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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verschlafenen Schwester vorbei, bis hinauf zum Kreißsaal, wo er sie auf ein Bett legte.
    »Wo ist der Arzt?« fragte er.
    »Der Doktor schläft. Er kommt morgen früh.« Die Schwester beugte sich über Nadja, schob dann das Nachthemd empor, entblößte den hohen weißen Leib und griff in eine Schale mit Gummihandschuhen. »Gehen Sie bitte hinaus …«
    »Der Arzt muß her!« rief Gurjew. »Ich habe ihn bezahlt, damit er hier ist und nicht in seinem warmen Bett schläft! Wecken Sie ihn!«
    »Das ist unmöglich! Und warum denn? Wegen einer Geburt? Das habe ich schon hundertmal gemacht.« Die Schwester streifte die Gummihandschuhe über. Nadja zog die Beine an, ein stechender Schmerz durchschnitt sie. Ihr weißer Körper überzog sich plötzlich mit Schweiß, ihre Augen wurden trüb.
    »Und wenn Sie es tausendmal gemacht haben – hier geht es um Nadja Gurjewa! Ich will den Arzt!« schrie Gurjew.
    »Dann holen Sie ihn!« schrie die Schwester zurück.
    »Wo ist der Faulpelz?«
    »Auf Zimmer neunzehn.«
    Gurjew rannte aus dem Zimmer. Er suchte auf der ersten Etage die Nummer 19, riß die Tür auf und fand den Arzt in tiefem Schlaf. Alkoholdunst lag schwer im Raum. Der Doktor war betrunken.
    Nach einer Stunde Kampf, in der Gurjew den Arzt zum Wasserhahn schleifte und den Kopf des Betrunkenen unter den eiskalten Strahl hielt, war der Doktor endlich so weit, daß er seine Hose anzog und mit Gurjew hinauf zum Kreißsaal ging. »Schwester Nastja ist ein gutes Mädchen!« lallte er auf dem Weg. »Sie holt die Kinder wie andere Äpfel vom Baum! Ein gutes Mädchen! Hören Sie …« Er blieb stehen und hob die Hand. Schwach tönte ein Kinderweinen durch den stillen Flur. Das Greinen eines Säuglings. »Es ist da! Es ist schon da!«
    Gurjew ließ den Arzt stehen und rannte zum Kreißsaal.
    Nadja lag auf dem Tisch, entspannt und erschöpft. Das Hemd hatte sie über ihren Brüsten zerfetzt.
    »Niki …«, sagte sie müde.
    »Nadjuscha!« Er fiel vor ihr in die Knie und legte seine Stirn auf ihre herabhängende, heiße Hand. »Mein Engel …«
    »Ein Mädchen ist's«, sagte die Schwester vom Waschbecken her. »Ein kräftiges Mädchen. Fast sieben Pfund! Wo ist der Doktor, he?«
    Gurjew gab keine Antwort. Er küßte Nadjas Hände und hörte mit geschlossenen Augen das leise Weinen seines Kindes.
    »Es soll Helena heißen«, sagte Nadja und legte ihre Hand auf Gurjews Kopf. »Helena, wie meine Mutter, die ich nie vergessen werde …«
    Am 18. November 1918 verkündete Admiral Koltschak in Omsk das Ende der bolschewistischen Revolution. Er erklärte die ›Direktoriumsregierung‹ für abgesetzt und rief sich selbst zum ›Regenten der antibolschewistischen Regierung von Sibirien‹ aus. Er verkündete Gesetze und erließ einen Aufruf an alle ehemaligen Offiziere, für das Wohl der Heimat, für das ewige Rußland, für die Freiheit des Volkes sich zu den Armeen zu melden und den Rest der Roten zu vernichten.
    Nikolai Gurjew las diesen Aufruf in der Zeitung und an den Plakatsäulen. Sein Herz jubelte. Die Stunde, auf die er gewartet hatte, war gekommen.
    Das Kind war geboren. In zehn Tagen, so sagte man ihm, konnte Nadja das Krankenhaus verlassen. Zehn Tage! Das war eine lange Zeit. Sie reichte aus, um den Hauptmann Gurjew in allen Ehren wieder aufzunehmen.
    Wie ein übermütiger Junge rannte Gurjew nach Hause. Er zog seine Uniform an, bürstete sie aus, rasierte sich noch einmal. Dann verließ er stolz das Zimmer und traf auf der Treppe den Schneider Klobkow. Entgeistert sank dieser gegen die Wand und riß den Mund auf. Dann rannte er fort, rief seine Familie zusammen, trank zwei Gläschen Wodka und sagte: »Nun ist es heraus! Ein hoher Offizier! Bei uns unterm Dach! Verdammt noch mal – und ich habe nur fünfzig Rubel Miete verlangt!«
    Die Kommandantur lag in der Nähe des Hafens. Gurjew hatte sie oft umstrichen wie ein Fuchs einen Gänsestall. Er kannte die Wachen, er kannte die Wachoffiziere, er kannte alle Namen des Stabes.
    Mit großen Schritten durcheilte er die Stadt, kümmerte sich nicht um die verwunderten Blicke der Bürger, die dem großen Mann in der geflickten Uniform nachsahen, und es tat ihm geradezu wohl, daß die Wachen vor der Kommandantur präsentierten, als er die Eingangshalle betrat. Ein Leutnant starrte ihn entgeistert an.
    »Zu General Karsanow«, sagte Gurjew mit dem Ton, den jeder Uniformträger versteht. »Ich bin Nikolai Georgijewitsch Gurjew von der Garde des Zaren.«
    Der junge Leutnant verschwand in

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