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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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übersetzen den Brief, damit wir feststellen können, um wie viele Fächer es sich wirklich handelt - eintausend oder einhundert für den Ältestenrat und neunhundert für Herrn Kobayashi und seine Kumpane. Aber vorher, Herr Iwase, helfen Sie meinem Gedächtnis auf die Sprünge: Wie lautet die Strafe für das vorsätzliche Falschübersetzen eines Shōgunbefehls?»

    Um vier Minuten vor vier drückt Jacob im Speicher Eik ein Löschblatt auf die frische Tinte. Er trinkt noch einen Becher Wasser, das er bis zum letzten Tropfen wieder ausschwitzen wird. Dann hebt der Sekretär das Löschblatt und liest die Überschrift: Sechzehnter Nachtrag: Korrekte Menge der in den Jahren 1793 bis 1799 von Dejima nach Batavia ausgeführten japanischen Lackwaren, die nicht in den Frachtbriefen verzeichnet sind. Er klappt das schwarze Buch zu, verschließt es und steckt es in sein Portefeuille. «Wir machen Schluss für heute, Hanzaburo. Faktor Vorstenbosch hat mich für vier Uhr ins Empfangszimmer bestellt. Bring diese Papiere bitte zu Herrn Ouwehand ins Kontor.» Hanzaburo nimmt seufzend die Dokumente und zieht bekümmert davon. Jacob folgt ihm und schließt das Lagerhaus ab. Samen fliegen in der stickigen Luft.
    Der sonnenverbrannte Niederländer denkt an die ersten Schneeflocken im zeeländischen Winter.
    Nimm den Weg über die Kurze Straße , sagt er zu sich selbst. Vielleicht begegnest du ihr dort.
    Auf dem Fahnenplatz hängt die niederländische Trikolore fast schlaff vom Mast.
    Wenn du Anna betrügen willst , denkt er, warum trachtest du dann nach dem Unerreichbaren?
    An der Landpforte durchsucht ein Abgreifer einen mit Viehfutter beladenen Handkarren auf Schmuggelware.
    Marinus hat recht. Miete dir eine Kurtisane. Du hast jetzt genügend Geld ...
    Jacob geht die Kurze Straße entlang bis zur Kreuzung, wo Ignatius mit Fegen beschäftigt ist.
    Der Sklave erzählt dem Sekretär, dass die Studenten das Krankenhaus schon vor einiger Zeit verlassen haben.
    Ein einziger Blick , das weiß Jacob genau, verriete mir, ob der Fächer sie erfreut oder gekränkt hat.
    Er steht, wo sie - vielleicht - vorbeigegangen ist. Zwei Spitzel beobachten ihn.
    Als er zum Haus des Faktors kommt, tritt Peter Fischer aus der Seitengasse. «Ach, ist das nicht der Hund, der heute die läufige Hündin bestiegen hat?» Der Atem des Preußen riecht nach Rum.
    Jacob kann nur vermuten, dass Fischer auf den Fächer von heute Vormittag anspielt.
    «Drei Jahre in diesem gottserbärmlichen Gefängnis ... Snitker hat geschworen, ich würde nach seiner Abreise van Cleefs Stellvertreter werden. Geschworen! Aber dann kommen Sie an Land, Sie und Ihr verfluchtes Quecksilber ... in seiner seidengefütterten Tasche ...» Fischer blickt schwankend die Treppe zum Haus des Faktors hinauf. «Sie vergessen, de Zoet, ich bin kein dahergelaufener Schwächling. Sie vergessen ...»
    «Dass Sie in Surinam Jäger gewesen sind? Daran erinnern Sie uns alle täglich.»
    «Wenn Sie mich um meine rechtmäßige Beförderung bringen, breche ich Ihnen alle Knochen.»
    «Ich wünsche Ihnen, dass Ihr Abend nüchterner verläuft als Ihr Nachmittag, Herr Fischer.»
    «Jacob de Zoet! Ich breche jedem Feind die Knochen. Einzeln.»
     
    Vorstenbosch führt Jacob so unbeschwert wie seit Tagen nicht mehr in sein Arbeitszimmer. «Herr van Cleef sagt, Herr Fischer hätte seinen Unmut an Ihnen ausgelassen.»
    «Leider ist Herr Fischer der Überzeugung, dass ich jede wache Minute darauf verwende, seine Interessen zu durchkreuzen.»
    Van Cleef füllt drei Kristallgläser mit schwerem dunkelrotem Portwein.
    «... aber es ist durchaus möglich, dass seine Vorwürfe Herrn Grotes Rum geschuldet sind.»
    «Fest steht jedenfalls», sagt Vorstenbosch, «dass heute Kobayashis Interessen durchkreuzt wurden.»
    «So ängstlich», pflichtet van Cleef ihm bei, «hat er den Schwanz noch nie eingezogen.»
    Auf dem Dach geben scharrende Vögel düstere Warnungen aus.
    «Die eigene Gier hat ihn in die Falle gelockt», sagt Jacob. «Ich habe nur ... ein wenig nachgeholfen.»
    «Er», van Cleef lacht sich in den Bart, «sieht das sicher anders!»
    «Als ich Sie kennenlernte, de Zoet», beginnt Vorstenbosch, «wusste ich es gleich: Das ist eine ehrliche Seele in einem Sumpf aus falschen Fünfzigern, eine spitze Feder zwischen stumpfen Kielen, ein Mann, der mit etwas Führung in seinem dreißigsten Jahr Faktor sein wird! Ihr Einfallsreichtum hat der Kompanie heute Vormittag viel Geld gespart und ihre Ehre gerettet.

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