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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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tatsächlich diese unbekannten Energien, die sich in den menschlichen Zellen befanden und eine unbewusste Erinnerung an den Lebensraum ihrer Vorfahren über eine neuronale Vernetzung direkt in ihr Bewusstsein projizierten. Und möglicherweise begannen diese Energien zu schwingen, wenn sie mit etwas in Kontakt kamen, das in den Körperzellen bereits von früheren Vorfahren angelegt worden war.
    Onkel Fred gab sich freundlich, obwohl Lilian sich seit Jahren nicht mehr bei ihm hatte blicken lassen. Als Kind hatte sie bei ihm und seiner Frau Margaret mehrmals die Ferien verbracht. Doch dann war Margaret ebenso plötzlich verstorben wie ihre Mutter. Lilian konnte sich an den Grund ihres Todes nicht erinnern, nur dass sie noch nicht alt gewesen war. Seither hatte Fred nicht wieder geheiratet. Nun war er Mitte siebzig, und nur ab und zu schaute Morag MacAllister, eine ältere, ebenso alleinstehende Nachbarin vorbei, um ihm die Wäsche zu machen. Vielleicht fühlte er sich einsam, und das war der Grund, warum er Lilian sofort einlud, als sie ihn anrief und ihn um Hilfe bei ihrer Ahnenforschung gebeten hatte. Seine Begrüßung war ähnlich überschwänglich wie die seines in die Jahre gekommenen Border Collies. Bob, wie der schwarzweiße Rüde hieß, beschnupperte sie auffällig lange, was wahrscheinlich an Watson lag.
    Im Wohnzimmer warteten schon Tee und Short Bread, das Morag eigens für den Besuch gebacken hatte. Das geräumige Holzhaus, in dem Fred wohnte, lag nicht weit vom Ufer des Loch Leven entfernt. Vom Fenster des Gästezimmers im ersten Stock konnte Lilian auf den dunklen See und die Insel Sankt Munda schauen, jene uralte, mit Bäumen und Sträuchern überwucherte Begräbnisstätte, auf der ihre Mutter beerdigt lag.
    »Du willst also das Grab deiner Mutter besuchen?«, fragte Fred, als sie sich zu einem Tee in seine gemütliche Küche setzten.
    »Na ja«, begann Lilian harmlos, »ich war schon lange nicht mehr dort und wollte gern ein paar Blumen niederlegen. Außerdem interessiert mich ihre Abstammung. Ich würde gerne wissen, was für ein Mensch sie war. Vater erzählt ja leider recht wenig, und ich dachte mir, du seiest die richtige Adresse, um mehr über sie und meine Ahnen zu erfahren.«
    »Manchmal ist es besser, wenn man nicht so viel weiß!« Plötzlich stand Morag in der Tür. Lilian kannte die stämmige Frau noch von früher. Tante Margaret hatte sie hinter vorgehaltener Hand immer als Klatschbase bezeichnet.
    Fred schaute beinahe erschrocken auf. Morag ignorierte ihn einfach und kam auf Lilian zu und streckte ihr ihre fleischige Hand entgegen.
    Lilian überging die etwas derbe Begrüßung und sah Morag herausfordernd an. »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Na ja, was die Leute halt so reden. Es gibt Familien, auf denen ein Fluch lastet. Ich meine, erst der Tod deiner Mutter und dann deiner Tante, und bei beiden weiß man nicht genau, wie es geschehen konnte. Ist es da nicht besser, wenn man die Vergangenheit ruhen lässt?«
    »Red keinen Quatsch, Morag!« Lilian konnte sich nicht erinnern, ihren Onkel je so wütend gesehen zu haben.
    Morag hob beschwichtigend die Hände. »Ich meine ja nur«, sagte sie und eilte hinaus in die Küche.
    »Morgen«, sagte Fred mit gefasster Stimme. »Morgen früh bringe ich dich mit dem Boot zum Grab deiner Mutter.«
     
    Mit der aufgehenden Morgensonne glitzerten unzählige Sterne auf der Wasseroberfläche von Loch Leven, als sich Lilian zusammen mit ihrem Onkel zur Insel aufmachte. Fred besaß ein altes Fischerboot, und so tuckerten sie gemächlich dem menschenleeren Eiland entgegen. Für Touristen war die Insel gesperrt, und es gab auch keinen richtigen Bootsanleger, mit dem das Anlanden und Aussteigen komfortabler gewesen wäre. So mussten sie klettern, was für Lilian weniger ein Problem darstellte als für Fred, der erst vor kurzem ein neues Hüftgelenk bekommen hatte. Dafür war der Ausblick auf den See und die umliegenden Berge einfach grandios.
    »Es ist nicht nur den MacDonalds of Glencoe vorbehalten, hier beerdigt zu werden«, bemerkte Fred nachdenklich, »auch die Stuarts of Appin und ein Abzweig der Camerons of Lochaber hatten hier zum Ende des letzten Jahrhunderts ihre Begräbnisstätten.«
    Cameron! Lilian wusste nicht, ob es Zufall war, dass dieser Name im Zusammenhang mit der Insel auftauchte, aber er erinnerte sie an ihren imaginären Liebhaber. Bisher hatte sie geglaubt, dass hier nur MacDonalds beerdigt worden waren..
    Fred ging voraus, als sie sich

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