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Die Täuschung

Die Täuschung

Titel: Die Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caleb Carr
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nahezu sofort von Jägern der Royal Air Force abgefangen. Die Maschinen zeichneten sich als dunkle, kantige Silhouetten gegen die untergehende Sonne ab, was ihnen ein äußerst Furcht einflößendes Aussehen verlieh. Als ich mich zu Larissa umdrehte, sah ich, wie sie die Maschinen mit einem Nicken und einem trotzigen Lächeln taxierte; in ihrem Blick lag allerdings auch Besorgnis.
    »Gideon«, rief sie mir zu, »geh mal nach vorn, ja? Ich wüsste gern, was sich dort tut.« Sie hielt die Bedienungsgriffe der Kanone fest umschlossen, feuerte jedoch nicht. »Mein Bruder will nicht, dass wir in solchen Situationen tödliche Gewalt anwenden, aber wenn diese Dinger ohnehin keine Piloten haben, würde ich mir ein bisschen Spaß gönnen …«
    Ich stieg eilig die Leiter hinunter und lief durch den Gang nach vorn. Als ich den Bug des Schiffes betrat, fand ich Malcolm und Colonel Slayton an den Bedienungsfeldern. Slayton tippte ruhig, aber schnell Informationen in eins der Steuerterminals. »Das sind die Ultrastealth-Modelle der neuen Joint Strike Force«, sagte er. »Weitgehend unzerstörbare Flugzeuge für den Einsatz am ersten Kriegstag, bestückt mit AIM-10 Predator-Raketen, die biologische, nukleare oder konventionelle Sprengköpfe tragen können.«
    »Bemannt?«, fragte Malcolm.
    »Ich fürchte ja. Bei diesem Modell haben sie die Probleme im Fernlenksystem noch nicht behoben.« Slayton drehte sich um und sah Tressalian sehr ernst an. »Kann sein, dass wir diesmal nicht davonkommen, ohne das Feuer zu erwidern.«
    Slaytons Worte schienen Malcolm – der aussah, als hätte er Fieber, wie ich jetzt bemerkte – zutiefst zu beunruhigen; bevor er jedoch etwas erwidern konnte, kam Tarbells Stimme aus der Lautsprecheranlage des Schiffes. »Sie rufen uns«, sagte er. Dann stellte er die Stimme eines Piloten durch: »Nicht identifiziertes Flugzeug: Sie verletzen den britischen Luftraum. Folgen Sie unserer Eskorte zum nächsten Flugplatz, oder Sie werden unter Feuer genommen.«
    Malcolm tippte auf ein Tastenfeld an der Konsole vor ihm und antwortete betont herausfordernd: » Englisches Flugzeug: Was uns betrifft, so befinden wir uns im Luftraum der schottischen Republik. Folglich haben Sie nicht die Befugnis, uns anzugreifen.« Er drehte sich zu Slayton um. »Können wir sie abhängen?«
    Slayton zuckte die Achseln. »Mit diesem Modell hatten wir bisher noch nichts zu tun. Wir müssten eigentlich dazu in der Lage sein, aber sie haben jetzt eine feste Signatur von uns – ganz egal, wohin wir fliegen, sie können uns verfolgen, und wenn wir die Insel ansteuern, werden sie sich mit weitaus mehr als nur einem Geschwader an unsere Fersen heften. Wir könnten tauchen, aber dazu müssten wir langsamer werden – nicht sehr, aber immerhin so viel, dass eine der Predators uns erwischen würde. Und über dem offenen Meer würden sie wohl kaum zögern, Atomwaffen einzusetzen. Ich sehe nur eine Möglichkeit, nämlich dass wir wieder nach oben gehen, aber …«
    Einen Moment lang war es still, sodass ich einwerfen konnte: »Was aber?«
    Malcolm, der mit jeder Minute erkennbar bleicher wurde, tippte ungeduldig mit einem Finger auf die Konsole. »Colonel Slayton versucht, taktvoll zu sein, Gideon. Die Wahrheit ist, dass wir diesmal ungewöhnlich lange unterwegs waren, und wie Sie sicher bemerkt haben, muss ich ziemlich dringend zu unseren medizinischen Einrichtungen auf der Insel zurück.« Wie schon einmal begannen sich Schweißperlen auf seiner Stirn zu bilden: Ihm stand unzweifelhaft ein weiterer Anfall bevor. Da ich die Ursachen seiner geheimnisvollen Krankheit nun kannte und über seine Vergangenheit Bescheid wusste, verspürte ich diesmal noch größeres Mitgefühl, aber auch seine stoische Gelassenheit nötigte mir gesteigerten Respekt ab: »Das ist wirklich ärgerlich«, lautete seine Zusammenfassung der Situation. »Na schön, Colonel, wenn es denn …« Auf einmal hielt er inne und horchte; dann hob er eine Hand an seinen Kragen. »Bist du sicher?«, entgegnete er seiner Schwester über ihre interne Verbindung. Er reckte den Hals und ließ den Blick über die transparente Verkleidung der Hülle schweifen. »Wie weit? Ich sehe nichts – o ja, da sind sie!«
    Slayton und ich drehten uns mit ihm um und erhaschten einen Blick auf ein weiteres Flugzeuggeschwader, das von hinten zu uns herabstieß. Die Maschinen hatten konventionellere Silhouetten als die britischen Flugzeuge und waren nicht so schnell – es waren eindeutig viel ältere

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