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Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Titel: Die Tochter des Hauslehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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das Mädchen allein mit einer Stickarbeit im Salon sitzen. Als sie so in der Tür stand, fielen Emma ein paar Einzelheiten im Raum auf, die sie am Abend ihrer Ankunft nicht bemerkt hatte.Die schwere Balkendecke bewies, dass auch dieser Raum früher ein Teil der imposanten Eingangshalle gewesen war. Eine dunkle, üppig gemusterte Tapete schmückte die Wände, und über dem Kamin hing ein Aquarell von Ebbington Manor.
    Lady Weston war nirgends zu sehen, deshalb wagte Emma einzutreten. Sie fragte: »Hast du gestern Abend im Musikzimmer Klavier gespielt?«
    Lizzie blickte von ihrer Stickerei auf. »Hm?«
    »Das Klavier. Ich habe gestern Abend jemanden spielen hören.«
    »Wirklich? Ich war's nicht. Ich habe seit Ewigkeiten nicht mehr gespielt, obwohl ich eigentlich üben müsste. Hat der Betreffende gut oder schlecht gespielt?«
    »Gut, glaube ich.«
    »Dann war ich es ganz bestimmt nicht«, kicherte Lizzie.
    Lady Weston kam herein und Emma fühlte sich augenblicklich fehl am Platz.
    Lizzie sagte leichthin: »Hallo, Mylady. Miss Smallwood hat mir gerade erzählt, sie hätte gehört, wie hier gestern Abend jemand Klavier gespielt hat.«
    Die Frau blieb stehen, dann drehte sie sich langsam um. »Gestern Abend? Um welche Uhrzeit?«
    »Ich weiß nicht genau«, sagte Emma. »Ich lag schon im Bett. Vielleicht um halb elf oder elf.«
    »So spät …«, überlegte Lady Weston. »Und Sie waren also schon im Bett? Vielleicht haben Sie geträumt.«
    Emma spürte, wie ihre Braue sich hob. »Das glaube ich nicht … Nein. Ich bin ganz sicher, dass ich wach war.«
    »Hmmm …«, murmelte Lady Weston. »Vielleicht haben Sie es sich nur eingebildet. In diesem alten Haus hört man oft seltsame Geräusche, vor allem, wenn der Wind um die Mauern streicht. Wenn Sie erst einmal länger hier sind, werden Sie sich daran gewöhnen.«
    Emma sagte: »Ich bezweifle, dass der Wind Mozart heult.«
    Lady Westons Augen leuchteten auf. »Mozart also? Dann muss esJulian gewesen sein. Der liebe Junge ist so talentiert. Vielleicht hat er sich ans Klavier geschlichen, als alle dachten, er läge schon im Bett. Und wer könnte ihn dafür tadeln? Wenn ein Künstler der Muse begegnet, ist er ihr ausgeliefert.«
    »Ich wusste gar nicht, dass Julian so gut spielt«, sagte Emma. »Wie schön! Es wird ein Genuss sein, ihn wieder einmal zu hören.«
    Lady Weston legte nachdenklich einen Finger ans Kinn. »Aber ja! Das ist eine großartige Idee! Er soll an einem der nächsten Abende für uns alle spielen. Ich werde es ihm vorschlagen. Es ist viel zu lange her, dass wir eine solche Zerstreuung hatten. Ein Musikabend. Wie nett. Lizzie könnte uns auch etwas vorspielen.«
    »O nein!«, Lizzie verzog das Gesicht. »Das wollen Sie nicht hören, bestimmt nicht! Ich spiele sehr schlecht.«
    »Dann solltest du üben, mein Mädchen. Habe ich nicht letztes Jahr eigens für dich einen Musiklehrer eingestellt?«
    »Ja, Lady Weston. Das war sehr gut von Ihnen. Aber vielleicht sollte Miss Smallwood stattdessen für uns spielen?« Lizzie sah Emma flehentlich an.
    »Danke, Lizzie. Aber ich spiele nicht annähernd so gut wie offenbar Julian. Er sollte eine Solovorstellung geben.«
    »Darauf scheint es hinauszulaufen«, sagte Lady Weston trocken. »Aber jetzt entschuldigt mich bitte, Mädchen.« Sie drehte sich um und verließ das Zimmer; anscheinend hatte sie völlig vergessen, warum sie ursprünglich hereingekommen war.
    Kurz darauf verließ auch Emma den Salon. Im gleichen Moment traten Julian und Rowan zusammen mit Mr McShane aus der Bibliothek.
    Der Pfarrer begrüßte sie mit einem breiten Lächeln. »Hallo! Sie müssen Miss Smallwood sein. Erlauben Sie, dass ich mich vorstelle. Ich bin Gerald McShane.« Er verbeugte sich.
    Emma trat zu ihnen. »Sehr erfreut.« Sie erwiderte die Verbeugung des Mannes mit einem etwas verspäteten Knicks.
    Die Augen des Geistlichen leuchteten auf. »Rowan und Julian haben mir von Ihnen und Ihrem Vater erzählt; ich habe mich schon darauf gefreut, Sie kennenzulernen.«
    »Mein Vater macht einen Spaziergang; er müsste aber gleich zurück sein. Ich … hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass wir hier sind. Wir wussten nicht, dass die Jungen bereits einen Lehrer haben.«
    Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich gebe nur Latein- und ein wenig Griechischunterricht – oder versuche es jedenfalls. Ich habe Lady Weston schon wiederholt gesagt, dass ich die beiden nicht auf die Universität vorbereiten kann, deshalb war ich erleichtert zu hören,

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