Die Sünder - Tales of Sin and Madness (German Edition)
das Stöhnen von draußen hereindrang. Vorsichtig ging er um die Leiche herum und stellte sich vor das Fenster. Er schob den Vorhang zur Seite und schaute hinaus.
Zunächst konnte er nichts erkennen und hörte nur das fremdartig klingende Heulen unzähliger Stimmen.
Dann sah er, wie sich die dunklen Gestalten näherten. Der Reverend hielt angstvoll den Atem an. Aus der grenzenlosen Dunkelheit trotteten mindestens 30 Männer auf ihn zu.
»Was wollen die bloß von mir?«, flüsterte er.
Erst, als sie noch näher taumelten und in den Schein des Mondlichts traten, konnte der Reverend sie richtig erkennen. Die Körper der meisten waren von grauenvollen Wunden übersät. Einigen fehlten ganze Fleischstücke am Hals, anderen schien man Teile des Gesichts abgerissen zu haben. Einem Mann war der Arm unterhalb des Ellenbogens abgetrennt worden. Ihre Kleidung war völlig zerfetzt und ein paar von ihnen trugen nichts als einige Fetzen Stoff am Körper.
Ob das die Männer vom Schiff sind?
Sie müssen es sein, dachte er.
Er schloss den Vorhang wieder und drehte sich um.
»Was ist passiert?«, fragte er die Leiche auf seinem Boden. »Welche Abscheulichkeit hast du nur in mein Haus gebracht?«
Panik machte sich im Herzen des Reverends breit. Er rannte in das schwach erleuchtete Wohnzimmer. Verwirrung und Schrecken ergriffen von ihm Besitz.
Das erste Donnern an der Tür überraschte ihn völlig.
Er kreischte auf, blickte zur Haustür und hörte das dumpfe Pochen zahlreicher Menschenhände.
Nicht Menschen – Menschen sehen nicht so aus. Menschen kommen nicht zu dir nach Hause und tun so etwas.
Er hörte das Geräusch von zersplitterndem Glas. Als er sich umdrehte, sah er, wie Scherben auf seinen Küchenfußboden regneten.
»Was wollt ihr von mir?«, brüllte der Reverend. »Ich bin ein Mann Gottes. Ich habe kein Geld und ich habe nichts Falsches getan!« Ich habe einen Mann getötet, rief er sich selbst ins Gedächtnis zurück.
Er sah, wie sich eine der Gestalten an das zerbrochene Fenster klammerte.
Ein weiteres Gesicht erschien, beide versuchten unter Stöhnen, ins Haus zu gelangen. Auch das dröhnende Hämmern an der Haustür riss nicht ab.
Die Schreie wurden lauter und schienen nun aus dem Inneren des Hauses zu kommen, möglicherweise aus dem Schlafzimmer. Der Reverend hörte, wie noch mehr Glas zerschmetterte.
Er schloss die Augen. Er wusste, dass sie das Haus umzingelt hatten.
Schon in wenigen Minuten würde auch der Letzte von ihnen eingedrungen sein.
Der Reverend fiel auf die Knie. Überall um sich herum hörte er entsetzliches Scharren. Dann wieder Glas, das splitterte. Jedes Donnern wurde von einem tiefen Grunzen begleitet.
Die Haustür gab allmählich nach. Eine der Türangeln brach aus dem Rahmen, ein Stück vom Korpus splitterte ab und eine Hand schlängelte sich durch den entstandenen Spalt.
Der Reverend hob seinen Kopf und sah, dass es einer der Teufel am Fenster schon beinahe ins Haus geschafft hatte. Er blutete heftig aus den unzähligen Schnittwunden, die er sich an der zerbrochenen Scheibe selbst zugefügt hatte. Dies schien ihn jedoch nicht im Geringsten zu stören.
Das Stöhnen aus dem Schlafzimmer wurde nun deutlich lauter.
Es dröhnte in den Ohren des Reverends und überdeckte das Knistern des Feuers fast völlig.
Das Feuer!
Der Reverend erhob sich, rannte zum Kamin und griff vorsichtig nach einem bereits halb abgebrannten Holzscheit. Mit seiner provisorischen Fackel eilte er ins Schlafzimmer, blieb jedoch in der Tür stehen. Ein halbes Dutzend der Kreaturen erwartete ihn bereits und näherte sich bedrohlich. Ein paar andere versuchten, durch das zerbrochene Fenster zu klettern. Über ihre ausdruckslosen Gesichter floss Blut. Einen Augenblick lang musste der Reverend wieder an den Fremden denken.
Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als sich unvermittelt eine Hand an seinem Hemd festkrallte.
Der Reverend stieß einen angewiderten Schrei aus und versetzte der Kreatur einen Schlag mit dem brennenden Holzscheit. Sie heulte auf, taumelte zurück und kauerte sich zusammen, die Hände vor das Gesicht gepresst.
Der Reverend warf das lodernde Holz ins Zimmer, knallte die Tür zu und überließ die schreienden Ungeheuer sich selbst.
Im Wohnzimmer war die Lage noch ernster. Unter der Kraft von rund einem Dutzend der mörderischen Kreaturen hatte die Haustür schließlich nachgegeben. Auch die Küche war nun bis zum Bersten mit den entsetzlichen Gestalten gefüllt.
Er sah, dass sich ein
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