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Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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Drachen und Engel das Sonnenlicht.
    Obwohl auch Köln zu den ersten Handelsplätzen Europas zählte, staunte Sidonia über die Pracht, die sie in den spanischen Niederlanden empfing. Die meisten ihrer Mädchenträume hatten sich als gefährliche Trugbilder erwiesen, aber ihr Traum von einer helleren Welt jenseits von Kölns klammen Gassen schien nicht verkehrt gewesen zu sein. Trotz ihrer drückenden Erinnerungen regte sich ein Gefühl von Leichtigkeit in ihr, als sie den Markt erreichte. Antwerpen war das Tor zur Welt.
    Mit bedächtigen Schritten und besonnen in der Rede überquerten Kaufleute den Platz. Hunderte Sprachen durchschwirrten die Luft. Sidonia führte ihren Rappen und wich zwei Niederländerinnen aus, die die unzüchtigste Mode trugen: Ihre Brüste waren mit durchsichtigen Tüchern bedeckt, die vorgaben zu verbergen, was sie zur Schau stellten. Sie zwinkerten Sidonia zu und erinnerten sie daran, dass sie als Jüngling unterwegs war.
    Sidonia errötete, nicht weil die Avancen der Damen sie erschreckten, sondern weil sie sich schämte. Nach fünfzehn Tagen Reise musste sie erbärmlich aussehen und riechen. Bis Wesel hatte sie zu Pferd vier Tage gebraucht, es dann aber nicht gewagt, ein Rheinschiff bis Dordrecht zu besteigen. Zu groß war die Gefahr, auf einer der Aaken oder Marktsegler einem Bekannten zu begegnen. Die Lauredanne, an deren Mast neben der Zunftflagge der Kölner Brauer eine Pilgerfahne geflattert hatte, war Warnung genug gewesen: Kölner konnte man auf allen Schiffen treffen, die Richtung Niederlande fuhren.
    Sie hatte sich einem Kaufmannszug angeschlossen, dessen Fracht zu umfangreich für die Flussfahrt war. Der Preis für die Reise in Gesellschaft waren ein langsames Fortkommen und Nächte unter freiem Himmel gewesen. Während die Kaufleute sich Mann an Mann und auch Weib an Mann auf dem Boden oder in Gemeinschaftsbetten der Gasthäuser zur Ruhe legten, hatte Sidonia sich zur Karrenwache gemeldet. Das Beieinander in einem Bett, wobei die meisten nackt schliefen, hätte zur Entdeckung ihrer wahren Natur geführt.
    Was es bedeutete, unter falschem Vorwand zu reisen, hatten ihr die Galgen vor Antwerpens Toren gezeigt. Man fackelte nicht lange mit Herumtreibern, die unerlaubt oder mit windigen Geleitbriefen zum Seehafen wollten. Schon wer eine ungenehmigte Wallfahrt antrat, konnte zum Tode oder zu Galeerendienst verurteilt werden. Eine als Mann verkleidete Frau hätte man lebendig begraben. Des Anstands wegen. Kein flämischer Christ sollte einer gehenkten Frau unter den Rock schauen, so hatte es die spanische Regentin und Tante Kaiser Karls V. verfügt.
    Ob die freizügigen Damen von eben das wussten? Sicher hatten sie genug Geld, um sich Schamlosigkeit erlauben zu können, so wie sie selbst, als sie noch Claas van Bercks Kätzchen war. Vorbei!
    Sidonia trauerte ihrem Dasein als Schmuckstück des väterlichen Hauses nicht nach. Sie war entschlossen, den Ritter zu finden, und – allen Ängsten zum Trotz – begeistert von den Freiheiten ihrer Reise.
    Es war, als entdecke sie mit der Welt einen unbekannten Teil ihrer selbst. Mit jeder Meile, die sie zwischen sich und Köln legte, näherte sie sich dem unerforschten Kontinent ihrer Seele. Die Herausforderungen und Erlebnisse verdrängten das beklemmende Gefühl, eine Gefangene des Schicksals zu sein. Was zählten dagegen der Luxus ihres Vaterhauses, die Kleider, die Privilegien. Ein Bad allerdings oder eine Schüssel warmen Wassers ...
    »Junger Herr? Senor? Leeve Heer? Sir? Monsieur?«
    Aufdringlich riss ein Wirtshausdiener Sidonia aus ihren Gedanken. »Wie?«
    »Ah, Ihr seid Deutscher. Ich hatte es mir gedacht! Sucht Ihr eine Unterkunft, junger Mann?«
    Sidonia musterte den Knecht. Er schien so sauber und ehrlich, wie man es von einem Gasthofwerber erwarten konnte, also nickte sie.
    »Dann empfehle ich den Deutschen Adler gleich am Jordanskai! Der Wirt kommt aus Koblenz, die Betten sind anständig und das Essen reichlich. Auch für das Pferd wird gesorgt.«
    Sidonia klopfte ihrem Rappen den Hals. »Ich reite einem Kaufmannszug von zehn Wagen voraus, um Quartier zu suchen. Habt ihr Platz für alle? Und auch eine Einzelkammer? Ich brauche Ruhe nach einem anstrengenden Ritt.«
    Die Liebenswürdigkeit des Hausdieners steigerte sich ins Unermessliche. »Gewiss, gewiss. Ihr seht müde aus. Darf ich Euer Pferd führen? Möchtet Ihr ein Bier kosten? Vielleicht mit Kirscharoma? Oder einen grünen Hering? Ich kenne die besten Händler.«
    Sidonia

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