Die Sünden der Gerechten - Rankin, I: Sünden der Gerechten - The Impossible Dead
Wahrscheinlich war sie jetzt gerade im Altenheim. Den Angestellten dort war es lieber, wenn man die Essenszeiten mied, auch damit sie die »Klienten« (wie sie sie nannten) bereits am frühen Abend bettfertig machen konnten. Er ging zum Fenster und starrte auf die dunkler werdende Stadt. War Edinburgh zehnmal so groß wie Kirkcaldy? Auf jeden Fall deutlich größer. Wieder am Schreibtisch schaltete er seinen Computer ein und startete einen Suchvorgang.
Eine knappe Stunde später saß er in seinem Wagen auf dem Weg nach Oxgangs, wo er wohnte. Er hatte einen Supermarkt so gut wie direkt vor der Tür, und dort machte er Halt, um sich ein Curry für die Mikrowelle, Apfelschorle und eine Abendzeitung zu kaufen.
Auf der ersten Seite wurde über einen Drogendealer berichtet, der gerade schuldig gesprochen worden und ins Gefängnis gewandert war. Fox kannte den Detective, der die Ermittlungen geleitet hatte – er war vor zwei Jahren selbst Gegenstand interner Ermittlungen gewesen. Jetzt lächelte er in die Kameras, Job erledigt.
Wie kommt es, dass Sie einen solchen Hass auf Polizisten haben? Die Frage hatte ihm Scholes gestellt. Es gab mal eine Zeit, da konnte der CID solche Verfahren abkürzen, ohne dass sich jemand dran störte. Fox’ Aufgabe war es, dies zu unterbinden. Nicht für immer und ewig – in ein oder zwei Jahren würde er wieder zum CID zurückkehren und mit jenen, die er jetzt überprüfen musste, erneut dicke sein; er würde wie sie versuchen, Drogendealer hinter Gitter zu bringen, ohne dabei die Vorschriften zu umgehen, und in Angst vor den internen Ermittlern leben, sie schließlich irgendwann verachten. Allmählich fragte er sich, ob er das wirklich fertigbringen würde – mit Beamten arbeiten, die seine Vergangenheit kannten, und sich mit dem beschäftigen, was andere als » echte Polizeiarbeit « betrachteten …
Er legte die Zeitung in seinen Einkaufskorb, in dem sich schon einiges angesammelt hatte.
Das Haus war dunkel. Er hatte schon überlegt, ob er sich eine von diesen Zeitschaltuhren zulegen sollte, die in der Abenddämmerung für Licht sorgten, aber er wusste, dass sich Einbrecher davon nicht abschrecken ließen. Er hatte ohnehin wenig genug, das zu stehlen sich lohnen würde: Fernseher und Computer, das war’s. Im vergangenen Monat war in ein paar Häuser in der Gegend eingebrochen worden. Ein Polizeibeamter war sogar an seiner Tür aufgetaucht und hatte ihn gefragt, ob er etwas gesehen oder gehört hatte. Fox hatte sich nicht die Mühe gemacht, sich als Kollege zu erkennen zu geben. Er hatte nur den Kopf geschüttelt, und der Constable hatte genickt und war weitergezogen.
Dienst nach Vorschrift.
Das Curry brauchte sechs Minuten. Fox suchte einen Nachrichtensender im Fernseher und stellte lauter. Die Welt schien voller Kriege, Hungersnöte und Naturkatastrophen zu sein. Ein Erdbeben hier, ein Tornado da. Ein Experte wurde zum Klimawandel interviewt. Er warnte die Zuschauer, sie müssten sich an diese Phänomene gewöhnen, an Fluten, Dürrekatastrophen und Hitzewellen. Der Interviewer schaffte es irgendwie mit einem Lächeln, ans Studio zurück zu geben. Vielleicht würde er, kaum dass er nicht mehr auf Sendung war, im Kreis laufen, sich büschelweise Haare ausraufen und laut schreien, aber Fox bezweifelte dies. Er drückte die Interaktiv-Taste auf der Fernbedienung und überflog die Schlagzeilen für Schottland im Videotext. Es gab nichts Neues über die Explosion bei Lockerbie; in der Fettes Avenue herrschte ebenso wie in Kirkcaldy mittlere Alarmbereitschaft. Lockerbie; als hätte dieses Fleckchen in seiner Geschichte nicht schon genug erlebt … Fox schaltete auf einen
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