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Die Suendenburg

Die Suendenburg

Titel: Die Suendenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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nichts?
    CvL: Nein. Agapet konnte nicht lesen. Jemand hätte ihm die Botschaft vorlesen müssen. Üblicherweise wandte er sich an Aistulf, der seit drei Jahren sein Verweser war.
    MvB: Hätte er ihn auch hinzugezogen, wenn es sich bei der Botschaft um etwas Vertrauliches oder Heikles gehandelt haben würde?
    CvL: Wohl nicht.
    MvB: An wen hätte er sich gewandt? An Euch?
    CvL: Mein Gemahl hat mir in sechsundzwanzig Jahren nichts anvertraut, was nicht ohnehin der halben Burg bekannt war.
    MvB: Immerhin besitzt Ihr einen Schlüssel zur Schatzkammer.
    CvL: Nur, weil Agapet während des Sommers nicht umhinkam, irgendjemandem den Zugang zur Schatzkammer zu gestatten. Die Angelegenheiten der Grafschaft erforderten dies, und Agapet vertraute mir mehr als Aistulf. Ich hätte ihm den Schlüssel am Tag nach seiner Rückkehr wieder zurückgeben müssen.
    MvB: Wenn er Euch nicht völlig vertraute, wieso gab er Euch überhaupt einen Schlüssel? Zu Elicia hatte Agapet ein inniges Vertrauensverhältnis. Wieso gab er den Schlüssel nicht seiner Tochter?
    CvL: Elicia? Nun, weil … weil Elicia noch sehr jung und …
    MvB: Und? Sprecht weiter.
    CvL: … manchmal ein wenig sprunghaft ist. Im Übrigen wäre das eine ungewöhnliche Maßnahme gewesen, denn die Herrin der Burg bin ich, nicht Elicia. Ich vermute, dies alles bewog ihn dazu, den Schlüssel in meiner Obhut zu lassen, und er hatte in all den Jahren keinen Grund zur Klage. Ich bewahrte ihn sicher in einem kleinen Loch in der Wand auf.
    MvB: Nun, vielleicht hätte Agapet in diesem Jahr einen Grund zur Klage gehabt.
    CvL: Wie darf ich das verstehen?
    MvB: Wie ich vom Schmied erfahren habe, gabt Ihr wenige Tage nach dem Tod Agapets die Anfertigung eines weiteren Schlüssels für die Schatzkammer in Auftrag. Ist das richtig?
    Gräfin? Ich habe Euch eine Frage gestellt.
    CvL: Gewiss, ich … ich gab einen entsprechenden Auftrag.
    MvB: Demnach müsste es nun drei Schlüssel geben: jenen, der Eurem Gemahl Agapet gehörte, jenen zweiten, der über den Sommer in Eurem Besitz war, und jenen dritten, den Ihr habt anfertigen lassen. Wenn ich Euch nun bitte, alle drei Schlüssel zusammenzutragen …
    CvL: Das ist unmöglich, denn … Agapets Schlüssel ist verloren gegangen. Es gibt davon also nach wie vor nur zwei Ausfertigungen.
    MvB: Wieso erfahre ich das erst jetzt?
    CvL: Für Eure Untersuchung ist der Verlust des Schlüssels ohne Belang, da er erst nach der Tat erfolgte. Wie Euch Raimund sagte, öffnete Agapet am Abend seines Todes die Schatzkammer, bevor er ins Bad ging. Ich händigte Agapets Schlüssel Aistulf am Tag unserer Hochzeit aus, doch er verlegte ihn. Wieso stellt Ihr mir all diese Fragen, die mit dem Verbrechen, so scheint mir, nichts zu tun haben?
    MvB: Einem Mord geht meist vieles voraus, Gräfin. Die Tat an sich ist nur der Gipfel, doch einen Gipfel ohne Anstieg gibt es nicht. Seht Ihr, Gräfin, in der Burg wimmelt es von Waffen – Messer in der Küche, Messer beim Schmied, Jagdmesser in den Satteltaschen –, aber die Tat passierte mit einer außergewöhnlichen Waffe. Demnach könnte dieser bestimmte Dolch eine große symbolische Bedeutung für den Mörder oder das Opfer gehabt haben, da jemand sich die Mühe machte, einen Schlüssel zu stehlen, um die Schatzkammer zu öffnen, den Dolch zu entnehmen und …
    CvL: So ein Unfug! Es wurde kein Schlüssel gestohlen, wozu sollte ihn jemand stehlen wollen? Der Dolch lag offen herum, und zwar genau dort drüben auf dem Tisch, an dem Euer Schreiber sitzt. Ich sage das, Aistulf sagt das, Raimund sagt das …
    MvB: Elicia sagt es nicht.
    MvB: Hat ihr Wort mehr Gewicht als das meine? Ich frage Euch: Welches Wort wiegt mehr?
    Vikar? Ich habe Euch eine Frage gestellt. Über kurz oder lang werdet Ihr nicht um die Antwort herumkommen.

Bilhildis
    Da ist man mal ein paar Tage fort, schon geht es drüber und drunter, und ich verpasse das Beste. Zwischen Aistulf und Baldur ist es zu einem gewaltigen Donnerschlag gekommen, der auch die Gräfin und Elicia entzweit hat, und weder ich noch Raimund waren hier, um es mitzuerleben. Ich war auf die drei rothaarigen Heulsusen angewiesen, um alles haarklein erzählt zu bekommen. Bei Gott, das war eine feuchte Angelegenheit, die eine heulte in meinen rechten Ärmel, die andere in meinen linken und die dritte auf meine Brust. Ich war wie ein Schwamm im Solebad. Aber wenigstens bin ich nun wieder auf dem Laufenden, denn Elicia gibt sich wortkarg, und die Gräfin konnte ich nicht fragen. Ich habe sie

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