Die Tochter des Magiers
Stuhllehne und stieg hinein.
»Macht's dich scharf, wenn du mir dabei zuschaust?« fuhr er Mouse an,
während er sie überstreifte.
Mouse errötete nur, gab aber keine Antwort.
»Ich bin wirklich froh, von hier zu verschwinden.« Er zog ein
Hemd über. »Die letzten Monate habe ich mich zu Tode gelangweilt.«
»Dann hau endlich ab.« Luke stand in der Tür. Seine Augen
funkelten. »Und danach räuchern wir am besten erst mal das Zimmer aus.
Hier stinkt's nach einer Drecksau, die ein kleines Kind für ihre miesen
Tricks benutzt.«
»Genau das hat ihr gerade gefallen«, grinste Sam und stopfte
seine Kleider in einen Rucksack. »So und nicht anders muß man nämlich
mit den Weibern umspringen – frag bloß mal Annabelle.«
»Was soll das heißen?«
Sam schlüpfte in die Jacke, die Lily ihm geschenkt hatte. Sie
würde ihn im Winter schön warm halten. »Na ja, vielleicht interessiert
es dich, daß ich heute abend, während du brav deine Pflicht erfüllt
hast, dein Mädchen bis zum Wahnsinn gevögelt habe.« Seine Lippen
verzogen sich zu einem eiskalten Grinsen, als Luke ihn ungläubig
anstarrte. »Mitten auf dieser häßlichen Couch im Wohnzimmer. In fünf
Minuten hatte ich sie soweit, daß sie aus ihrem Höschen stieg. Sie
mag's am liebsten, wenn sie oben ist, nicht? Damit man es ihr richtig
besorgen kann. Das Muttermal unter ihrer linken Titte ist verdammt
sexy, findest du nicht auch?« Kampflustig machte er sich bereit, als
Luke mit wutverzerrtem Gesicht auf ihn zusprang. Aber Mouse war
schneller. Er packte Luke und zerrte ihn zur Tür. »Das ist er nicht
wert. Komm schon, Luke, laß ihn. Er ist's nicht wert.« Sams Lachen
klang hinter ihnen her, als Mouse ihn die Treppe hinunterschob. »Geh
nach draußen und kühl dich ab.«
»Laß mich los, verflucht!«
»Max will, daß er abhaut und mehr nicht.« Unerschütterlich
stand Mouse auf der obersten Treppenstufe. Er würde Luke notfalls einen
Kinnhaken verpassen, damit er Ruhe gab. »Geh raus und mach einen
Spaziergang. Ich sorge dafür, daß er verschwindet.«
Na gut, dachte Luke, dann gehe ich eben nach
draußen – und warte dort auf ihn. Er stürmte in den Hof. Von
dort aus wollte er Sam folgen und ihn außer Sichtweite des Hauses nach
Strich und Faden verprügeln.
Doch dann hörte er das Weinen. Roxanne lag zusammengerollt auf
einer steinernen Bank bei den Azaleen und schluchzte herzzerreißend.
Luke brachte es nicht fertig, einfach weiterzugehen und so zu
tun, als hätte er nichts gehört. Er hatte Roxanne nicht mehr weinen
gesehen, seit sie vor vielen Jahren die Windpocken gehabt hatte.
»Komm schon, Roxy.« Luke ging zur Bank und strich ihr linkisch
über den Kopf. »Hör auf damit.«
Sie schluchzte weiter, ohne aufzuschauen.
»Herrgott.« Widerstrebend setzte er sich neben sie. »Komm
schon, du wirst doch nicht wegen dem Blödmann weinen. Er ist ein
Dreckskerl, ein dummer Idiot.« Seufzend zog er sie in seine Arme und
merkte, daß er ebenfalls allmählich ruhiger wurde. »Er ist es nicht
wert«, sagte er halb zu sich selbst und erkannte, daß Mouse völlig
recht gehabt hatte.
»Er hat mich benutzt«, stieß Roxanne hervor. »Er hat so getan,
als sei er mein Freund, und dabei hat er mich bloß benutzt, um Leute zu
bestehlen, die ich gern habe. Ich habe gehört, was er zu Daddy gesagt
hat. Anscheinend haßt er uns und hat uns die ganze Zeit nur gehaßt.«
»Vielleicht. Was schert uns das?«
»Ich habe ihn mit hierhergebracht.« Sie preßte die Lippen
zusammen. Sie wußte nicht, ob sie sich das jemals verzeihen konnte.
»Hat er – hat er tatsächlich das mit Annabelle gemacht?«
Luke holte tief Luft und drückte Roxanne an sich. »Ich denke
schon.«
»Es tut mir leid für dich.«
»Wenn sie sich so einfach mit ihm eingelassen hat, glaube ich
nicht, daß ihr wirklich was an mir lag.«
»Er wollte dich verletzen.« Sie strich tröstend über Lukes
Arm. »Er wollte uns alle verletzen, deshalb hat er auch gestohlen. Es
ist nicht so wie bei Daddy.«
»Ja, ja«, erwiderte Luke geistesabwesend – und dann
erstarrte er plötzlich. »Was?«
»Du weißt schon, das mit dem Stehlen. Daddy würde nie einen
Freund bestehlen oder jemanden, den er dadurch schädigt.« Sie gähnte.
Das Weinen hatte sie müde gemacht. »Er nimmt nur Juwelen und solche
Sachen, die gut versichert sind.«
»Himmelnochmal.« Er schob sie ein Stück von sich. »Wie lange
weißt du das schon? Wie lange weißt du schon, was wir machen?«
Das Mondlicht schimmerte in ihren
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