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Die Terroristen

Die Terroristen

Titel: Die Terroristen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall; Per Wahlöö
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durchdringenden blauen Blick, den sie der Reihe nach auf die Anwesenden richtete, besonders lange auf die Angeklagte und Bulldozer Olsson. Auf Letzteren so durchdringend, dass der Staatsanwalt sich erhob, ein Glas Wasser nahm und sich auf einen Platz hinter ihr setzte. Sie drehte sich sofort um und fing seinen Blick auf.
    Sexuell gesehen war sie überhaupt nicht sein Typ, wenn er sich da überhaupt festlegte, aber er war ausgesprochen neugierig und wollte erfahren, wer sie sein mochte. Hinter ihr sitzend, sah er, dass sie kräftig gebaut war, ohne im mindesten füllig zu sein.
    Dann hielt er ihren Blick nicht länger aus. Erklärte, dass er ein wichtiges Telefongespräch zu führen habe, und bat, den Saal verlassen zu dürfen. Er ging festen Schrittes hinaus, aber noch nie war er so neugierig gewesen.
    Wenn er Martin Beck gefragt hätte, der in einer Ecke des Vorraums herumstand, hätte dieser ihm möglicherweise eine ganze Menge erzählen können.
    Zum Beispiel, dass sie nicht 35, sondern 39 Jahre alt war, dass sie ein sehr umfassendes soziologisches Examen abgelegt hatte und zur Zeit bei der Sozialbehörde angestellt war.
    Martin Beck wusste nämlich sehr viel über sie, aber nichts zum Weitererzählen, denn fast alles war persönlicher und privater Art.
    Vielleicht hätte er auf eine Frage hin ihren Namen genannt. Rhea Nielsen.
    Bulldozer erledigte seine Telefonate in weniger als fünf Minuten. Den Handbewegungen nach zu urteilen, erteilte er eine Reihe von Befehlen.
    In den Gerichtssaal zurückgekehrt, ging er seufzend auf und ab. Setzte sich. Blätterte in seinen Papieren. Die Frau mit dem durchdringenden Blick beobachtete jetzt ausschließlich die Angeklagte.
    Bulldozers Neugier hatte sich noch gesteigert. Während der nächsten zehn Minuten stand er sechsmal auf und drehte kurze, trippelnde Runden im Saal. Einmal zog er ein riesiges Schnupftuch aus der Tasche und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Außer ihm saßen alle anderen ruhig auf ihren Plätzen.
    22 Minuten nach der festgesetzten Zeit wurden die Türen aufgerissen, und Braket trat ein. Er hielt in einer Hand eine brennende Zigarre und die Akten in der anderen. Phlegmatisch blätterte er in den Dokumenten, und es kostete den Richter ein dreimaliges, viel sagendes Räuspern, bevor er die Zigarre zerstreut dem Gerichtsdiener überreichte, der sie aus dem Saal entfernte.
    »Advokat Braxen ist soeben eingetroffen«, verkündete der Richter säuerlich. »Dürfen wir fragen, ob es noch Gründe gegen den Beginn der Hauptverhandlung gibt?«
    Bulldozer schüttelte den Kopf. »Nicht von meiner Seite.«
    Braket reagierte nicht. Auch er war in das Studium der Unterlagen vertieft.
    Nach einem kurzen Augenblick schob er seine Brille in die Stirn und begann:
    »Auf dem Weg zum Rathaus heute fiel es mir plötzlich ein, dass der Staatsanwalt und ich alte Bekannte sind. Tatsache ist, dass er vor genau 25 Jahren auf meinem Schoß gesessen hat. Das war übrigens in Boras. Der Vater des Herrn Staatsanwalts war dort Advokat, und ich war beim Gericht angestellt. Damals habe ich mir von dem Beruf viel versprochen. Aber ich kann nicht behaupten, dass diese Erwartungen in Erfüllung gegangen sind. Wenn man sich die Entwicklung des Rechtswesens in anderen Ländern ansieht, haben wir nicht viel, was wir dagegensetzen können. In meiner Erinnerung ist Boras eine schreckliche Stadt, aber der Staatsanwalt war ein lebendiger und netter Junge. Noch deutlicher erinnere ich mich an das Stadthotel oder wie immer es hieß. Kaffeetische und staubige Palmen. Eintönige Speisekarte und Essenbons, die man nur im Ausnahmefall erhielt. Und was man zum Essen angeboten bekam, hätte selbst eine Hyäne verweigert. Nicht mal ein Rentner würde so was heutzutage als menschliche Nahrung akzeptieren. Als Menü wurden Fischmuscheln angeboten, und das gleiche Gedeck wurde von morgens bis abends rein- und rausgetragen. Einmal fand ich einen Zigarrenrest in meiner Portion. Aber das passierte mir in Enköping, wenn ich es richtig erinnere. Wussten Sie übrigens, dass Enköping das beste Trinkwasser von ganz Schweden hat? Das wissen nur sehr wenige Leute. Jeder Mensch, der hier in der Hauptstadt aufgewachsen ist, ohne sich dem Alkohol oder dem Rauschgift zu ergeben, muss einen außergewöhnlich starken Charakter besitzen.«
    »Kann die Hauptverhandlung jetzt beginnen?«, fragte der Gerichtsvorsitzende geduldig.
    Braket stand auf und stellte sich in die Mitte.
    »Ich und meine Familie gehören

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