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Die Suendenburg

Die Suendenburg

Titel: Die Suendenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Aprilluft täuschte mir vor, es ginge mir besser, was ich nur allzu gerne glauben wollte und daher auf die Täuschung einging. Ich richtete mich leicht auf dem Lager auf, nahm etwas mehr Speise zu mir, ließ mir von den drei jungfräulichen Witwen Ferhild, Frida und Franka Lieder vortragen, die einst Orendel geschrieben hatte, und fing an, kurze Unterhaltungen zu führen. Da ich ahnte, dass Aistulf noch nicht so weit war, mir auch die unangenehmen Vorgänge zu berichten, sprach ich die drei jungfräulichen Witwen an. Ich musste ihnen mit einer Mischung aus Liebenswürdigkeit und Strenge mühsam entlocken, welche dunklen Wolken sich über der Grafschaft zusammenziehen.
    Die Kaufleute sind unzufrieden. Sie fürchten Einbußen, die dadurch entstehen, dass wir Söldner entlassen, die dann zusammen mit ihren Familien unsere Grafschaft verlassen. Außerdem haben sie an der Ausstattung und Versorgung unserer Truppe gut verdient, was künftig weniger der Fall sein wird. Und schließlich beklagen sie, dass allein das Gerücht, wir schwächten unser Land und lieferten uns auf Gedeih und Verderb den Ungarn aus, den Handel mit anderen Gegenden des Reiches nahezu zum Erliegen bringen würde.
    Und als seien der Widerstände noch nicht genug, hat sich der Abt des Klosters bei Aistulf beschwert, er verteile zu viele Almosen unter die Armen. Seither erwarteten diese nämlich, dass das Kloster seine Hilfen ebenfalls erweitere. Ferner prophezeite der Abt, Gott werde sich von Volk und Land abwenden, wenn der Krieg gegen die Heiden nicht unter Einsatz aller Mittel fortgesetzt würde. Zudem sei die Mückenplage von Gott gegeben, man habe sich darein zu fügen.
    Ich hatte, als ich das hörte, sofort den Verdacht, dass all diese Unzufriedenheit nicht von allein entstanden ist, sondern entfacht und geschürt worden war. Jemand hat das Gerücht gestreut, die Ungarn und Gott werden uns heimsuchen, und er hat sich dabei absichtlich jener bedient, denen an einer Beibehaltung der Verhältnisse gelegen ist. Diese wiederum verfügen über genügend Macht und Ansehen, um den einfachen Bauern Angst zu machen, sodass auch sie nun zunehmend unzufrieden sind. Sie, die am meisten unter den Sümpfen leiden, wollen plötzlich nicht mehr, dass diese trockengelegt werden. Natürlich wagen sie nicht, ihren Unmut öffentlich zu äußern, aber es heißt, sie grollen Aistulf. Und wieso? Weil ihnen eingeredet wurde, dass eine Verringerung der Zahl an Bewaffneten und Söldnern – die notwendig ist, um die Geldmittel für diese Arbeit aufzutreiben – bedeute, dass heidnische Barbaren durch diese Maßnahme geradezu eingeladen würden, unsere dann wehrlose Grafschaft zu überfallen. Sie fürchten Brandschatzungen durch die Ungarn und wollen nun lieber die Kriege fortsetzen, als die Mücken- und Fieberplage loswerden.
    Ich musste erst ungehalten werden, um von den drei jungfräulichen Witwen einen Namen zu bekommen.
    Frida sagte: »Es heißt, Euer Schwiegersohn habe mit den Kaufleuten geredet.«
    Franka fügte hinzu: »Er soll auch beim Abt gewesen sein.«
    Und Ferhild schloss: »Man hat ihn mit den Kaufleuten und dem Abt in den Dörfern der Umgebung gesehen.«
    Ich habe Baldur unterschätzt. Er hat es während des Winters geschafft, böse Saaten zu säen, die nun aufgehen. Inwiefern Elicia ihm dabei half und ob die Idee dazu nicht sogar auf sie zurückgeht, bleibt vorerst im Verborgenen, doch auf die Antwort kommt es mir nicht mehr an. Aistulfs Grafenwürde und damit auch die Ideen, die den Geknechteten zugutekommen sollten, sind noch immer und mehr denn je bedroht, und Elicia hat daran ihren Anteil, wie man es auch dreht und wendet. Sie hat mir mein Glück missgönnt. Sie würde, ohne zu zögern, ihren Bruder Orendel dafür benutzen, um mir weiterhin zu schaden, und dabei auch sein Wohl und Heil aufs Spiel setzen. Da ich sehe, wie weit Baldur geht, um Aistulf absetzen zu lassen, erahne ich auch, wie weit er gehen würde, um zu verhindern, dass Orendel Graf würde. Mein Sohn wäre ihm nahezu schutzlos ausgeliefert und hätte allenfalls die Wahl, Baldurs Marionette zu werden, um nicht als Baldurs Opfer zu enden. Um Orendel und Aistulf zu schützen – und in gewisser Weise auch, um Elicia vor sich selbst und vor Baldur zu schützen –, nehme ich von meinem Vorhaben Abstand, Orendel zum jetzigen Zeitpunkt auf die Burg zurückholen zu lassen, auch wenn es mir das Herz bricht. Aistulf, der sieht, wie sehr mir diese Entscheidung zu schaffen macht, bietet mir an, mit

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