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Die Tochter der Ketzerin

Die Tochter der Ketzerin

Titel: Die Tochter der Ketzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Kent
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rasch schneller, sodass ich nicht mehr Schritt halten konnte. Dennoch rannte ich, »Richard, Richard« rufend, etwa einen halben Kilometer weit hinter ihm her. Er blickte mich trotzig an, beflügelt vom Stolz eines jungen Mannes, der zwar stark und eigensinnig ist, sein kostbares Blut jedoch bis jetzt nur beim Rasieren vergossen hat. Am 19. des Monats, zwei Tage vor seiner Verhaftung, war er achtzehn Jahre alt geworden.
    Bei meiner Rückkehr zum Haus kauerte Tom zusammengekrümmt neben dem Kamin und wiegte sich hin und her. Die Tränen, die ihm übers Gesicht rannen, hatten sich in den Schmutz eingegraben und bis zum Kinn rosige Streifen hinterlassen. Da ich nicht wusste, wie ich ihn trösten sollte, setzte ich mich neben ihn in die Asche, um auf Vaters Rückkehr zu warten. Nach der Ankunft in Salem Stadt, siebeneinhalb Kilometer östlich vom Dorf Salem, wurden Andrew und Richard in den Keller von Thomas Beadles Gasthof gesperrt, da der Wachtmeister nicht Gefahr laufen wollte, auf der Straße zum Gefängnis meinem Vater zu begegnen. Am nächsten Morgen führte man meine Brüder dem Magistrat vor, dem inzwischen auch Cotton Mather angehörte. Er war religiöser Führer und leuchtendes Vorbild der meisten Geistlichen in den Kolonien und wollte sich selbst ein Bild von dieser immer weiter ausufernden Welle von Geistererscheinungen machen. Richard und Andrew wurden von ihm persönlich angewiesen, vor Gericht wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Er erklärte ihnen, die irdischen Richter würden gnädig sein, wenn sie ein volles Geständnis ablegten und sich zur Hexerei bekannten. Daraufhin flehte Mary Lacey, die bereitwillig eingeräumt hatte, sie sei eine Hexe und habe als Geist einige Mädchen im Dorf Salem gequält, Richard an, zu bereuen und seine Schuld zu gestehen. Außerdem warf sie ihm vor, er habe den schon lange kränkelnden Timothy Swan verhext, den jungen Mann, bei dem Allen Toothaker in Andover lebte. Zu guter Letzt behauptete sie noch, Mutter habe sieben Menschen getötet, indem sie eine Puppe mit Nadeln durchbohrte.
    Da Richard die Richter bereits während der Verhandlung gegen Mutter und andere bei der Arbeit hatte beobachten dürfen, machte er keinen Hehl aus seiner Verachtung für sie. Jede Frage des Gerichts beantwortete er mit »Nein« oder »Das habe ich nicht getan«. Anschließend wandte sich der oberste Richter an Andrew, doch dieser erwiderte dasselbe. Als es den Richtern nicht gelang, den Gehorsam zu erzwingen, an den sie sich inzwischen gewöhnt hatten, befahlen sie, Richard und Andrew in ein Nebenzimmer zu bringen, wo sie ihr Verhalten überdenken sollten. George Corwin, der oberste Sheriff und Henker von Essex County, erwartete sie dort mit zwei Stricken. Man befahl Richard, sich bäuchlings auf den Boden zu legen, und fesselte ihm Hände und Füße. Nachdem der Strick um seine Fußgelenke gelegt worden war, schlang man ihn ihm um den Hals, sodass es ihm der Kopf nach hinten zerrte. Diese Methode wurde als »Bogen« bezeichnet. Selbst bei einem starken Mann dauerte es nicht lange, bis der Rücken nachgab und sich Beine und Kopf senkten, sodass die Schlinge um den Hals immer enger wurde. Der so Gemarterte erstickte qualvoll, da anders als beim Aufknüpfen an einem Ast dem Leiden nicht durch einen raschen Genickbruch ein Ende bereitet wurde. Die empfindliche Haut am Hals wurde wundgescheuert, die Augen traten aus den Höhlen, und es dauerte nicht lange, bis erst leichtes, dann heftiges Nasenbluten einsetzte, weil die Blutgefäße dem Druck nicht mehr standhielten. Nach einer Weile verschloss sich dann die Luftröhre, und wenn der Gefangene das Bewusstsein verlor, sorgte die Schlaffheit der Glieder dafür, dass sie endgültig zerquetscht wurde. Es handelte sich zwar um eine Abweichung von den üblichen in Neuengland angewandten Methoden, ein Geständnis zu erpressen, wurde aber dennoch als »englische« Folter bezeichnet, weil es als weniger grausam galt als glühende Eisen, Verbrennen oder Strecken.
    Da Richard einen kräftigen Eindruck machte und entschlossen schien, eher zu sterben als zu gestehen, packte der Sheriff Andrew und fesselte ihn so gnadenlos, dass das Seil blutende Striemen an Handgelenken und Hals hinterließ. Richard erzählte mir später, Andrew habe geweint wie ein kleines Kind und gefleht und gebettelt, man möge ihn doch losbinden. »Es tut mir leid … Es tut mir leid«, stieß er, fast unhörbar wegen des Stricks um seinen Hals, immer wieder hervor. Andrews Qualen, nicht

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