Die Tochter des Magiers
es bei Sams Lachen kalt über den Rücken. »Du hast
den Verstand verloren.«
»Das hättest du wohl gern.« Sams Augen funkelten boshaft. »Nur
weil du nicht zugeben willst, daß ich dich endlich, endlich doch
geschlagen habe.«
»Das alles … das alles hast du geplant, nur um dich
an mir zu rächen?« Lukes Stimme klang verschwommen, da die Wirkung der
Droge immer noch anhielt. Er sprach langsam und stockend, als habe er
Mühe, die Worte selbst zu begreifen. »Nur deshalb hast du Cobb
ermordet?«
»Erscheint dir der Aufwand übertrieben?« Sam lehnte sich in
seinen Sessel zurück und drehte ihn lässig hin und her. »Vielleicht
würde ich das an deiner Stelle ebenfalls denken.« Er wandte sich abrupt
wieder zu Luke um und sah mit Genugtuung, wie er zusammenzuckte. »Aber
dafür habe ich dich nun in der Hand. Und du wirst genau das tun, was
ich sage. Andernfalls lasse ich dich wegen Mordes verhaften und sorge
dafür, daß gegen Maximilian Nouvelle wegen schweren Diebstahls
ermittelt wird – falls ich es nicht doch unterhaltsamer finde,
ihn zu töten.«
»Er hat dich von der Straße aufgelesen.«
»Und mich wieder dorthin zurückbefördert.« Sam grinste
verächtlich. »Ich hoffe, du erwartest keine Loyalität von mir,
Callahan. Dich kümmert ja offenbar selbst nicht, was aus dem Alten
wird.«
»Warum bringst du mich nicht einfach um?«
»Mir gefällt die Vorstellung besser, daß du dich in
irgendeinem gottverlassenen Nest mühsam durchs Leben schlagen mußt,
schweißgebadet von Roxanne träumst und von den Männern, die deine
Stelle einnehmen. Daß du wieder ein genauso armes, verachtetes Schwein
bist wie vorher, ehe du zu den Nouvelles kamst. Und diesem Schicksal
entkommst du nicht, Callahan. Entweder du gehst, oder die Nouvelles
müssen für den Rest ihres Lebens dafür büßen. Glaub übrigens nicht, du
könntest jetzt verschwinden und in ein paar Wochen wieder auftauchen.
Selbst wenn es dir gelingen sollte, deinen Kopf aus der Schlinge zu
ziehen, werde ich sie Max um den Hals legen und fest zuziehen, das
verspreche ich dir. Ich habe sämtliche Beweise, die ich gegen ihn
brauche, dort im Safe, den du so gern geöffnet hättest.«
»Niemand würde dir glauben.«
»Nein? Einem hochangesehenen Staatsdiener mit einem makellosen
Leumund? Einem Mann, der es aus eigener Kraft vom Straßenjungen bis zum
aufstrebenden Politiker geschafft hat? Jeder würde mir glauben,
besonders, wenn ich beteuere, daß ich bei aller Loyalität, die ich
gegenüber dem alten Mann empfinde, die Augen nicht länger vor den
Tatsachen verschließen konnte. Aber da ich sehe, wie senil der Gute
geworden ist, befürworte ich gutherzig die dauerhafte Unterbringung in
einer psychiatrischen Klinik anstelle einer Gefängnisstrafe.«
Eine eisige Angst überlief Luke. »Niemand wird Max einsperren.«
»Das liegt allein an dir, Callahan.«
Luke spürte, daß er machtlos war. »Gut, ich werde
verschwinden, Wyatt. Aber du wirst dich nie absolut sicher fühlen
können, denn eines Nachts werde ich wieder dasein.«
»Nimm deinen alten Freund mit, Callahan.« Er deutete auf Cobb.
»Und denke jeden Tag an mich, wenn du in der Hölle bist.«
SIEBZEHNTES
KAPITEL
L uke wußte, daß es dumm und riskant war,
aber was spielte das noch für eine Rolle? Er ließ den zweiten Mietwagen
auf dem Hotelparkplatz stehen und fuhr von der Lobby aus mit dem
Fahrstuhl hinauf in sein Zimmer. Dort zog er eine Flasche Jack Daniels
aus einer Papiertüte, stellte sie auf die Kommode und starrte sie lange
Zeit an.
Schließlich öffnete er sie und nahm drei tiefe Schlucke.
Obwohl der Whiskey wie Feuer in seinem Leib brannte, half er ihm auch
nicht weiter.
Er hätte es wissen müssen. Als Kind hatte er genügend
abstoßende Beispiele dafür erlebt, daß Alkohol Unglück nicht vertrieb,
sondern nur verschlimmerte. Aber es war einen Versuch wert gewesen.
Immer noch glaubte er, Cobb zu riechen. Der Schweiß, das Blut,
der Gestank nach Tod haftete noch an seiner Haut. Es war grauenhaft
gewesen, die Leiche im Fluß zu versenken. Er hatte ihm den Tod
gewünscht. Wahrhaftig, er hatte ihm den Tod gewünscht. Aber er hatte
nicht gewußt, was ein plötzlicher, gewaltsamer Tod bedeutete.
Luke konnte nicht vergessen, wie Sam den Schuß abgefeuert
hatte – so lässig, als sei der Mord an einem Menschen
vollkommen bedeutungslos. Er hatte es nicht aus Haß getan, nicht in
blinder Leidenschaft oder aus Habgier, sondern so gedankenlos wie ein
kleines Kind ein Bauwerk aus
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