Die Tätowierung
Schritt zu r ück, um die Ge m älde als Ganzes auf sich wir k en zu las s en.
»Glaubst du ? «, fragte er.
»Ich bin m i r sicher. Du siehst doch, dass die Köpfe nicht m it d e m Kö r per zusammenhängen.«
»Dieser E i ndruck entsteht tatsächlich«, stim m t e ihr der Kom m issar zu.
Hannu stand vor dem Regal und blätterte in den Blöcken.
»Schaut euch das m al an«, sagte er plötzlich.
D i e anderen drei tra t en auf i hn zu. W ortlos hielt er ihnen einen gro ß en Block hin und zeigte ihnen die S kizzen auf dem ersten Blatt. Car m ens Kopf, von B a sta von verschiede n en Seiten gezeichnet. A u f ein paar Skizzen sah m an die Schnitt f l ä che an der Unters e ite d es Hal s es. Es w a r nicht daran zu zweifeln, dass der Kopf wirklich abgetrennt war.
»Blättert weiter«, forderte sie Hannu auf.
Irene blätterte um und sah auf der nächsten Seite eine Skizze des Bildes, das an der W and hing.
Die folgenden fünf Blätt e r waren m it Skizzen von Eingeweiden bedeckt. Ir e ne konnte ein Herz und untersc h i e d liche Där m e erken n en. Es lag auf der Hand, aber als es jetzt ka m , machte es i h r doch sehr zu schaffen: Erst kam das Bild einer abgeschnittenen Frauenbrust, dann eine detaillierte S t udie des weiblichen Geschlechts.
Irene m erkte, dass i h r ü bel wurde. Ihre Hände zitterten, als sie weiterblätterte.
Auch die S k izzen von M arcus b ega n nen m it Studien des Kopfes von allen Seiten. Auf d e m n ä chsten Blatt fand sich eine Skizze des Ge m ä ldes. Aber als Irene wiederum u m blätterte, bekam sie ein e n Schock. Hier waren keine Stillleben irgendwelcher Eing e weide. Das wäre fast noch besser gewesen als das, was ihnen jetzt geboten wurde. Auf jeder Seite war ein Por t rät von Marcus in derselben Position und von derselben Seite. Und doch waren die Porträts unterschiedlich, da der Kopf in den verschiedenen Stadien der Verwesung abgebildet war.
» W irklich pervers!«, rief Andersson.
»Ver m utlich hat e r deswegen den Kopf in d e r Grabkam m e r aufgehoben«, m einte Birgitta.
Hannu kam aus der Kochnische und sagte: » K ühl- und Gefrierschrank sind leer. Ausgerä u m t . Sieht nicht so aus, als wolle er im Sommer noch m al zurück kom m e n.«
Er rasselte m it ein e m kleinen Schlüsselbund und m einte noch: »Ich hab die hier gefunden und seh m i r jetzt m al den Speicher an . «
Im nächsten Augenblick fiel die Tür schon hinter ihm ins Schloss, und seine Schritte verschwanden die Treppe hinauf.
» W enn er sich jetzt im Ausland befindet, dann liegt der Verdacht nahe, dass er sich in Kopenhagen aufhält«, sagte Irene.
»Das ist ja nicht m al richtiges Ausland«, wandte Birgitta ein.
»Nein. Aber dort kennt er schließlich Leute.«
» W arum h a t er seinen Kollegen nicht gesagt, dass er nach Kopenhagen fährt?«
»Er will vielleic h t nic h t, dass je m and er f ährt, da s s er do r t ist«, m einte Irene.
»Meinst du, dass er jahrelang im m er m al wieder in Kopenhagen gewesen ist, ohne dass seine Arbeitskollegen das erfahren haben ? «
»Durchaus möglich, falls er m it ihnen privat nichts zu tun hat. Schließlich hat er nur stundenweise auf der Gerichts m edizin gearbeitet.«
»Seit wann war er dort tätig ? «
»Seit fast f ünf Jahren, i m m er m a l wieder, laut Frau Stridner.«
Sie wurden von Andersson unterbrochen: »Schaut euch das m al an!«
Er sah gerade in die beiden Kleiderschränke am Fußende des Betts. Irene und Birgitta stellten sich neben ihn. In einem Schrank hingen eine stabile Lederjacke m i t Pelzkragen, ein schwarzer Anzug, ein weißes H e m d und ein schwarzer Schlips. Auf d e m Boden standen ein Paar ordentliche schwarze Halbschuhe. In dem anderen Schrank hingen ein weißer Arzt k i ttel sowie g rüne OP- Kleidung. Hosen m it Bündchen an den Hosenbeinen und ein kurzärmliges He m d, das hinten zugebunden werden konnte. Auf dem Bod e n des S c hranks standen ein Paar grüne Holzschuhe, auf die je m and auf die Seite der Sohle »OP 1« geschrieben hatte. Neben den Schuhen lagen ein Paket Operations m undschutz und einige Schachteln Operationshandschuhe.
»Gib m i r Kraft und Stärke! Mein Le ibarzt!«, rief Irene.
» W as erzählst du da für Dummheiten ? «, fauchte Andersson verärgert.
»Marcus hat vor fast einem Jahr seinen Freunden von einem Mann erzählt. Er nannte ihn seinen ›Leibarzt‹. Und hier hängen die ganzen Arztkla m otten! Genauso, wie E m il von Marcus › m ein Polizist‹ genannt wurde, obwohl auch er
Weitere Kostenlose Bücher