Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Titel: Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Nugent
Vom Netzwerk:
der sie betrogen hat. Bis jetzt haben alle, die von unserer Affäre wussten, schön den Mund gehalten. Wenn nächsten Monat der Prozess beginnt, dürfte die Schlammschlacht allerdings losgehen. Ich habe ein neues Leben begonnen, und das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, sind schmutzige Details über die Vergangenheit mit Oliver, die meine Zukunft mit Javier aufs Spiel setzen könnten.
    Wahrscheinlich könnte ich ein Vermögen machen, wenn ich meine Geschichte verkaufen würde. Aber das werde ich nicht. Schon allein aus Respekt der armen Alice gegenüber.

XXII
    V É RONIQUE
    Ende Oktober letzten Jahres besuchten zwei Damen aus Irland Cuisine de Campagne. Ich würde die beiden auf Ende fünfzig, Anfang sechzig schätzen. Sie waren mir sofort aufgefallen, weil sie befreundet schienen, aber ein so ungleiches Paar abgaben. Die eine war laut und auffällig, stark geschminkt und hatte es ganz offensichtlich darauf abgesehen, den einzigen alleinstehenden Mann aus der Gruppe zu verführen. Die andere war ruhig und zurückhaltend, ein bisschen verhuscht, könnte man wohl sagen. Sie tat mir leid, denn ihre Freundin schien wenig Interesse daran zu haben, den Urlaub mit ihr zu verbringen. So kam es, dass ich mich Alice vorstellte und sie einlud, sich an einigen Abenden zu mir und Pierre zu gesellen. Wir verstanden uns gut und haben uns sehr angeregt unterhalten, erstaunlicherweise auch über Dinge, die man bei solcher Gelegenheit gemeinhin meiden soll: Politik, Religion, Einwanderung und dergleichen Fallstricke mehr. Dabei kannten wir uns ja praktisch kaum. Ihre Freundin Moya hatte über das Internet gebucht, weshalb ich Alices Nachnamen erst erfahren habe, als sie sich am letzten Abend in unser Gästebuch eintrug.
    »Ryan«, sagte ich. »Im Sommer 1973 hat ein Junge aus Irland hier als Erntehelfer gearbeitet, der auch Ryan hieß. Oliver Ryan.«
    »Aber so heißt ja mein Mann!«
    Nein, was für ein Zufall; wir mussten lachen. Doch bald stellten wir fest, dass es sich wirklich um denselben Oliver Ryan handelte. Sie zeigte mir ein paar Fotos von ihm. Er war älter, aber noch immer sah er sehr gut aus. Es konnte keinen Zweifel geben, dass er es war. Wir haben uns dann die halbe Nacht unterhalten. Es freute mich für Oliver, dass er ein erfolgreicher Schriftsteller geworden war. Dunkel meinte ich mich zu erinnern, dass auch Michael etwas dergleichen in einem seiner Briefe erwähnt hatte. Alice war sichtlich entsetzt, als ich ihr erzählte, was sich in jenem Sommer alles zugetragen hatte; ich erzählte ihr von dem Brand, dem Tod meines Sohns und meines Vaters. Sie wusste, dass Oliver seine Sommer oft im Ausland verbracht hatte – sie selbst hatte sich während einer Griechenlandreise in ihn verliebt – , aber über den Sommer 1973 schien er ihr nie mehr erzählt zu haben, als dass er als Erntehelfer in Frankreich gearbeitet hatte. Das fand ich doch recht seltsam, so traumatisch die Geschehnisse damals auch für ihn gewesen sein mochten. Würde man nicht irgendwann im Laufe der Jahre darüber sprechen, zumal mit seiner Frau? Es war eine große Tragödie gewesen – das Feuer, der Tod zweier geliebter Menschen, die wohl niemand so leicht vergessen konnte, schon gar nicht Oliver. Doch um ihm nicht zu nahe zu treten, erzählte ich Alice nicht von der Freundschaft, die ihn einst mit meinem Vater und Jean Luc verband. Wenn Oliver fast vierzig Jahre nicht darüber gesprochen hatte, so würde er gewiss seine Gründe dafür haben. Diskret wie ich war, erwähnte ich auch Laura nur am Rande, als eines der Mädchen aus der Gruppe irischer Studenten, die in jenem Sommer bei uns beschäftigt waren. Doch von ihr schien Alice zu wissen, immerhin. Es war wohl so, dass Alice und Oliver ihre Hochzeit in Michaels Restaurant gefeiert hatten, auch wenn Michael und ihr Mann mittlerweile nicht mehr befreundet zu sein schienen, wenn ich das recht verstand. Alice erwähnte kurz, dass Michaels Schwester auf tragische Weise sehr jung gestorben war. Arme Laura, doch wie lang ist das her!
    »Oliver war uns nach dem Brand wirklich eine große Hilfe. Es hat ihn fürchterlich mitgenommen.«
    »Oh, das freut mich! Ich meine, dass er Ihnen eine Hilfe war«, sagte Alice hörbar stolz.
    »Oh ja, das war er. Natürlich hat er um Papa und Jean Luc getrauert, aber er wollte sich unbedingt nützlich machen. Mein Vater und er hatten viele Stunden in der Bibliothek zugebracht, und Oliver hat darauf bestanden, sie eigenhändig von den Trümmern freizuräumen. Die

Weitere Kostenlose Bücher