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Die Sünderinnen (German Edition)

Die Sünderinnen (German Edition)

Titel: Die Sünderinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Scharenberg
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geheime Kanäle eines Staatsanwalts zurückgegriffen? Er hatte ihr beteuert, sie nie wieder zu schlagen, hatte geschworen, auf alle ihre Wünsche auch nach erneuter Berufstätigkeit einzugehen, aber sie war standhaft geblieben. Darauf war sie stolz. Möglicherweise hätte er seine guten Vorsätze sogar eingehalten, aber sie hatte nur zu deutlich gespürt, dass es vorbei war. Sie empfand keine Liebe mehr für ihn, nicht einmal Achtung. Dafür verspürte sie endlich Achtung vor sich selbst. Als er sich aufs Drohen verlegt hatte, lieferte er ihr den endgültigen Beweis, dass sie sich richtig entschieden hatte. Er wollte ihr das Leben schwer machen, ihren guten Ruf zerstören, ihr keinen Unterhalt mehr zahlen, doch mit jeder neuen Drohung hatte er genau das Gegenteil erreicht.
    Gedankenverloren zog sie die Arme hinter ihrem Kopf hervor und steckte sie unter die warme Bettdecke. Ihre Hände tasteten an ihrem Körper entlang. Mit etwas Glück würde sie wieder einen Mann finden, der ihr Bedürfnis nach Nähe befriedigte, ohne sie gleichzeitig zu demütigen. Nach einer Weile schlug sie die Bettdecke zurück und schaute lächelnd auf das Chaos in ihrem Schlafzimmer. Die gestern Abend abgelegten Kleidungsstücke bildeten eine Art Spur von der Tür bis zu einem alten Lehnstuhl, der mit ihren einmal getragenen Garderoben so behängt war, dass man kaum die Farbe des Holzes erkennen konnte. Marion Karsting genoss diese Unordnung, besonders weil Klaus Eberhard sie in seinem Haus niemals geduldet hätte.
    Nachdem sie geduscht und gefrühstückt hatte, verließ sie gut gelaunt die Wohnung für einen Waldspaziergang. Sie achtete nicht auf den Mann in dem dunklen Wagen, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkte und genau auf die Haustür starrte. Voller Vorfreude auf die frische Luft lief sie zu ihrem kleinen Fiat Panda, den sie ausnahmsweise draußen abgestellt hatte. Normalerweise benutzte sie ihren Stellplatz in der Tiefgarage, aber gestern Abend hatte sie keine Lust mehr gehabt, sich in die enge Parkbucht zu quälen, zumal sie den freien Platz unmittelbar vor ihrer Haustür entdeckt hatte.
    Während sie anfuhr, startete der andere Wagen. Unbemerkt folgte er ihr.
    Nach einer kurzen Fahrt erreichte sie ihr Ziel. Sie stellte ihren Wagen in der Nähe eines Waldweges ab und stieg aus. Von fern hörte sie den vorbeirauschenden Verkehr der Autobahn. Die A 3 verlief ein Stück parallel zu dem Waldgebiet, das sich zwischen Duisburg und Düsseldorf erstreckte. Genießerisch sog sie den würzigen Geruch nach frischem Laub ein. Sie warf noch einen kurzen, kontrollierenden Blick auf den Wagen, dann wanderte sie in den Wald hinein.
    Insgeheim wunderte sie sich, warum nicht mehr Menschen diese herrlichen Morgenstunden für einen Spaziergang nutzten. Die Strahlen der Sonne fielen schräg durch die Bäume und zauberten eigenartige Lichteffekte auf den Waldweg. Schade, dass sie nicht daran gedacht hatte, ihren Fotoapparat mitzunehmen. Fotografieren gehörte zu den vielfältigen, neuen Hobbys, die sie sich nach der Trennung zugelegt hatte.
    Plötzlich hörte sie ein leises Rascheln hinter sich. Mehr neugierig als erschrocken drehte sie sich um. In einiger Entfernung entdeckte sie die Gestalt eines Mannes. Er war jedoch zu weit entfernt, um das Geräusch verursacht zu haben. Wahrscheinlich ein kleines Tier, das sich durch meine Anwesenheit erschreckt hat, dachte sie, und lief weiter. Aufmerksam wollte sie dem Vogelgezwitscher lauschen, die angenehm warme Luft auf ihrer Haut spüren und den charakteristischen Duft des Waldes in sich aufnehmen, doch sie konnte diesen Spaziergang nun nicht mehr richtig genießen. Vielleicht hätte sie lieber auf der Duisburger Königstraße oder gleich auf der Kö in Düsseldorf flanieren sollen. Auf einmal wollte sie unter Menschen sein, Einsamkeit hatte sie an Klaus Eberhards Seite viel zu lange erlebt.
    Unsicher blieb sie plötzlich stehen und schaute nach hinten. Der Mann kam näher, der Abstand zwischen ihnen hatte sich um mehr als die Hälfte reduziert. Vergeblich versuchte sie, ihren beschleunigten Pulsschlag zu ignorieren. Nun gut, der Mann hatte offensichtlich aufgeholt. Das musste nichts bedeuten. Vielleicht liebte er schnelle Wanderungen oder er wollte einfach den Kalorienverbrauch steigern? Obwohl sie sich alle möglichen Gründe aufzählte, blieb dennoch dieses Gefühl, der Fremde steuere zielstrebig auf sie zu. Beunruhigt beschleunigte sie ihren Schritt.
    Am liebsten hätte sie sich dauernd

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