Die Tochter des Magiers
gefangen war. Unwillkürlich überlief ihn ein lustvolles
Prickeln. Sie war wunderschön und gehörte einem anderen. Mehr braucht
es nicht, um sie zu begehren. »Sie ist attraktiv, elegant, reich und
ehrgeizig. In ein paar Jahren wird sie eine ausgezeichnete Figur auf
dem Washingtoner Parkett abgeben.«
»Mit solch romantischen Komplimenten hast du sie sicher
restlos bezaubert.«
»Manche Frauen ziehen ein offenes Wort vor.« Er beugte sich
dichter zu ihr, doch Roxanne stemmte eine Hand gegen seine Brust.
»Ich bin zwar nicht deine Frau, Sam, aber auch mir ist ein
offenes Wort lieber. Ich finde dich abstoßend, erbärmlich und plump. Du
interessierst mich ungefähr so sehr wie ein totes Stinktier am
Straßenrand«, erklärte sie freundlich und lächelte. »Warum
verschwindest du nicht, ehe ich noch etwas Beleidigendes sagen muß?«
»Das wirst du bereuen.« Seine Stimme klang ebenfalls ruhig, da
mittlerweile noch andere Passagiere über das Deck schlenderten. Doch
seine Augen waren eiskalt. »Sehr sogar.«
»Kann ich mir nicht denken. Ich habe es nämlich ungeheuer
genossen.« Sie blickte ihn ebenso kühl an, aber in ihren Augen glühte
tiefe Verachtung. »Und jetzt geh mir bitte aus dem Weg.«
Vor Zorn vergaß er seine Zurückhaltung. Er packt ihre Arme.
»Ich bin noch nicht fertig mit dir.«
»Ich glaube …« Sie brach ab und schob Sam beiseite,
um hastig zwischen ihn und Luke zu springen. »Nicht.« Entschlossen
hielt sie Luke zurück.
»Geh rein, Roxanne.« Über ihren Kopf hinweg starrte er Sam an,
der längst tot umgefallen wäre, wenn Blicke töten könnten.
»Nein.« Sie wußte, daß er imstande wäre, Sam über Bord zu
werfen. Auch wenn ihr die Vorstellung noch so sehr gefiel, mußte sie um
jeden Preis verhindern, daß er solch eine Dummheit beging. »Wir haben
in ein paar Minuten einen Auftritt. Wenn du ihn schlägst und dir deine
Hand verletzt, platzt unsere ganze Nummer.« Sie warf Sam einen wütenden
Blick zu. »Verschwinde, oder ich schwöre, ich lasse ihn los.«
»Na gut. Hier ist auch nicht der richtige Ort, um eine Szene
zu veranstalten. Es gibt andere Gelegenheiten.« Er nickte Luke zu.
»Verlaß dich drauf.«
Roxanne hielt Luke so lange fest, bis Sam unter Deck
verschwunden war. »Du verdammter Idiot«, zischte sie.
»Ich?« Er kochte noch immer vor Wut und wiederholte nur: »Ich?«
»Natürlich. Ist dir klar, was du beinah angerichtet hättest?
Wie hätten wir zum Beispiel Jack oder dem Kapitän erklären sollen,
warum du einen Passagier zusammengeschlagen oder über Bord geschmissen
hast?«
»Er hat dich angefaßt. Gottverdammt, als ich kam, hatte er
dich gegen die Reling gedrückt. Glaubst du, ich könnte ruhig dabei
zusehen, wie jemand dich so behandelt?«
»Was bist du? Sir Callahan? Mein strahlender Ritter? Ich will
dir was sagen, Kumpel.« Sie tippte ihm energisch mit einem Finger gegen
die Brust. »Ich bin kein schwaches, wimmerndes Weibchen, das man vor
dem bösen Drachen retten muß. So was erledige ich selbst, kapiert?«
»Ja, kapiert.« Ungestüm riß er sie an sich und küßte sie, bis
sie nicht mehr protestierte und die Arme um ihn schlang.
»Tut mir leid.« Sie vergrub ihr Gesicht an seine Schulter.
»Daß ich so wütend war, hatte gar nichts mit diesem Idioten zu tun, und
auch nicht mit dir.«
»Ich weiß.« Er küßte ihr Haar. Er hatte ebenfalls Max'
Peitsche zu spüren bekommen, und dieser Hieb brannte weit schlimmer als
alle Schläge von Cobb.
»So war er noch nie zu mir.« Sie preßte die Lippen zusammen
und versuchte, sich zu fangen. »Es ging gar nicht um den Job, Luke. Es
war nicht …«
»Ich weiß«, wiederholte er. »Ich habe auch keine Erklärung
dafür, Rox, außer daß er vielleicht andere Sorgen hat oder sich nicht
gut fühlt. Es gibt bestimmt Dutzende Gründe. Er hat dich schließlich
noch nie so angefahren. Du darfst es ihm nicht übelnehmen.«
»Du hast recht.« Sie seufzte. »Ich war hysterisch.« Sanft
streichelte sie seine Wange. »Und ich habe es an dir ausgelassen, als
du den Macho rausgekehrt hast. Hättest du ihn wirklich für mich
zusammengeschlagen, Baby?«
Er grinste erleichtert, da sie offenbar wieder auf andere
Gedanken kam. »Darauf kannst du wetten, Süße. Ich hätte ihn zermalmt.«
Sie erschauderte theatralisch und hob ihm die Lippen entgegen.
»Von einem richtig starken Kerl lasse ich mich besonders gern küssen.«
»Na, das kannst du haben.«
Selten war ihm ein Weg so schwergefallen
wie der Gang durch den schmalen, mit
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