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Die Tochter des Magiers

Die Tochter des Magiers

Titel: Die Tochter des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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gestern hat mich
ziemlich überrascht. Ich hätte nicht gedacht, daß du so dreist bist.«
    Luke straffte die Schultern. Die genau berechnete Geste wirkte
wie ein kläglicher Versuch zu einem mutigen Auftreten. »Ich will dir
einen Vorschlag machen.«
    »Oh, ich bin ganz Ohr«, lachte Sam und stand auf. »Ich glaube,
ich sollte dir einen Drink anbieten.« Er ging zur Bar, und seine Augen
leuchteten, als er sich wieder umwandte. »Um der alten Zeiten willen.«
    Luke starrte auf das angebotene Glas Brandy und atmete rasch
und heftig. »Nein, wirklich nicht …«
    »Was ist los, Callahan? Den Geschmack an Brandy verloren?
Keine Sorge.« Sam prostete ihm zu und trank. »Diesmal muß ich dir ja
nichts in den Drink mischen, um zu erreichen, was ich will. Setz dich.«
Es klang wie ein Befehl an einen Hund. Obwohl er innerlich kochte,
gehorchte Luke wortlos. »Also …« Sam lehnte sich gegen den
Schreibtisch und lächelte. »Wie kommst du zu der Annahme, ich wäre
damit einverstanden, daß du zurückkehrst?«
    »Ich dachte …« Luke nahm einen Schluck Brandy, als
müsse er sich Mut antrinken. »Ich hatte gehofft, es sei genug Zeit
vergangen.«
    »O nein.« Sam kostete dieses Machtgefühl weidlich aus. »So
viel Zeit kann überhaupt nicht vergehen. Vielleicht habe ich mich nicht
klar genug ausgedrückt vor – wie lange ist es her? Vor fünf
Jahren. Es war hier im gleichen Zimmer, nicht wahr? Ist das nicht
interessant?«
    Lässig schlenderte er zu der Stelle, wo der blutende Cobb
gelegen hatte. Der Teppich war neu, ein kostbares Stück, das er mit dem
Geld seiner Frau gekauft hatte.
    »Ich glaube kaum, daß du vergessen hast, was hier geschehen
ist.«
    »Nein.« Luke preßte die Lippen zusammen und wandte den Blick
ab. »Nein, das habe ich nicht.«
    »Und habe ich dir nicht gesagt, was ich tun würde, falls du
zurückkommst? Was mit dir und den Nouvelles passieren würde?« Als sei
ihm plötzlich ein Gedanke gekommen, schaute Sam auf. »Möglicherweise
sind dir die Nouvelles aber nach einer solch langen Trennung
gleichgültig geworden? Vielleicht kümmert es dich nicht mehr, daß ich
den alten Mann ins Gefängnis schicken kann, beziehungsweise alle
miteinander, falls es mir in den Sinn kommt – einschließlich
der Frau, die du einmal geliebt hast?«
    »Ich will nicht, daß ihnen irgendwas passiert. Es ist nicht
nötig, daß du sie in die Sache mit hineinziehst.« Als wolle er
verbergen, daß seine Stimme zitterte, nahm Luke einen weiteren Schluck.
Ein verdammt guter Brandy, dachte er. Ein Jammer, daß er ihn nicht
richtig genießen konnte. »Ich will einfach nur noch mal heim –
nur vorübergehend«, fügte er rasch hinzu. »Sam, Max ist wirklich sehr
krank. Er lebt vielleicht nicht mehr lange. Ich bitte dich nur darum,
eine Weile bei ihm verbringen zu dürfen.«
    »Wie rührend.« Sam ging wieder hinter den Schreibtisch. Er
öffnete eine Schublade und holte eine Zigarette heraus. Er gestattete
sich lediglich fünf Stück am Tag, und das auch nur, wenn er allein war.
In den Meinungsumfragen lag er zwar in Führung, aber er wollte
keinerlei Risiken eingehen, und das Rauchen schadete seinem Image.
»Also, du willst bei dem Alten sein, wenn er stirbt.« Sam entzündete
die Zigarette und nahm zufrieden einen tiefen Zug. »Warum sollte mich
das was scheren?«
    »Ich – ich hatte nur gehofft, du wärst einverstanden,
weil es doch bloß eine ganz kurze Zeit ist. Wenige Monate.« Luke
schaute ihn bittend an. »Das kann doch wirklich keine so große Rolle
für dich spielen.«
    »Du irrst dich. Alles, was dich oder die Nouvelles angeht, ist
und bleibt für mich wichtig. Und weißt du, warum?« Er grinste
verächtlich. »Keiner von euch hat erkannt, was in mir steckte. Ihr habt
mich aus Mitleid aufgenommen und mich empört wieder rausgeschmissen.
Und vor allem du hast dich immer für was Besseres gehalten. Dabei wart
ihr nichts weiter als gemeine Diebe.«
    Der alte Haß schnürte ihm fast die Kehle zu, und er zwang sich
mühsam zur Ruhe.
    »Und wie sieht es heute aus?« fuhr er fort. »Du hast kein
Zuhause mehr, nicht einmal mehr ein Heimatland, und die Nouvelles haben
einen jämmerlichen alten Tattergreis auf dem Hals, der sogar seinen
eigenen Namen vergessen hat. Aber sieh mich an, Callahan. Ich bin
reich, erfolgreich, werde von allen bewundert und bin auf dem Weg nach
ganz oben.«
    Luke mußte sich gewaltsam an seinen Racheplan erinnern, um
nicht augenblicklich aufzuspringen und Sam den Hals umzudrehen. Denn
zumindest

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