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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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Wohltaten verdiene.«
    Das Lächeln erlosch nur langsam, doch Ah-Jehs Blick wurde eisig. »Begehe nicht denselben Fehler, den Kiesel begangen hat«, meinte sie schmallippig. »Ein größeres Glück, als dem Herrn besondere Dienste erweisen zu dürfen oder für die Schwesternschaft der sau-hai in Frage zu kommen, gibt es nicht. Am besten vergisst du Kiesel und ihre Närrinnen. Die können dir nicht helfen. Heb dir dein Vertrauen für die auf, die es können.«
    Die Vorsteherin zügelte ihren Zorn und griff nach Li-Xias Händen. »Lass mich einen Blick auf diese Kolibrihände und Schmetterlingsfinger werfen.« Sie hob beide Hände hoch und befühlte mit ihren kräftigen Daumen Li-Xias Handflächen, wobei sie vorsichtig jeden einzelnen Finger ergriff. »Hast du noch nicht verstanden,
dass das Leben in den Hainen kurz ist?«, fragte sie in gelassenerem Ton. »Dass du, wenn du deine Körbe nicht mehr schnell und voll genug ablieferst, nirgendwo mehr hingehen kannst und auf der Straße um eine Schale Reis betteln musst? Selbst die Klöster sind voller Leute, die den Mönchen lieber die Füße waschen, als allein zu sterben. In Zehn Weiden ist kein Platz für jemanden, der den Kokon nicht mehr pflücken und die Seidenraupe nicht mehr pflegen kann, und bei Kiesel wird das bald der Fall sein.«
    Ah-Jeh streichelte Li-Xias Hände mit ihren kurzen, fetten Fingern. »Du hast sie gut gepflegt. Sie sind weder zerkratzt, noch haben sie Schwielen … selbst deine Fingernägel sind sauber.« Die Vorsteherin gestattete Li-Xia, ihre Hände wegzuziehen. »Genug gesprochen. Morgen ziehst du um.«

    Als an diesem Abend der Abendreis gegessen war, fand Li-Xia Kiesel am Flussufer sitzend, wie sie den Lichterglanz des Mondes auf dem Wasser beobachtete. Sie angelte Aale. Kiesel hörte sich genau an, was Ah-Jeh gesagt hatte, und erwiderte dann in einem Ton, der zu müde für Zorn war: »Du kannst nichts dagegen tun. Geh mit ihr und tu, was man dir sagt. Das Dasein einer Weberin ist gar nicht so schlecht. Besser, als mir zu folgen …« Sie verstummte und reihte die Aale auf eine Schlinge aus gespaltenem Bambus auf. »Ich habe keine Mondmutter, die mich leitet. In Wirklichkeit habe ich keine Stimme außer der eines Teichhuhns, das seine Küken ruft«, sie fand ihr Tänzerinnenlächeln, »während du eine Gelehrte von großem Ruhm und Vermögen werden wirst … das hat Riese Yun beschlossen.«
    Unvermittelt umarmte sie Li-Xia und drückte sie mit tränenheißen Wangen fest an sich. »Du musst den Kiesel vergessen, der nie zum Diamanten wird. Ich werde dich am Geisterbaum vermissen, aber ich freue mich für dich. Es gibt Besseres im Leben, als Kokons einzusammeln. Manchmal verlangt der Stolz einen zu hohen Preis von uns. Sieh mich an und wisse, dass deine Entscheidung richtig ist.«

    Kiesels Worte machten Li-Xia besorgt, und sie wollte sie wieder zum Lächeln bringen.
    »Ich werde dich nie vergessen. Wenn ich erst Gelehrte bin, kehre ich nach Zehn Weiden zurück und gebe dir die Freiheit.«
    »Du bist mutig und stark genug, deinen eigenen Weg zu gehen, mein kleiner Holzapfel, aber bitte, ich flehe dich an, wenn man dir aufträgt, die Laterne ins Himmlische Haus zu tragen, dann tu es. Vergiss Stolz und Würde. Die können warten. Ming ist alt und faul, sein Chi ist schwach, und er hat wenig Energie.« Sie lachte kurz auf. »Er trinkt gern heißen Reiswein. Sieh zu, dass seine Tasse immer voll ist. Tanz für ihn, sing ihm etwas vor … Benütz deine Hände … sogar deinen Mund, wenn es sein muss. Er wird schnell kommen und bald einschlafen.«
    Sie grinste sie ermutigend an. »Wenn ihm das nicht reicht, dann weine und kreische, so laut du kannst, mach solch einen Lärm, dass er nicht bei der Sache bleiben kann. Behaupte, er sei zu stark für dich … sein Elfenbeinstab zu groß, sodass er dein Jadetor entzweireißen würde. Wenn du ihm das Gefühl gibst, wieder jung zu sein, und dass du seine Männlichkeit nicht fürchtest, sondern bewunderst, wird er zufrieden sein … mit etwas Glück hat er dich in einer Woche satt.« Kiesel hielt inne und schüttelte langsam den Kopf. »Aber lauf nicht weg. Lauf! Nicht! Weg!
    Wenn man dir anträgt, den Kamm und den Spiegel zu wählen, überleg dir deine Möglichkeiten genau, denn viele hast du nicht. Was immer dich erwartet, erzürne die Vorsteherin Ah-Jeh nicht, sonst musst du mit dem Schlimmsten rechnen.«

    Li-Xia ließ die Bambushütten hinter sich und trat durch das Geißblatt-Tor des Spinnereigeländes.

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