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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Verbannungsgebiet von Jenisseisk nach hier umgesiedelt worden war, nachdem man Ignat Iwanowitsch Dronow begnadigt hatte. Er war früher Lehrer in Kiew gewesen und wurde 1888 zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurteilt, weil er in der Schule gelehrt hatte, der Mensch, ganz gleich ob Großfürst oder Muschik, sei frei geboren. Das legte man als revolutionäre Rede aus. Zwanzig Jahre, bis 1908, lebte Dronow in Sibirien, in der Verbannung, schlug Steine aus den Steinbrüchen, ließ seine Frau nachkommen, zeugte in den Besuchstagen vier Kinder und bekam nach zwanzig Jahren Fronarbeit ein Stückchen Sumpfland bei Tjumen und seine begrenzte Freiheit mit dem Auftrag, den Sumpf zu kultivieren. Das war, wie gesagt, vor zehn Jahren. Nun ging Dronow umher als weißhaariger, armer Mann, lebte wie alle armen Muschiks von der Erde, die er bebaute, und liebte noch immer den Zaren. Er hielt ein Bild der Zarenfamilie hinter zwei losen Brettern seiner Zimmerwand verborgen, als die Revolution den neuen Geist proklamierte, und als man die Zarenfamilie erschoß, weinte er ehrlich. Man kann's nicht verstehen, nach dreißig Jahren Sibirien … aber er war nun eben ein Russe!
    Nadja pflegte Gurjew drei Wochen lang, strich Salben auf sein Gesicht, verband die Kopfwunde, die zu eitern begann, und besorgte mit den Rubeln, die sie als kleine Röllchen aus den Nähten ihrer Kleider trennte, in Tjumen alles das zum Essen, was neue Kraft gab: Fleisch, Butter, Speck und Schinken. Fische fing Dronow selbst in der Tura … man aß sie teils gebraten oder gesotten, teils stellte Dronow aus den fetten, saftigen Lachsen eine Art Tran her, den Gurjew trinken mußte.
    Mit der Kraft kam auch sein Tatendrang wieder. Nadja hatte sich damit abgefunden, in Tjumen zu bleiben, bis ein neues Rußland entstanden war. Noch durchzitterte der Bürgerkrieg das Land … der Kampf der Roten gegen die Weißen zog wie eine Flammenwand von Süden, wo General Denikin die Weiße Armee befehligte, zum Ural und in Richtung Moskau … durch Sibirien galoppierten die Regimenter des Admirals Koltschak, eroberten eine Stadt nach der anderen und trieben die Bolschewisten vor sich her wie Füchse auf einer Treibjagd.
    »Wenn wieder Ruhe ist«, sagte Nadja in diesen Tagen, »kehren wir zurück nach Podunskoje.«
    Nikolai Gurjew dachte anders. Gestärkt saß er mit Ignat Iwanowitsch Dronow vor einem alten Atlas. Der ehemalige Lehrer erklärte ihm, was ihn erwartete, wenn er etwa nach Süden ziehen würde, um Anschluß an die Armee des Generals Denikin zu bekommen.
    »Wird es möglich sein, Ignat Iwanowitsch, daß wir Persien erreichen?« fragte Gurjew an einem dieser langen Abende.
    Dronow sah auf die Karte. »Möglich ist es«, sagte er. »Aber der Weg, Nikolai Georgijewitsch! Dieser Weg! Den ganzen Tobol hinauf, bis Orsk. Wenn Sie Glück haben und die Roten die Bahnlinie nicht gesprengt haben, geht es dann weiter mit der Kleinbahn nach Aralsk und Kasalinsk. Aber dann, Herr Hauptmann? Da ist die Wüste Kysyl-Kum und die Wüste Kara-Kum, und ehe Sie Buchara oder Aschchabad erreichen, hat man Sie längst umgebracht. Wenn nicht die Roten oder die Weißen, so die Räuberbanden, die dort das Gebiet beherrschen. Und dann der Gebirgsriegel nach Persien, der Koper-Dag!« Dronow schüttelte den Kopf. »Es ist ausgeschlossen, Herr Hauptmann.«
    Gurjew sah das ein. Der Plan, Rußland auf diesem Weg zu verlassen, war zu dieser Zeit undurchführbar. Nur eine Möglichkeit gab es … einen Seehafen erreichen, wo auch ausländische Dampfer und Handelsschiffe anlegten. Sewastopol etwa auf der Krim oder der große Hafen von Wladiwostok am Japanischen Meer. Zwischen beiden Häfen und Tjumen aber lagen Tausende von Werst.
    Gurjew fuhr mit dem Zeigefinger über den Atlas. Rostow, Saratow, Kasan … das waren Orte, die man erreichen konnte. Mit guten Pferden, zur Not auch mit einem Bauernwagen. Von Süden herauf zog die Armee des Generals Denikin … man sollte ihr entgegenfahren, wieder die Uniform der Zarentreuen anziehen und die Rotarmisten vor sich hertreiben oder in den Boden stampfen.
    »Können Sie mir einen Wagen geben?« fragte Gurjew in der vierten Woche. Er war seit Tagen unruhig. Wie ein gefangenes Tier lief er im Haus umher, rannte am Fluß entlang, saß im Garten und starrte auf die am Himmel vorbeitreibenden Sommerwolken. »Von mir aus einen Tarantas. Aber ein gutes Pferd muß davor.«
    Dronow versprach nichts, aber er redete heimlich mit Nadja.
    »Was soll es?« fragte er. »Nikolai will

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