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Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Downer
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und stark. Nicht wahr, Kiharu?«
    Widerstrebend tauchte Taka ihre Stäbchen in das rohe Ei im Schälchen vor ihr, verquirlte es und nahm eine Scheibe von dem grau gebratenen Fleisch, ohne allzu sehr auf Fujinos nun nicht mehr geschwärzte Zähne zu schauen. Jedes Mal, wenn Fujino sprach, konnte Taka die Zähne ihrer Mutter auf peinlichste Weise blitzen sehen. Sie fragte sich, was die Bedienungen von ihnen denken mochten, ob sie Fujino dafür bewunderten, so modern zu sein, oder sie einfach nur für verschroben hielten. Vermutlich Letzteres, dachte Taka. Wenigstens behielt Tante Kiharu ihre Zähne auf ehrbare Weise geschwärzt.
    »Komm schon, Kiharu, raus damit.« Fujino und Tante Kiharu steckten die Köpfe zusammen und redeten halblaut miteinander. Wenn sie sich trafen, verwandelten sie sich wieder in Geishas, schwatzten und kicherten den ganzen Abend über Kabuki-Schauspieler, die sie beide kannten, und benutzten dabei deren Spitznamen. Geishas waren natürlich Unterhalter, gehörten demselben niederen Stand an wie Schauspieler, und man war seit Langem befreundet.
    »Was die Dritte Generation betrifft«, zwitscherte ihre Mutter dann und meinte Kikugoro, den dritten aus einer Schauspielerdynastie, »der ist unverbesserlich. Man würde doch meinen, zwei wären genug, aber er zieht los und sucht sich noch einen Liebhaber – und so jung. Ehrlich, der Junge könnte sein Enkelsohn sein.« Oder, mit einem abfälligen Wedeln ihres Fächers: »Der Ältere Bruder«, womit der große Uzaemon gemeint war, »hat auch ziemlich nachgelassen. Ich habe neulich Abend einen Auftritt von ihm gesehen. Er sollte in den Ruhestand gehen und die Bühne Jüngeren überlassen.«
    Für gewöhnlich achtete Taka wenig auf das Geplauder der beiden alternden Frauen. Aber heute schien die Unterhaltung eine andere Wendung zu nehmen.
    »Sei doch nicht so gemein, Kiharu«, sagte Fujino in ihrem schmeichelndsten Ton, als wollte sie einen Kunden beschwatzen. Sie nahm einen Schluck warmen Sake und behielt ihn einen Moment im Mund, bevor sie schluckte. »Lass mich nicht im Dunkeln tappen. Ich weiß doch, dass dein Liebhaber dir alles Mögliche erzählt, wenn ihr auf euren Futons liegt. Was ist er noch mal? Minister der Verteidigung, nicht wahr, oder war es des Inneren? Irgendein Minister jedenfalls. Komm schon, sei lieb. Selbst meine Dienstboten wissen, dass da etwas vorgeht. Ein weiterer Aufstand, oder?«
    Ihr Stuhl knackte, als sie ihre Turnüre zurechtrückte und Taka dabei einen Seitenblick zuwarf. Taka spielte mit dem zähen grauen Fleisch und hoffte, ihre Mutter bemerkte nicht, dass sie nichts davon gegessen hatte.
    Tante Kiharu scheuchte die Bedienungen fort. Sie warf einen Blick über die Schulter, als befürchtete sie, jemand könnte sie belauschen. »Das war in Hagi, in Choshu im Südwesten. Erinnerst du dich an Issei Maebara?«
    »Dieser Choshu-Kerl mit dem Pferdegesicht und dem wirren Haar? Natürlich. Der war kaiserlicher Ratgeber und Vize-Heeresminister. Er ist vor Jahren zurückgetreten, und danach haben wir nie wieder ein Wort von ihm gehört.«
    Tante Kiharu zögerte. »Das Gerücht kursiert, es habe einen Aufstand gegeben – nur ein Gerücht, wohlgemerkt – und dass er dahintersteckte.«
    »Das wären dann drei Aufstände in – wie viel? – fünfzehn Tagen.« Fujino beugte sich vor, die Stäbchen erhoben, und kaute mit funkelnden Augen auf der Unterlippe. »Und was ist passiert?«
    »Angeblich haben er und seine Männer das Arsenal überfallen, die Provinzkasse geplündert und sich mit Geld und Waffen eingedeckt. Dann hat die Regierung Wind davon bekommen und Truppen geschickt. Wieder so ein verrückter Protest gegen die Regierung, weil sie die Stipendien der Samurai eingestellt hat – so sieht es wenigstens mein Danna.« Mit blitzenden Augen sah sie Takas Mutter an. Was immer Tante Kiharus Danna – ihr Gönner und Liebhaber – sagte, war unumstößlich und daher nicht infrage zu stellen.
    »Für ihn mag das ja gut und schön sein«, erwiderte Fujino ungehalten. »Er hat seine Stellung. Was sollen diese Männer ohne ihre Stipendien machen? Sie dürfen keine Schwerter mehr tragen, sie mussten ihre Haarknoten abschneiden, es gibt keine Kriege mehr auszufechten. Von irgendetwas müssen sie ja leben.«
    »Mein Danna sagt, auf dem Land gibt es auch Aufruhr. Die Bauern bewaffnen sich.«
    Taka blickte aufgeregt von einer zur anderen. Ein Aufstand, und man hatte Truppen entsandt, um ihn niederzuwerfen? Vielleicht war Nobu in den Kampf

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