Die Terranauten 069 - Die Bio-Invasion
Reijonen streichelte die Weitsinnerven seines Läufers. Die unterteilte Witterungszunge schob sich aus den Nasenöffnungen hervor und berührte kurz den Teil seines Partners, der seinen rechten Unterarm bedeckte. Das schlangenähnliche Pflanzentier zitterte mit den Nervenankern, die sich in die Haut Reijonens gebohrt hatten. Der Partner strahlte Unruhe aus.
»Es ist ein merkwürdiger Ort«, sagte Mahi Drahmen und sprang vom Rücken seines Lauffressers hinunter. »Das Verbindungsgespinst ist dünn und … zerbrechlich.«
Dihs nickte und stieg ebenfalls hinab. Er hatte es auch schon bemerkt.
Die Trümmer des Fahrzeugs waren weit verstreut, die Oberflächen waren glatt, geschmolzen und dann wieder erstarrt. Dort, wo der Hauptteil des Fahrzeugs aufgeschlagen war, gähnte ein Krater mit glasierter Oberfläche.
»Niemand kann das Unglück überlebt haben«, fuhr Mahi leise fort. Der Wind hob seine Kutte an und senkte sie wieder.
»Es war niemand an Bord«, stellte Dihs entschieden fest. »Die Lebensschatten fehlen.« Mahi nickte. Auch er sah keine dementsprechenden Bilder. Dafür aber etwas anderes, etwas, das einem Schatten sehr ähnelte und dennoch ganz anders war. Das Fahrzeug war nicht völlig leer gewesen.
»Siehst du es auch …?«
Mahi wandte sich zu ihm um und sah ihn ernst an.
»Ja. Und ich sehe noch etwas anderes. Düsternis, Veränderung, Auflösung. Ich spüre Gefahr. Nein, nicht für uns. Aber für unsere Andersbrüder und -schwestern. Große Gefahr.«
Dihs Reijonen schritt von dem Krater fort. Dabei trat sein linker Fuß auf einen grünen Lianenstrang, der unter seiner Berührung sofort zerplatzte und eine farblose Flüssigkeit absonderte. Erschrocken starrte Dihs hinunter. Er hatte dieses Alte Leben nicht gesehen. Er hatte es nicht gesehen. Das war ein Fehler, wie er schrecklicher und bedeutsamer nicht sein konnte. Mahi trat an seine Seite.
»Was ist das?« fragte der Viertnovize leise, und seine Stimme hatte dabei einen besonderen Klang.
Erst jetzt begriff Dihs. Mit seinen besonderen Sinnen nahm er die dünnen Linien, die selbst hier das Leben untereinander verbanden, mühelos wahr. Diese grüne Liane jedoch, die sich nun in einem unglaublichen Tempo regenerierte, wuchs und Ausleger bildete, gehörte nicht hierher. Sie war nicht mit dem Leben Maranyns verbunden. Sie war etwas … anderes, etwas, das Dihs nicht zu erfassen vermochte, obwohl sich ein seltsamer Impuls in ihm regte.
»Die Legenden«, hauchte Mahi und neigte den Kopf.
Dihs Reijonen nickte und trat langsam von der Grünliane zurück. Die Legenden. Auch er hatte sie vernommen während der Langnacht in der Einsgemeinschaft, während der Unterweisung durch die Weisen. Leben, so hieß es, ist nicht unveränderbar. Besonders das Alte Leben ist Bestandteil des Großen Plans. Einst kam Altes Leben von einer anderen Welt nach Maranyn, um eine große Gefahr abzuwenden. Das Alte Leben starb, doch der Tod veränderte. Maranyn wurde von der Zone der Auflösung ferngehalten, die Rotriese zu einer toten Welt machte. Das Alte Leben starb, aber es war kein endgültiger Tod. Es war eine Metamorphose, die anderes Leben schützen sollte. Und ein Teil des Alten Lebens ist auch in uns und in allem, was uns hier auf Maranyn umgibt. Dann jedoch, wenn sich die Katastrophe zu wiederholen droht, wird anderes Altes Leben kommen und verändern …
»Glaubst du auch …?« begann Dihs.
Mahi vollführte eine Geste des Zweifels. Die Lauffresser grunzten nervös. Sie fühlten die Nähe eines Faktors, der nicht hierhergehörte.
»Ich weiß es nicht. Ich bin nur ein Viertnovize wie du. Vielleicht, wenn wir einen Weisen um Rat fragen würden …«
»Du weißt, daß das unmöglich ist«, erwiderte Dihs. »Wir sind auf dem Langen Weg. Wir dürfen keinen Kontakt mit Einsgemeinschaften und Weisen oder anderen Ganzmirhyry aufnehmen. Wir sind auf uns allein gestellt.«
»Du hast natürlich recht«, versicherte Mahi Drahmen schnell, schloß seine Kutte und kehrte zu den Lauffressern zurück. Dihs folgte ihm. »Mein Partner ist nervös. Auch er spürte das Dunkle.«
Dihs antwortete nicht und schwang sich wieder auf den Rücken seines Lauffressers. Mahi hatte recht. Auch in ihm und seinem Partner war ein dunkler Schatten, der Gefahr verkündete. Seltsamerweise – und er glaubte, daß er sich in diesem Punkt nicht irrte – bezogen sich die warnenden Impulse nicht auf ihn oder Mahi oder einen anderen Mirhyry …
»Fort von hier«, hauchte Mahi, und sein Lauffresser
Weitere Kostenlose Bücher