Die Teufelssonate
bin, damit wir die Vergangenheit hinter uns lassen können. Und aus so einem Duell können wir Gewinn schlagen. CD s, Fernsehaufzeichnung – stell dir mal vor, was für eine Publicity das erzeugt.«
»Die Sender und Plattenfirmen kriegt man erst, wenn man selbst einen Sponsor mitbringt. Glaub nicht, daß Valdins Leute auch nur einen Cent investieren.«
»Das verstehe ich.«
»Und du verstehst auch, warum, oder?«
»Ich bin ein zu großes Risiko. Ich bin das unberechenbare Genie, das aus Konzerten wegläuft. Wir müssen also selbst Geld reinstecken.«
»Du bist gut. Hast du irgendeine Vorstellung, über welche Summe wir hier reden? Mindestens hunderttausend.«
»Das holen wir locker wieder rein. Bröll, paß auf. Du bist durch mich in diesen Schlamassel geraten, ich übernehme also die volle Verantwortung. Arrangiere ein Treffen mit deinen Geldgebern.«
»Bist du verrückt? Du willst diese Leute fragen …«
»Was sonst? Würdest du zu einer Bank gehen, mit meiner Vergangenheit?«
»Ich denke, du willst mit deiner Musik kein Geld mehr verdienen?«
»Das Geld interessiert mich nicht, aber soll ich dich etwa hängenlassen? Außerdem, dieses ganze Theater mit Valdin hat mich wachgerüttelt. Ich kann es viel besser. Wirklich.«
»Das versuche ich dir seit Monaten klarzumachen.«
»Aber ich begreife jetzt erst, was das Problem war. Es war nicht die Angst. Ich habe mich eigentlich nie vor der Bühne gefürchtet.«
»Ich habe keine Ahnung, wovon du redest.«
»Es war Schuldgefühl. Kapierst du das denn nicht? Als ob ich kein Recht hätte, wieder zu leben, während Senna …«
Bröll stand mühsam auf. Er sah sich noch einmal im Zimmer um und seufzte. Notovich wußte nicht, was er sagen sollte, um ihm zu verdeutlichen, daß er es ernst meinte. Daß es geschehen würde, mit oder ohne Bröll. »Wir werden wohl ein wenig Gewinn machen müssen, Bröll. Wie willst du sonst deine Schulden loswerden? Vereinbare einen Termin mit diesen Leuten. Dann zeige ich ihnen, daß ich nicht gestört bin. Ich spiele ihnen was vor. Etwas Romantisches, diese Kriminellen haben meistens einen weichen Kern.«
»Verdammt, Noto, das ist kein Witz. Die haben Bodyguards mit Maschinengewehren.«
»Hast du eine bessere Idee? Sorg dafür, daß sie den Geldbeutel zücken.«
Zuerst mußte das Duell organisiert werden. Unter strengster Geheimhaltung ließen sie Valdins Agenten wissen, daß Notovich Revanche forderte. Valdin reagierte zunächst abwartend. Er behauptete, daß er seinen »Sieg« bereits errungen habe, von ihm aus müsse es also nicht unbedingt sein. Bröll wies listig darauf hin, daß in keiner einzigen Zeitung gestanden habe, daß Valdin der Gewinner sei. Für einen Anfänger wie ihn sei es eine Ehre, wenn eine Koryphäe wie Notovich das Podium mit ihm teilen wolle. Es würde sehr schwierig werden, die von Natur aus konservative Presse auf seine Seite zu bekommen. Und Notovich könne Valdin natürlich auch öffentlich herausfordern, wenn ihm das lieber sei.
Der Franzose erbat sich Bedenkzeit.
Es war wahrscheinlich gespielter Zweifel, Valdin hatte Notovich genau da, wo er ihn haben wollte. Und das war beunruhigend, denn es würde nur eine Möglichkeit geben, seinen Rivalen beim nächsten Mal wirklich zu Fall zu bringen: Notovich mußte bei dem Duell improvisieren. Das war immer seine Spezialität gewesen. Er brauchte eine Improvisation nicht vorzubereiten wie Valdin. Früher hatte er jedes Thema bewältigt, das man ihm vorgelegt hatte. Aber das war zu einer Zeit gewesen, als er noch nicht von Blackouts geplagt worden war.
Er mußte den Sprung in die Tiefe wagen, wenn er wieder der Pianist werden wollte, der er einmal gewesen war, sonst hatte sein Leben keinen Sinn mehr. Das schlummernde Verlangen nach einem Comeback hatte ihn in seiner dunkelsten Zeit auf den Beinen gehalten. Er hatte es zwar verdrängt, fast nicht mehr daran geglaubt durch Lindas Ermahnungen und das abgestumpfte Gefühl von den Tabletten. Aber genau dieses Verlangen hatte ihn davon abgehalten, aus dem Fenster zu springen, das wußte er.
Einen Tag später biß Valdin an.
Rasch wurde eine Versammlung mit Brölls »Finanzier« anberaumt, einem kahlköpfigen Fünfziger im Dreiteiler, der stark nach After-shave roch. Er stellte sich als Luboš vor und fügte in gebrochenem Niederländisch hinzu, daß Luboš friedliebend bedeute. Er sei friedliebend gegenüber all seinen Freunden. Notovich nickte und hoffte, daß der Mann seine Hand schnell loslassen
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