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Die Sünderin

Die Sünderin

Titel: Die Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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verständig und verantwortungsbewusst. Sie übernahm schon früh Pflichten im Haushalt. Nicht weil sie dazu aufgefordert wurde, sondern weil sie sah, dass ihre Mutter damit nicht zurechtkam. Man könnte sagen, sie übernahm die Rolle der Erwachsenen.»
    Und was war mit der Rolle im Ehebett gewesen? All die auffälligen Zeichen! Bettnässen mit neun. Und mit neunzehn Heroin! Missbrauchte Kinder endeten häufig so, das wusste Margret. Aber Wilhelm war immer ein anständiger Kerl gewesen, das wusste sie auch. Und jetzt war er ein alter Mann, ausgelaugt und müde vom erbärmlichen Leben. Manchmal rief er an. «Wie geht es Cora?» Er freute sich immer, zu hören: «Es geht ihr gut.»
     
    Fast eine Stunde saß Margret Rosch mit Rudolf Grovian zusammen. Von dem, was ihr neben der Fassungslosigkeit durch den Kopf ging, erfuhr er nichts. Auch der Name Magdalena fiel nicht einmal. Irgendwann kam die Frage: «Wann kann ich denn nun endlich meine Nichte sehen?»
    Er erhob sich. «Ich schau mal, wie weit die Kollegen sind.»
    Die Kollegen standen auf dem Gang herum. Er wollte nur sehen, in welchem Zustand Cora Bender sich befand. Sie saß wieder aufrecht, als er den Raum betrat. Berrenrath stand am Fenster und unterhielt sich mit dem Arzt. Und der Arzt hatte eine Miene aufgesetzt, die ihn unwillkürlich an die BemerkungWinfried Meilhofers denken ließ; das göttliche Strafgericht.
    Da musste der richtige Eindruck entstanden sein. Die Polizei und ihre brutalen Verhörmethoden. Eine bewusstlose junge Frau mit zerschlagenem Gesicht.
    «Ihre Tante möchte Sie sehen, Frau Bender», sagte er.
    Sie starrte ihn an, als wolle sie sich mit ihren Blicken in sein Hirn bohren.
    «Die Frau braucht Ruhe», protestierte der Arzt.
    «Quatsch», widersprach sie. Eben haben Sie mir noch erzählt, dass mich Ihr Mittelchen wieder munter macht. Das hat es getan. Ich war noch nie in meinem Leben so wach.» Sie schaute zu Rudolf Grovian auf. «Was hat sie Ihnen erzählt?»
    «Ich hole sie», sagte er nur.
    Zwei Minuten später betrat er den Raum erneut. Margret Rosch war dicht hinter ihm. Er winkte Berrenrath und den Arzt hinaus. Er selbst blieb, hielt sich jedoch im Hintergrund und beobachtete schweigend. Margret Rosch blieb mitten im Raum stehen. Und er sah die Panik in Cora Benders Gesicht, hörte die raue, gedrängte Stimme: «Was hast du ihm erzählt?»
    «Nichts», log ihre Tante. «Mach dir keine Sorgen. Ich bin nur hier, um dich zu sehen. Aus deinem Besuch morgen wird ja leider nichts. Ich hatte mich darauf gefreut. Wie geht es dem Kleinen?»
    Sie sprach, als mache sie einen Besuch am Krankenbett, als ginge es nur um ein gebrochenes Bein. Doch so rasch war Cora Benders Misstrauen offenbar nicht zu besänftigen.
    «Gut. Hast du wirklich nichts gesagt?»
    «Nein. Was soll ich denn gesagt haben?»
    «Was weiß ich! In so einer Situation erzählt man eine Menge Blödsinn. Das habe ich auch getan. Vom Erlöser, der büßenden Magdalena und dem ganzen Quatsch.»
    Margret Rosch schüttelte den Kopf. «Nein, kein Wort.»
    Cora Bender sackte vor Erleichterung ein wenig in sich zusammen und wechselte das Thema. Ob sie sich hatte beschwichtigen lassen oder einen bestimmten Zweck verfolgte, wagte er nicht zu beurteilen. Es klang bedrückt und aufrichtig und passte zu dem Verhalten, das sie am See gezeigt hatte. Berrenrath hatte von ihrer Sorge um die Ohren des Kindes berichtet.
    «Hat Gereon dich angerufen?», wollte sie wissen.
    Margret Rosch nickte, und sie erkundigte sich: «Wie geht es ihm? Hat er etwas von seinem Arm gesagt? Ich habe ihn gestochen, zweimal, glaube ich. Einer von den Sanitätern am See hatte ihn verbunden. Es war ein ziemlich großer Verband, ging über den ganzen Unterarm. Hoffentlich kann er damit arbeiten. Im Moment ist so viel zu tun. Manni Weber schafft das nicht allein. Und den Alten kannst du vergessen. Du weißt ja, wie er ist. Er hat eine große Klappe, aber er kann einen Schraubenzieher nicht von einer Rohrzange unterscheiden.»
    Ihre Tante nickte erneut, biss sich auf die Lippen und brachte die Sprache endlich – zumindest im Ansatz – auf das Geschehen.
    «Brauchst du irgendetwas? Soll ich mich um einen Anwalt kümmern?»
    Cora Bender winkte ab. «Lass nur. Aber wenn du mir ein paar Sachen bringen könntest. Ein bisschen Kleidung und das Waschzeug. Das Übliche, du weißt schon.»
    Unvermittelt wurde Margret Rosch heftig. «Nein, ich weiß nicht. Was ist denn das Übliche, wenn man ins Gefängnis geht? Das ist nicht wie

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