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Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Titel: Die Tochter des Hauslehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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»Lady Weston empört sich, weil ihre kostbare Freundin einen Blick auf Adam erhaschthat. Sie hatte gehofft, ihn versteckt halten zu können, bis die Gelübde abgelegt sind.«
    »Gelübde? Welche Gelübde?«
    »Bist du etwa nicht auf dem Laufenden, Vater? Lady Weston hat geplant, dass Phillip oder ich – wer genau, spielt keine Rolle – Miss Penberthy heiratet. Und erst, wenn es zu spät ist, wird das arme Mädchen erfahren, dass wir sie getäuscht haben, indem wir dieses besondere Mitglied unserer Familie geheim gehalten haben.«
    Phillip, der noch auf der Schwelle stand, sagte nichts, warf jedoch einen Blick über die Schulter und schloss diskret die Tür.
    Lady Weston hob das Kinn. »Warum sollte sie es überhaupt je erfahren müssen? Ich nehme an, du hast es auch keiner der anderen jungen Damen, die du bewundert hast, erzählt. Warum sollte es diesmal anders sein?«
    »Weil ich es vorher nicht wusste. Deshalb.«
    Lady Weston musste nicht einmal blinzeln. »Wenn er erst einmal einen Bewacher hat, wird alles wieder sein wie in den letzten zwanzig Jahren. Warum sollte sich etwas ändern?«
    Sir Giles musste das gefährliche Feuer in Henrys Augen gesehen haben, denn er steuerte das Gespräch in weiser Voraussicht auf sichereren Grund. »Meine Liebe. Henry. Wir wollen einander doch nicht an die Kehle springen. Bitte vergiss nicht, Henry, dass Lady Weston einen respektvollen Ton von dir erwarten darf, auch wenn ihr beiden unterschiedlicher Ansicht seid.« Er legte Henry eine Hand auf die Schulter. »Deine Mutter und ich haben immer getan, was das Beste für dich war. Für jeden.«
    »Für mich? Ist es jetzt etwa meine Schuld?«
    »Sei nicht lächerlich. Natürlich ist es nicht deine Schuld. Du warst doch noch ein Kind. Aber wir haben uns Sorgen um dich gemacht – und um Phillip. Wie das Leben mit einem so … anderen … Jungen deine Entwicklung beeinträchtigen könnte, deine Intelligenz und dein Lernen. Wir haben befürchtet, dass wir euch beide in Gefahr bringen, wenn wir ihn hierbehalten. Er war so launisch und seine Anfälle waren so gewaltsam.«
    »Es war also zu unser aller Bestem.« Henry gelang es nicht, den Sarkasmus zu unterdrücken. »Und nicht, um dir die Peinlichkeit zu ersparen?«
    »Natürlich war es uns peinlich«, schnappte Sir Giles. »Unser erstgeborener Sohn, nicht ganz richtig im Kopf. Wie haben wir Gott gedankt, als du kein Zeichen der gleichen Krankheit gezeigt hast! Wie haben wir für dich gebetet!«
    »Habt ihr auch für ihn gebetet?«, wollte Henry wissen.
    Sir Giles runzelte die Stirn. »Warum bist du so zornig, Henry? Ich könnte ja verstehen, wenn Adam uns ablehnt, aber warum nimmst du es so persönlich, so wichtig?«
    »Weil ihr ihn weggeschickt habt. Weil ihr mich in dem Glauben gelassen habt, er sei gestorben.«
    Sir Giles hob einen Finger. »Ich habe nie gesagt, dass er gestorben ist.«
    »›Gegangen‹ war der Euphemismus, den du gebraucht hast, gegangen und nicht zurückgekommen. Was sollte ich denn sonst denken? Ich war zu jung, um dich zu bedrängen, zu jung, um an den Worten meines eigenen Vaters zu zweifeln.«
    »Ganz genau – du warst jung«, warf Lady Weston ein. »Zu jung, um dich zu erinnern.«
    Henry ballte eine Faust, hielt den Blick jedoch unverwandt auf seinen Vater gerichtet. »Ich erinnere mich, dass ich einen großen Bruder hatte.« Er schlug sich mit der anderen Hand an die Brust. »Nicht deutlich, aber doch genau genug, um zu wissen, dass ich mein Leben lang jemanden vermisst habe.«
    »Du denkst natürlich an deine Mutter.«
    »Sie vermisse ich natürlich auch. Aber nein, es war Adam, den ich all die Jahre vermisst habe.« Henry schüttelte den Kopf. »Die ganze Zeit dachte ich, er sei tot, doch er war da, keine zwanzig Meilen von uns entfernt.«
    »Ach, komm schon«, schnaubte Lady Weston mit einer energischen Geste. »Du warst damals – wie alt? – vier? Du hast ihn selbstverständlich vergessen, bis du diesen Brief gelesen hast.«
    Henrys Stimme bebte vor Wut. »Erdreisten Sie sich nicht, mir zu sagen, woran ich mich erinnere und woran nicht, Madam.«
    Sie fuhr unbeeindruckt fort: »Ich verstehe immer noch nicht, was du dir dabei gedacht hast, zuerst in den Wirtschaftsbüchern des Anwesens herumzuschnüffeln und dann auch noch die Korrespondenz deines Vaters zu lesen!«
    Phillip warf ihm einen beschwörenden Blick zu, doch Henry ignorierte ihn. »Was ich getan habe, Madam?«, zischte er. »Ich habe versucht zu begreifen, wieso meine Familie in eine so

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