Die Tochter des Magiers
hatte. »Sollen wir
tanzen?«
Sie hätte leicht mit einer schlagfertigen oder koketten
Antwort ablehnen können, doch dann siegte ihre Neugier, und sie
begleitete ihn wortlos auf die Tanzfläche zu den anderen Paaren.
Er entpuppte sich zu ihrer Überraschung als vollendeter
Tänzer. »Ich muß sagen«, begann sie, »daß das Weiße Haus der letzte Ort
ist, an dem ich erwartet hätte, dich wiederzusehen. Aber …
Katzen landen ja stets auf den Füßen.«
»Ich habe mir immer vorgenommen, euch – euch
alle – einmal wiederzusehen. Seltsam, daß das Schicksal uns
ausgerechnet hier zusammenführt.« Er zog sie näher an sich und genoß
das leise Widerstreben ihres Körpers, obwohl sie anmutig seiner Führung
folgte. »Die Vorstellung heute abend war wirklich etwas ganz anderes
als die kleinen Auftritte in diesem schäbigen Club damals in New
Orleans. Besser sogar als die Show, die Max für das Magic Castle
zusammengestellt hatte.«
»Er ist der Beste, den es gibt.«
»Sein Talent ist phänomenal«, stimmte Sam zu. Er beugte sich
dichter zu ihr und sah die Wachsamkeit in ihren Augen, was ihn prompt
erregte. Er drängte sich näher an sie, so daß sie die Reaktion seines
Körpers spüren konnte. »Aber atemberaubend fand ich dich und Luke, das
muß ich zugeben. War sehr sexy, diese Nummer.«
»Eine Illusion«, erwiderte sie nüchtern. »Für Gefühle ist auf
der Bühne kein Platz.«
»Falls irgendein Mann im Publikum dabei kühl geblieben ist,
als du unter seinen Händen schwebtest, dann war er sowieso schon tot.«
Es wäre interessant, sie im Bett zu haben und so weit zu bringen, daß
sie alles mit sich machen ließ. Eine wundervolle Revanche. »Ich
jedenfalls bin sehr lebendig, das kann ich dir versichern.«
Ruhig schaute sie ihn an. »Falls du glaubst, ich sei
geschmeichelt von der Beule in deiner Hose, Sam, irrst du dich.«
Zufrieden sah sie, daß er wütend die Lippen zusammenpreßte.
Und sie bemerkte auch, daß sein Blick noch genauso verschlagen
und gemein war wie früher. »Wo bist du hin, als du New Orleans
verlassen hast?«
»Hierhin und dahin«, erwiderte er und stellte fest, daß es
noch besser wäre, sie nicht nur zu nehmen, sondern zunächst richtig zu
demütigen.
»Und schließlich hat dich das Schicksal nach Washington
geführt?«
»Auf Umwegen. Im Moment bin ich zufälligerweise die rechte
Hand des Senators aus Tennessee.«
»Du machst Witze.«
»Absolut nicht. Und ich habe die Absicht, auf der
Karriereleiter noch sehr viel höher zu klettern.«
Sie brauchte einen Moment, um sich zu fangen. »Nun, das paßt
zu dir. In der Politik sind Schwindel und Betrug ja an der
Tagesordnung. Aber meinst du nicht, deine früheren Eskapaden könnten
sich vielleicht nachteilig auf deine ehrgeizigen Pläne auswirken?«
»Im Gegenteil. Durch meine schwierige Kindheit bin ich
besonders prädestiniert dafür, mich um die Probleme unserer Kinder zu
kümmern, unserem wertvollsten Gut. Außerdem bin ich ein Vorbild dafür,
was man aus sich machen kann.«
»Vermutlich hast du in deinem Lebenslauf nicht angegeben, daß
du ein unwissendes Kind benutzt hast, um dessen Freunde zu bestehlen.«
»Was waren wir für ein Team!« Er lachte, als ob seine
Diebeszüge nur harmlose Scherze gewesen seien. »Und ein noch weitaus
besseres Team würden wir jetzt abgeben.«
»Leider muß ich dir sagen, daß diese Vorstellung mich geradezu
anekelt.« Mit einem Lächeln löste sie sich aus seinen Armen und wollte
gehen, doch er packte so fest nach ihrer Hand, daß sie zusammenzuckte.
»Ich glaube, es gibt manches, was wir am besten begraben sein
lassen, findest du nicht auch, Roxanne? Denn falls du plötzlich das
dringende Bedürfnis hättest, über einen alten Bekannten zu tratschen,
müßte ich es euch mit gleicher Münze heimzahlen.« Sein Blick war eisig,
als er sie näher an sich heranzog. Für jeden unbefangenen Beobachter
schien es, als wollten sie sich küssen. »Ich habe New Orleans nicht
sofort verlassen, sondern es mir zur Aufgabe gemacht, die Augen
offenzuhalten, Fragen zu stellen und soviel wie möglich in Erfahrung zu
bringen. Falls ich mich nicht sehr irre, würdest du es bestimmt
vorziehen, daß manches nicht ans Licht kommt.«
Sie spürte, daß ihr die Farbe aus dem Gesicht wich. »Ich weiß
nicht, wovon du redest. Laß mich los, du tust mir weh.«
»Es wäre mir lieber, wenn ich das nicht bräuchte.« Er lockerte
seinen Griff. »Es sei denn unter anderen, erfreulicheren Umständen, zum
Beispiel bei einem
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