darauf machen.«
»Können Sie wenigstens sagen, wie die Presse an die Einzelheiten des Falles gekommen ist?«
Lehmann und Wegner zuckten fast synchron mit den Schultern. »Bedauere, Herr Minister«, sagte Lehmann. »Wir können nur vermuten, dass jemand aus unseren Reihen für die Presse arbeitet oder dass es der Täter selbst war. Einen Antrag zur richterlichen Anordnung einer Durchsuchung der Heidelberger Allgemeinen hat der zuständige Staatsanwalt bereits abgelehnt, obwohl alles dafür spricht, dass dort die jeweils aktuellen Informationen eingehen. Erst danach werden sie vermutlich an andere Medien weitergegeben. Wie es in der Branche üblich ist, lassen die für gutes Geld natürlich auch andere von dem Kuchen naschen.«
Der Innenminister hob die Augenbrauen. »Die Presse ist ein heißes Eisen. Die können uns das Leben zur Hölle machen. Wir müssen versuchen, sie zu gegebener Zeit vor unseren Karren zu spannen. Auf keinen Fall dürfen wir sie angreifen. Haben Sie mich verstanden?«
»Selbstverständlich, Herr Minister«, antwortete Lehmann dienstbeflissen.
»Wie stark ist die Soko?«
»Momentan arbeiten zehn Ermittler an dem Fall«, antwortete Wegner. »Da wir wegen eines Doppelmordes noch eine Moko laufen haben, konnte ich nicht mehr Beamte für die Soko rekrutieren.«
»Nichts da, Sie stocken die Soko sofort auf 30 Mann auf. Haben Sie mich verstanden? Wie Sie das machen, bleibt Ihnen überlassen. Ist das klar?«
»Mit Verlaub, Herr Minister, wir haben …« Weiter kam Wegner nicht.
»Es ist mir egal, was Sie haben oder nicht. Meinen Sie etwa, ich möchte mir weiter vorwerfen lassen, die Polizei sei untätig oder gar unfähig, den Fall zu lösen? Machen Sie alles mobil, was zwei Beine und einen Kopf hat. 30 Mann habe ich gesagt, und keinen weniger! Ihren täglichen Lagebericht senden Sie per E-Mail direkt an mein Ministerium. Haben Sie mich verstanden?«
»Jawohl, Herr Minister«, antwortete Lehmann, während Wegner nur den Kopf senkte.
Die eilends auf 30 Mann aufgestockte Soko »Päckchen« arbeitete auf Hochtouren. Der junge Schalterbeamte konnte die hübsche Paketaufgeberin sehr gut beschreiben. Entsprechend gut gelang auch das Phantombild der Unbekannten. Etwas schwieriger wurde es mit der Erstellung des Phantombildes der alten Frau aus der Poststelle Kleingemünder Straße. Die beiden Bereitschaftspolizisten und der Postbeamte gaben Beschreibungen ab, die erheblich differierten. Mit viel Mühe konnte ein einigermaßen gutes Bild erstellt werden. Noch am selben Tag wurden Fahndungsplakate im DIN -A3-Format gedruckt, auf denen die beiden Phantombilder zu sehen waren. Die Plakate wurden in allen Heidelberger Poststellen aufgehängt. Gleichzeitig wurden die anwesenden Postbeamten nach den Frauen befragt. Da dies zeitnah geschehen sollte, hatte Wegner 16 Beamte der Soko mit der Arbeit beauftragt. Dennoch brauchten sie ganze zwei Tage, bis diese aufwendige Fahndungsmaßnahme erledigt war.
Die Befragungen hatten nicht den geringsten Ansatz zur Ermittlung der beiden unbekannten Frauen ergeben. Alle hofften, dass sich in den Folgetagen vielleicht ein Postkunde melden würde, der zumindest eine der beiden Frauen auf den Fahndungsplakaten erkannt hatte.
Als sich nach drei Tagen nichts dergleichen tat, entschloss sich Wegner, die Phantombilder an die Presse zu geben.
Zeitgleich trafen von fremden Dienststellen ständig Meldungen über vermisste Personen ein. Mehrmals mussten die Absender darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie sofort DNA -fähiges Spurenmaterial sichern und dem LKA Baden-Württemberg zur vergleichenden Untersuchung mit der Opfer- DNA übersenden sollten. Außerdem kamen fast im Minutentakt Mitteilungen, wonach man in älteren Vermisstenfällen DNA sichern konnte, die man ebenfalls auf Übereinstimmung mit der DNA des Mordopfers überprüfen werde. Im Serologischen Institut des Landeskriminalamtes stapelten sich die
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