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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Hütten und vor dem Scheiterhaufen. Manche prügelten noch auf Dorfbewohner ein oder trennten Frauen von ihren Kindern und schleppten sie ins Schilf. Auch auf dem Plankensteg zerrten die Poruzzen Frauen mit zerrissenen Kleidern aus den Hütten. Überall wimmerten, heulten und jammerten Menschen.
    »Hört auf!« Katanja sprang auf. »Ihr dürft niemanden mehr töten!« Sie bückte sich nach Waller Rosch, riss ihn hoch und legte sich seinen Arm um die Schulter. »Aufhören!« Mit dem kraftlosen Mann im Arm schleppte sie sich bis zum Hauptsteg. Die Tiefländer ließen ihre Waffen sinken und betrachteten sie verblüfft. »Keiner Frau tut ihr mehr Gewalt an, keiner einzigen!«
    »Beim allzeit fressenden Zorn des Donnergottes - wer bist du, dass du so mit uns redest?« Der kahlköpfige Hüne, den sie im Geist des gefangenen Waller Rosch gesehen hatte, kam auf sie zu. Er bebte vor Wut. »Bist du lebensmüde oder einfach nur übergeschnappt?«
    »Ich bin Katanja von Altbergen«, schrie sie ihm ins Gesicht. »Aus den Gedanken deines Sohnes wusste ich, dass ihr kommen würdet. Ich habe euch nicht verraten. Ich habe deinen Sohn befreit, dafür schuldest du mir etwas. Hört auf zu töten und zu schänden!«
    »Beim Schwanz der Götter!« Einer lachte höhnisch. »Aufhören?« Es war der Anführer der nackten Krieger, die Katanja aus dem Schilf hatte stürmen sehen. Ein Gestrüpp von gelb-schwarzen Zöpfen hing ihm vom Kopf. »Wir haben doch gerade erst angefangen!«
    »Wir sollten auf sie hören«, sagte ein dicker Mann mit schwarzgelbem Helm auf dem Kopf.
    »Wir sollten ihr einen Stein an jeden Fußknöchel binden und sie im Strom versenken!«, knurrte Waller Roschs Vater.
    »Sie ist eine Seherin, Cahn«, beharrte der Dicke. »Hat Waller das nicht selbst gesagt? Wir sollten auf sie hören, ich spür's in jedem Knochen .«
    »Was soll das sein, eine Seherin?« Der Anführer der Tiefländer spuckte aus. »Kannst du mir das verraten, Bruderherz? Ich hab auch Augen im Kopf, und was sehe ich? Ich sehe ein unverschämtes Weibsbild, das mir sagen will, was ich zu tun habe! Und das gefällt mir nicht, kapiert?«
    »Ich tät auf sie hören!« Der Dicke mit dem Helm blieb stur.
    Plötzlich stöhnte an Katanjas Seite der verletzte Waller Rosch, der bisher wie ohnmächtig an ihr gehangen hatte. Er richtete sich unter Schmerzen auf und wandte sich mit schwacher Stimme an seinen Vater. »Tu, was sie sagt, Capotan! Um der Frau willen, die mich geboren hat - tu es einfach ...«
    Die Augen des kahlköpfigen Anführers verengten sich zu Schlitzen, eine Zornesfalte stand zwischen seinen Brauen. Ein paar Atemzüge lang sagte niemand ein Wort. Der Blick des Capotans ruhte finster auf Katanja und seinem Sohn. Endlich drehte er sich zu seinen Kriegern um.
    »Es reicht!«, rief er. »Genug für heute! Lasst die Weiber und ihre Drecksäcke in Ruhe! Schnappt euch, was wir brauchen können, und bringt alles zum Schiff!«
    Die Tiefländer durchstöberten Hütte für Hütte. Was ihnen brauchbar erschien, packten sie in Boote.
    »Das gehört mir«, sagte Katanja und deutete auf ein Bündel Kleider, drei Bücher und eine Truhe auf dem Holzstoß. »Das muss auch mit.«
    Der Capotan der wilden Krieger runzelte die Stirn. »Wir brauchen keine Bücher. Und was ist in der Truhe?«
    »Das sind alles meine Sachen«, erklärte Katanja.
    »Dann sei froh, dass du sie behalten darfst, und schaff sie schnell weg, bevor ich es mir anders überlege!«
    »Ich werde mit euch ziehen, also müssen meine Sachen auch mit in die Boote.«
    Cahn Rosch starrte sie an wie eine Erscheinung.
    »Ohne sie wäre ich nicht mehr am Leben, Vater.« Waller Rosch stellte sich vor sie. »Klar nehmen wir sie mit, wenn sie das will!«

III .
D AS B UCH VON DEN SICH KREUZENDEN W EGEN
    489 - 490 nach der Götternacht
    Spruch Dashirins an Alphatar im 151. Winter nach der Götternacht. »... Und ich sah kleine Sonnen im Himmel aufblitzen und sah sie erlöschen; ich sah Städte verglühen, Wälder verbrennen und Flüsse und Seen verdampfen; ich sah Rauch und Dampf und Asche aufsteigen und den Himmel verdüstern; und ich hörte, wie das Wehklagen der Unmündigen den Weltkreis erfüllte. Und immer noch suchte ein Narr lauter aufzustampfen als der andere und ein Vermessener tiefer in den Himmel zu dringen als der andere. Und dann kam die Kälte, und dann kam der Hunger, und dann kam die Seuche, und dann kamen die Flut und das Eis. Goldzeit? Rotzeit nenne ich diese Jahrhunderte, Schwarzzeit und

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