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Die Tochter des Magiers

Die Tochter des Magiers

Titel: Die Tochter des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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einbricht.«
    »Dir hat dieser Schritt damals keinerlei Mühe gemacht. Bereust
du etwas, mon ami ?«
    »Absolut nichts«, lachte Max. »Ist das eigentlich normal?«
    »Du bist nun einmal zum Stehlen geboren«, entgegnete LeClerc
schulterzuckend. »Genauso wie zum Zaubern. Und offensichtlich liegt es
dir ebenso, Streuner aufzulesen. Es ist schön, daß du wieder zu Hause
bist.«
    »Ich freue mich auch, wieder daheim zu sein.«
    Einen Moment lang saßen sie schweigend und in Gedanken
versunken nebeneinander. Dann kam LeClerc wieder zur Sache.
    »Die Diamanten, die du aus Boston geschickt hast, waren
außergewöhnlich.«
    »Ich fand die Perlen aus Charleston besser.«
    »O ja«, seufzte LeClerc. »Sie waren prachtvoll, aber die
Diamanten hatten solch ein Feuer, daß es mir direkt weh getan hat, Geld
dafür zu nehmen.«
    »Und was hast du bekommen?«
    »Zehntausend. Für die Perlen leider nur fünf.«
    »Die Freude, sie in den Händen zu halten, wiegt mehr als der
Profit.« Er erinnerte sich mit Vergnügen daran, wie majestätisch sie
einen Abend lang auf Lilys Haut ausgesehen hatten. »Und die Gemälde?«
    »Zweiundzwanzigtausend. Ich persönlich fand die Bilder
allerdings eher primitiv. Diese englischen Maler besaßen keine
Leidenschaft«, fügte er hinzu und tat die Landschaft von Turner mit
einem Schulterzucken ab. »Die chinesische Vase behalte ich noch für
eine Weile. Hast du die Münzsammlung mitgebracht?«
    »Nein. Als Roxanne krank wurde, habe ich diese Sache
gestrichen.«
    »War sicher besser«, nickte LeClerc. »Die Sorge um sie hätte
dich nur abgelenkt.«
    »Vermutlich. Also, bis die Vase abgesetzt ist, beträgt der
Zehnt … dreitausendsiebenhundert.« Angesichts von LeClercs
mürrischem Gesicht mußte Max lächeln. »Das ist nun wirklich nicht der
Rede wert.«
    »Bis Ende des Jahres wirst du auf diese Weise fünfzehntausend
weggeschmissen haben, mindestens. Zähl mal zusammen, welche Summe bei
deinen ewigen zehn Prozent in den vielen Jahren schon zusammengekommen
ist. Und alles nur, um dein Gewissen zu beruhigen.«
    »Ein kleines Almosen«, verbesserte Max ihn fröhlich. »Ich
mache es nicht, um mein Gewissen zu beruhigen, sondern aus reiner
Freude am Schenken. Ich bin ein Dieb, Jean, und zwar ein
ausgezeichneter, der nichts von den Leuten hält, die er bestiehlt.
Dafür aber um so mehr von denen, die nichts besitzen.« Er musterte die
glühende Spitze seiner Zigarre. »Ich kümmere mich zwar nicht besonders
um die moralischen Maßstäbe des anderen, aber ich habe durchaus eigene
moralische Prinzipien.«
    »Die Kirche, der du deinen Zehnt gibst, lehrt, daß du in der
Hölle landest.«
    »Ich habe mich schon aus schlimmeren Zwangslagen befreit.«
    »Das ist kein Scherz.«
    Max unterdrückte ein Lächeln, als er aufstand. Er wußte, daß
LeClercs Religiosität die ganze Skala vom Katholizismus bis zu Voodoo
umfaßte und allen erdenklichen Aberglauben noch dazu. »Dann betrachte
es als eine Art Versicherung. Vielleicht wird meine sentimentale
Großzügigkeit uns beiden mal einen kühleren Platz im Jenseits
verschaffen. Gehen wir schlafen.« Er legte LeClerc die Hand auf die
Schulter. »Morgen erzähle ich dir, was ich für die nächsten Monate
geplant habe.«
    Luke wußte, daß er im Himmel gelandet war.
Es gab am nächsten Tag nichts für ihn zu tun, und so streifte er im
Haus umher und verschlang dabei die Beignets, die er sich aus der Küche
geholt hatte. Die Spur aus Puderzucker, die er hinterließ, zog sich vom
ersten Stock die Treppe hinauf bis auf einen der großen,
blumengeschmückten Balkone und wieder zurück.
    Er konnte sein Glück einfach nicht fassen.
    Er hatte ein eigenes Zimmer bekommen und den Großteil der
Nacht nur alles staunend angeschaut … das hohe geschnitzte
Kopfbrett des Betts, die glänzende Tapete, das gedämpfte Muster des
Teppichs, den großen Schrank, in den nach Lukes Schätzung mehr Kleider
hineinpaßten, als irgendwer in seinem ganzen Leben brauchen konnte.
    Und dann stand noch eine große blaue Vase voller Blumen im
Zimmer. Er hatte noch nie Blumen im Zimmer gehabt, und eigentlich war
das auch eher was für Mädchen. Aber trotzdem gefiel es ihm.
    Luke huschte lautlos wie ein Gespenst durch das Haus. Er war
sich noch nicht ganz sicher, wie er LeClerc einschätzen sollte und ging
ihm daher auf seinen Erkundungsstreifzügen möglichst aus dem Weg.
    Er bewunderte die eleganten Möbel, obwohl er nicht einmal
wußte, daß es sich dabei um französische und englische

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