Die Sünden des Highlanders
seinem Herzen. Er wurde das Gefühl nicht los, dass ihm etwas an dem Jungen sehr bekannt vorkam.
»Dank Euch, Sir Tormand«, meinte Walin, als Tormand ihn losließ.
»Du solltest auf den Stufen besser aufpassen.« Tormand merkte zu seinem Verdruss, dass er genau wie sein eigener Vater geklungen hatte.
»Ich weiß, aber ich muss William unbedingt ein bisschen Sahne geben. Er war so tapfer!«
Nach einem raschen Blick nach oben, um zu sehen, ob auch Morainn herunterkäme, folgte Tormand dem Jungen etwas enttäuscht in die Küche. Als er sich dort umsah, stellte er fest, dass auch dieser Raum ein Beweis dafür war, dass der Laird von Dubhstane Morainn ein sehr schönes Heim zur Verfügung gestellt hatte. Die meisten Leute ihrer Herkunft – schließlich war sie das Kind einer Hebamme, die von einem wütenden Mob getötet worden war, weil man sie als Hexe gebrandmarkt hatte – hätten wohl nur einen einzigen Raum mit einer Feuerstelle zum Kochen gehabt, bestenfalls noch einen kleinen Dachboden zum Schlafen.
Walin goss mittlerweile etwas dickflüssige Sahne in ein Holzschüsselchen. Mit einem dumpfen Laut sprang der Kater von der Bank und schickte sich an, seine Belohnung zu genießen. Wie durch einen Zauber tauchten auch die anderen drei Katzen auf, aber ein leises, kehliges Fauchen des riesigen Katers hielt sie auf Abstand. Walin goss kichernd noch etwas Sahne in eine andere Schüssel und stellte sie vor die übrigen Katzen.
»William wird hier noch dick und fett.« Die süße, leicht rauchige Stimme zog Tormands Blick sofort zu ihrer Besitzerin. Schon allein bei Morainns schüchternem Lächeln spannte sich sein Körper an wie der eines gut ausgebildeten Jagdhunds. Tormand war klar, dass er erstaunlich heftig auf Morainn reagierte, obwohl er sich das damit zu erklären versuchte, dass er seit Monaten mit keiner Frau geschlafen hatte.
»Danke, dass Ihr den Tisch gedeckt habt«, meinte Morainn etwas verlegen unter den Blicken von sechs stattlichen jungen Männern. »Walin«, fuhr sie fort und lächelte den Jungen an, »komm und setz dich an den Tisch.« Sie schrie überrascht auf, als Tormand sie plötzlich am Arm packte. »Was ist denn?«
Tormand schob ihren dicken Zopf zur Seite, um den Bluterguss eingehender zu betrachten, den er bemerkt hatte, als sie den Kopf Walin zugewandt hatte. »Woher habt Ihr das? Es sieht aus wie ein Handabdruck.«
»Ach, das. Der Mann hat mich von hinten gepackt, als ich die Treppen hinab fliehen wollte. Aber ich habe ihn mit meinem Messer erwischt, und dann ließ er mich los.« Sie spürte, dass noch ein anderer hinter sie getreten war. Als sie einen Blick über ihre Schultern warf, merkte sie, dass es Simon war, der den Bluterguss genau musterte. »Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht«, wiegelte sie ab. Es tat zwar ziemlich weh, aber Morainn vermutete, dass ihr weitaus Schlimmeres gedroht hätte, wenn ihr die Flucht nicht geglückt wäre.
»Der Mann hat eine sehr große Hand«, murmelte Simon.
»Ja, das stimmt«, sagte Walin, der inzwischen am Tisch saß. »Er war so groß wie ein Pferd. Ein richtiger Riese.«
»Setzt Euch, Mistress Ross«, bat Simon, wobei er zwar höflich, jedoch auch bestimmt klang. »Und dann erzählt uns beim Essen, was Euch widerfahren ist. Ihr seid bestimmt schrecklich hungrig.«
Morainn setzte sich. Einigermaßen alarmiert stellte sie fest, dass Tormand neben ihr Platz nahm. Sie konnte sich kaum konzentrieren, denn die Nähe zu ihm ließ ihren Körper kribbeln, als hätte sie sich zu lange in der Sonne aufgehalten. Es wurde nicht besser, als sich Harcourt zu ihrer Linken niederließ und anfing, Essen auf ihren Teller zu häufen. Es war ihr nicht geheuer, von Männern umringt zu sein, die so viel größer waren als sie, zumal ihr Körper höchst ungewohnt auf einen von ihnen reagierte. Ihr gegenüber saß Walin zwischen Simon und Rory. Die beiden füllten stumm den Teller des Kindes. Beinahe wurde ihr unbehaglich, weil es sich fast zu gut anfühlte, wie diese Männer sich um sie und Walin kümmerten. Sie fürchtete, sie könnte sich daran gewöhnen und diese Fürsorge vermissen, wenn sie sie nicht mehr hätte.
»Bevor Ihr uns Eure Geschichte noch einmal erzählt«, meinte Rory, dessen bernsteingelbe Augen lustig funkelten, »muss ich eines wissen: Wie kann man sich unter einem Baum verstecken?«
»Als ich hierherkam«, erklärte Morainn, »erinnerte ich mich noch sehr gut daran, wie meine Mutter gestorben war. Ich hatte große Angst, dass sich die
Weitere Kostenlose Bücher