Die Sünden der Gerechten - Rankin, I: Sünden der Gerechten - The Impossible Dead
der Dinge zu Papier, und dann wollen wir mal sehen, was Glenrothes meint. Gibt’s sonst noch was, das ich wissen sollte? «
Fox und Kaye tauschten Blicke.
» Nein, Sir « , behauptete Fox.
Die Nachricht von der Überwachungsaktion gegen Scholes konnte warten: Schön eine Bombe nach der anderen platzen lassen, mehr vertrug der Chef nicht …
Später ging Fox auf einen Kaffee in die Kantine, und als er dort ankam, fiel ihm ein, dass er seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Von dem Mittagsangebot waren nur noch Sandwiches mit Ei und Kresse übrig, und er legte sich eines zusammen mit einem Kit-Kat und einem Apfel aufs Tablett. Als sein Handy klingelte, spielte er kurz mit dem Gedanken nicht dranzugehen, aber nach einem Blick aufs Display wusste er, wer anrief.
» Hi, Evelyn « , sagte er.
» Autsch « , sagte Mills.
» Du hast es also gehört? «
» Hier wird kaum über was anderes geredet. Die Lokalpresse scheint sich auch draufzustürzen. Du weißt, wie die das verdrehen werden. «
» Sollen sie doch. «
» Wirkte sie selbstmordgefährdet? «
» Nicht mehr als wir alle. « Fox wischte geschmolzene Schokolade vom Finger an eine Serviette. » Wirst du mir trotzdem noch helfen können? «
» Wirst du noch da sein, so dass ich dir helfen kann? «
» Hoffentlich. «
» In dem Fall … mal sehen. «
» Was heißt das? «
» Das heißt, dass mein Chef kalte Füße kriegen könnte. «
» Kauf ihm ein paar warme Socken. «
Es herrschte Stille in der Leitung, bis sie ihn fragte, wie es ihm ging.
» Schon in Ordnung. «
» Du klingst nicht unbedingt so. «
» Wird schon wieder. « Er blickte auf sein Tablett. Von seinem Sandwich hatte er erst einmal abgebissen, aber das Kit-Kat war längst Geschichte. Auf dem Kaffee schwamm ein öliger Film, und auf den Apfel hatte er plötzlich keine Lust mehr.
» Du kannst nichts machen außer die Wahrheit sagen « , konstatierte Mills. » Deine Sicht der Dinge schildern. «
Er hätte ihr erklären können: Genau das war das Problem. Jede Geschichte ließ sich aus verschiedenen Perspektiven betrachten; die eigene Version konnte sich immer von denen der anderen unterscheiden. Hatten sie sich in Collins’ Wohnung pragmatisch, feige oder verantwortungslos verhalten? Das würden andere entscheiden – und vielleicht würde es ganz und gar nicht der Wahrheit entsprechen …
» Malcolm? «
» Ich bin noch dran. «
» Brauchst du jemanden zum Reden? Wir könnten uns treffen und einen trinken gehen. «
» Ich trinke nicht. «
» Seit wann? «
» Lange bevor wir uns kennengelernt haben. «
» Das muss ich wohl vergessen haben. « Sie hielt inne. » Wir könnten uns trotzdem treffen. «
» Ein anderes Mal, hm? « Fox dankte ihr und beendete das Gespräch, dann fing er an, den Apfel über die Tischplatte zu rollen, von der linken Hand in die rechte und wieder zurück.
Niemand schlug vor, nach Feierabend noch bei Minter’s vorbeizufahren. Als sie das Büro verließen, tat Naysmith etwas Ungewöhnliches – er gab Fox und Kaye die Hand. Erst hinterher begriff Fox, dass es eine Bestätigung ihres Zusammenhalts als Team gewesen war. Er fuhr mit seinem Volvo vom Parkplatz und machte sich auf den Weg nach Hause. Er war fast schon in Oxgangs angekommen, als er noch mal auf die Ringstraße einbog. Es herrschte Berufsverkehr, aber er hatte es nicht eilig, nicht mehr, jetzt, wo er sich entschieden hatte. Er folgte den Schildern zur Forth Road Bridge.
Bei einer ihrer Fahrten durch Kirkcaldy waren sie am Victoria Hospital vorbeigekommen. Es sah aus wie eine Baustelle, weil es eine war – ein strahlendes, neues Gebäude kurz vor der Fertigstellung, neben dem alten ursprünglichen Krankenhauskomplex. An der Rezeption zeigte Fox seinen Dienstausweis und gab Teresa Collins’ Namen an. Er bekam die Station genannt und die
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