Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)
kurze Zeit zu vergessen.
»Gern, ich komme gleich.« Sie griff nach dem Schläger. »Aber ich warne dich, ich spiele sehr schlecht.«
Jedenfalls nahm Emma das an. Sie hatte seit Jahren nicht mehr gespielt und die Tatsache, dass sie im Allgemeinen eher unsportlich war, seit Langem akzeptiert. Auf dem Weg zu einem freien Rasenstück, auf dem sie spielen konnten, fragte Lizzie: »Hast du gehört, was gestern Abend passiert ist, nachdem die meisten von uns das Musikzimmer schon verlassen hatten?«
Emma schüttelte den Kopf. »Nein.«
Lizzie erzählte es ihr: »Nach der Abreise der Penberthys habe ich Julian gefragt, was die Unruhe zu bedeuten hatte. Anscheinend sah Miss Penberthy einen Fremden am Klavier sitzen und Lady Westonhat ihn als entfernten Verwandten ausgegeben. So wie mich. Aber in Wirklichkeit war es der fünfte Weston-Bruder! Sie haben ihn im Nordflügel versteckt gehalten!« Lizzie schüttelte verwundert den Kopf. »Ich habe gestern zum ersten Mal von ihm gehört; ich sagte dir ja, dass sie mir kein Geheimnis anvertrauen, weil ich nichts für mich behalten kann.« Sie blickte Emma anklagend an. »Ich glaube, sogar du hast noch vor mir von Adam Weston erfahren.«
Emma beschwichtigte sie: »Ich habe erst Samstagnacht von ihm erfahren. Ich habe ihn während des Sturms schreien hören.«
Lizzie nickte erleichtert. »Ich bin heute Morgen zu ihm hinaufgegangen.« Sie warf Emma ein verschmitztes Lächeln zu. »Er sieht ziemlich gut aus, nicht wahr, wenn man bedenkt …?«
»Ja, das stimmt wohl.«
Lizzie trat ein paar Meter zurück und stellte sich Emma gegenüber in Position, den Federball mit den Fingerspitzen über dem Schläger haltend, bereit für den Aufschlag. »Ich mache mir nur Sorgen wegen Henry. Ob er trotzdem der Erbe ist und das alles. Julian sagt, er wird Adam wahrscheinlich für unzurechnungsfähig erklären lassen, damit er erben kann.«
»Keine Ahnung«, meinte Emma, dachte aber bei sich, dass Julian wahrscheinlich recht hatte.
Lizzie schlug den gefiederten Ball hoch in die Luft und er flog auf Emma zu. Diese versuchte, ihn zu treffen, wurde jedoch von der Sonne geblendet und musste blinzeln, sodass er zu Boden fiel.
»Tut mir leid.« Emma bückte sich, um ihn aufzuheben. Dann wollte sie Lizzies Aufschlag nachahmen, verfehlte den Ball jedoch und musste den Aufschlag wiederholen.
Sie stöhnte. »Ich habe dir ja gesagt, dass ich völlig aus der Übung bin.«
Lizzie antwortete nicht, sondern fuhr fort: »Lady Weston ist sehr verärgert. Sie fürchtet, dass Adam ihre Chancen bei den Penberthys verdorben hat.«
Emma schlug hart zu, der Ball flog hoch in die Luft. Zu hoch. Der Wind fing ihn und trug ihn außerhalb von Lizzies Reichweite.
»Entschuldigung!«
Das Mädchen lief ihm nach und Emma dachte an das gestrige Fest. Wenn sie richtig gesehen hatte, zog Miss Penberthy Phillip vor. Weniger einfach war es jedoch zu sagen, ob Phillip oder Henry die junge Dame bewunderte. Emma merkte, dass sie Phillips wegen keinerlei Eifersucht verspürte. Trotz seiner Herzlichkeit hatte sie gemerkt, dass er nur eine platonische Freundschaft für sie empfand.
Als Lizzie ihren Platz wieder eingenommen hatte und weitermachen wollte, fragte Emma: »Glaubst du, dass Lady Weston auf eine Verbindung zwischen Miss Penberthy und Phillip gehofft hat?«
Lizzie hob ruckartig den Kopf. »Warum Phillip?« Sie runzelte die Stirn. »Warum er und nicht Henry? Er ist schließlich der Älteste, wenn man Adam nicht mitrechnet – und das tut Lady Weston bestimmt nicht.«
Emma spürte, wie sich ihre Brauen zusammenzogen. Hatte sie Lizzies Erklärung, einen älteren Mr Weston zu lieben, missverstanden oder hatte Lizzie ihren Sinn geändert? Sie stammelte: »Ich weiß nicht, ich …«
Lizzie drosch auf den Federball ein und er flog direkt auf Emmas Gesicht zu.
Emma schrie auf und duckte sich. Als sie aufblickte, sah sie, wie Lizzie die Augen verdrehte.
Emma nahm den Schläger und brachte ihn in Ausgangsstellung. Doch im Aufschauen merkte sie, dass irgendetwas am Stall Lizzies Aufmerksamkeit erregte.
Lizzie, den Kopf noch immer zum Stall gewandt, sagte: »Da kommen Phillip und Henry. Sie haben mit einem möglichen Aufpasser für Adam gesprochen, glaube ich.« Sie warf Emma einen ihrer listigen Blicke zu. »Habe ich jedenfalls gehört.«
Die beiden Brüder kamen über den Rasen auf sie zugeschlendert, ihre Rockschöße flatterten im Wind. Henry hatte den Hut wie gewöhnlich tief in die Stirn gezogen und zeigte seinen
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