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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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soll ich tun?«
    Meine Stimme trägt nicht mehr.

    »Ich fürchte, da musst du Markus fragen.«
    Ich schaue Markus an, aber sein Blick geht in weite Ferne, aus dem Fenster, auf den Horizont zu.
    Wir stehen auf und gehen zurück zu unserem Auto. Vijay leistet uns Gesellschaft.
    »Vijay, sag mal, wie schaffst du das… das hier? Immer dieser Tod, all das Böse?«
    »Ja, nun denke ich ja nicht in Termini wie Gut und Böse. Außerdem, die Leute würden einander genauso viel quälen und umbringen, wenn ich nicht wäre. Es verschwindet ja nicht, nur weil man die Augen schließt. Und ich denke, dass ich etwas tun kann. Vielleicht etwas finden, was dazu führt, dass der Täter gefasst wird, das ihn oder sie daran hindert, weitere Verbrechen zu begehen. Was einen Unschuldigen schützt. Damit bin ich zufrieden. Wenn ich einen Menschen gerettet habe, dann bin ich zufrieden.«
    Vijay macht eine Pause und zündet eine Zigarette an.
    »Aber ich muss zugeben, dass ich es als sehr schwierig empfinde, mit den Angehörigen zu sprechen. Das geht mir unter die Haut, die Einsicht, wie… wie verletzlich ein Leben ist.«
    Plötzlich sieht er älter aus, als er sich gegen den Wind stemmt, die Zigarette in der Hand. Ich sehe tiefe Falten, die von der Nase zu den Mundwinkeln hinunterlaufen. Der Schnurrbart ist grau meliert, und das geblümte Hemd sitzt etwas eng um den Bauch. Wieso habe ich das vorher nicht gesehen? Losgelöst aus seinem Zusammenhang, dem liberalen akademischen Milieu, sieht Vijay plötzlich verloren aus, wie jeder erstbeste indische Mann, der die ersten Schritte auf dem Weg ins Alter geht. Ich empfinde plötzlich Zärtlichkeit für ihn, als wir uns verabschieden. Dieses Mal ist die Umarmung länger und intensiver. Ich bohre meine Nase in sein geblümtes
Hemd und nehme den Duft nach Aftershave, Zigarettenrauch und Schweiß auf.
    »Passen Sie auf sie auf«, sagt Vijay langsam und sieht Markus einen Moment lang an, bevor er sich umdreht und zurück in das massive rotbraune Klinkergebäude geht.

     
    Datum: 12. Oktober
Uhrzeit: 16.00
Ort: grünes Zimmer, Praxis
Patientin: Charlotte Mimer
     
    »Verdammte Scheiße!«
    Charlotte wiegt sich hin und her, die dünnen Arme um die Knie geschlungen, die sie auf den Sessel hochgezogen hat. Ihr Haar ist ungewaschen, es klebt an den tränenfeuchten Wangen. Die Brille, die sie sonst nie trägt, ist so stark beschlagen, dass ich ihre Augen nicht erkennen kann, und das obligatorische Kostüm ist ersetzt worden durch einen grauen Trainingsanzug.
    Obwohl sie selbst die Therapie abbrechen wollte, hat sie gestern angerufen und mich gebeten, ob sie nicht doch kommen dürfe, da es ihr so schlecht gehe. Deshalb hat sie heute einen Nottermin bekommen.
    »Was ist passiert?«
    Ich beuge mich zu ihr vor und schiebe gleichzeitig die Kleenexpackung auf ihre Tischseite. Sie nickt und nimmt zögernd ein Papier. Das kalte Licht der Leuchtstoffröhre und die grünen Wände des Zimmers spiegeln sich in ihrem bleichen Gesicht. Sie sieht krank und verhärmt aus, wie sie sich da in meinem Sessel zusammenkauert.
    »Ich habe es meinem Chef direkt ins Gesicht gesagt. Dass ich weiß, dass er mit Sanna vögelt. Dass ich finde, er ist ein pathetischer Widerling. Dass er froh sein kann, dass ein so junges,
hübsches Mädchen überhaupt mit ihm ins Bett geht, obwohl er doch so ein Looser ist. Ich habe gekündigt. Habe ich das schon gesagt?«
    Charlotte nimmt ihre Brille ab und reibt die Feuchtigkeit von den Gläsern, während sie mich gleichzeitig fragend mustert, als hätte ich die Lösung ihres Problems parat. Aber alles, was ich tun kann, ist ihr aufmunternd zunicken, damit sie weiter berichtet.
    Durch die Wand hindurch kann ich hören, wie Sven, der diese Woche Küchendienst hat, die kleine Geschirrspülmaschine ausräumt. Ich höre, wie er das gesamte Besteck resolut mit einem Scheppern in die Küchenschublade kippt, obwohl Aina und ich ihm immer wieder in den Ohren damit liegen, er möge es doch sortieren.
    »Habe ich schon gesagt, dass ich gekündigt habe?«
    Ich nicke ihr stumm zu. Sie reibt immer noch hektisch ihre Brille an der graumelierten Pumphose, als versuchte sie, einen unsichtbaren, aber äußerst unangenehmen Fleck wegzubekommen. Ich hole tief Luft.
    »Ich glaube, am besten erzählen Sie von Anfang an, was passiert ist. Wann ist das gewesen?«
    Charlotte putzt sich hörbar die Nase in einem Papiertaschentuch, legt es auf den Tisch und fängt wieder an, sich auf dem Sessel hin und her zu wiegen.
    »Das

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