Die Todesgöttin
zurückgekehrt sein oder versuchen, uns eine Falle zu stellen.«
Wir schauten uns an. Jeder wollte die Meinung des anderen wissen.
»Eine Falle?« Bill zuckte mit den Achseln. »Ich weiß nicht so recht, ob sich das noch lohnt. Denn er wird gesehen haben, was wir mit den Dienern angestellt haben. Ich glaube eher, dass er im Schmollwinkel sitzt.«
Mandra lächelte. »Bill, das ist eine irrige Annahme. Da kennst du die indischen Dämonen nicht. Da sitzt niemand im Schmollwinkel. Denk doch mal nach. Sie haben uns mehrere Warnungen geschickt. Vor allen Dingen euch. Das begann in London, setzte sich während des Fluges fort und jetzt hier. Nein, mein Lieber, es wird noch harte Kämpfe genug geben, darauf kannst du dich verlassen. Beim nächsten mal werden sie vorsichtiger sein, Bill.«
»Wir aber auch«, erwiderte der Reporter im Brustton der Überzeugung.
»Sicher.« Mandra nickte.
»Was hält uns hier noch länger?« fragte Suko.
Das genau war das Stichwort. Wir gingen wieder zurück zum Wagen und verließen die makabere Verbrennungsstätte, die fast für uns zu einer Todesfälle geworden wäre.
In Kalkutta waren die Lichter angegangen. Weit vor uns sahen wir das Schimmern. Die hohen Bauten der großen Hotels überragten alles. Sie standen wie eine gewaltige Wand, die sich in die Höhe schob und von zahlreichen Lichtern zu einem regelrechten Kunstwerk gemacht wurde.
Der krasse Gegensatz waren die Viertel der Armen. Hier besaßen die Menschen kein elektrisches Licht, dafür brannten trübe Petroleumfunzeln oder einfach nur Feuer. Darum herum saßen die Menschen im flackernden Schein. Sie wirkten wie gespenstische Wesen, die sich hierher verirrt hatten.
Langsam rollten wir wieder in die gewaltige Innenstadt. Keiner von uns sprach. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, und es lag auf der Hand, dass diese nicht gerade optimistisch waren.
Das Härteste stand uns noch bevor. Mit fast hundertprozentiger Sicherheit würden wir in den Dschungel müssen. Zum Glück gab es da einen Piloten namens Jim. Marlowe. Er konnte uns den Weg zeigen, den er schon einmal geflogen war.
Als wir das Haus des Mandra Korab erreichten, empfing uns schwerer Blütenduft. Er vertrieb die Gerüche des Armenviertels, die noch immer in unseren Nasen saßen.
Im Haus war alles ruhig. Hinter einigen Fenstern brannte Licht. Einmal sahen wir den Schatten eines Dieners durch das helle Rechteck huschen.
Eine Gefahr schien hier wirklich nicht zu lauern. So jedenfalls dachten wir.
Mandra Korab stoppte den Ford neben dem Gebäude. Als wir ausstiegen, verließ ein Mann das Haus.
Bill Conolly stieß einen überraschten Ruf aus. »Verdammt, das ist doch Jim Marlowe.«
Der Reporter hatte sich nicht getäuscht. Der Mann, der soeben über die Schwelle trat, war tatsächlich der Pilot. Er winkte uns sogar zu.
Mandra erreichte ihn als erster. »Gibt es irgend etwas Neues?« fragte er.
»Eigentlich nicht.«
»Was heißt eigentlich.«
»Kommen Sie, ich will es Ihnen zeigen.« Marlowe drehte sich um, doch Mandra hielt ihn an der Schulter fest.
»Moment noch.«
Gegen den Griff des Inders hatte Jim Marlowe keine Chance. Er stemmte sich auch nicht dagegen, sondern schaute Mandra Korab an.
Wir waren interessiert nähergetreten und sahen zu, wie sich Mandras Augenbrauen zusammenschoben. Das Licht einer außen am Haus hängenden Lampe fiel auf beide Männer, so dass wir ihre Gesichter gut erkennen konnten.
»Sprechen Sie! Was ist geschehen?« fragte der Inder.
»Sie waren hier.«
»Wer?«
»Die andere Seite.«
Mandra Korab räusperte sich. »Marlowe, reden Sie hier keinen Unsinn. Ich will eine genaue Auskunft, verstanden? Welche andere Seite war hier? Wie viele?«
»Nur einer.«
»Wie sah er aus?«
Jim. Marlowe beschrieb uns den Mann, den wir auch am Fluß gesehen hatten.
Der Inder schaute uns an. »Da kann er recht haben. Das muss ihr Leibwächter gewesen sein.«
»Er hat sich als Sabra, der Köpfer vorgestellt«, erklärte der Pilot.
»Und? Hat er etwas getan?«
Jim Marlowe nickte. Jeder von uns sah sein blasses Gesicht und auch den Schweiß, der auf seiner Haut lag.
»Reden Sie!«
»Er… er hat einen Ihrer Diener getötet. Mit einem Schwert hat er ihm den Kopf abgeschlagen.«
Jetzt war es heraus. Für einen Moment standen wir vor Entsetzen starr.
Die Grausamkeit dieses Wesens schockierte uns zutiefst. Es hatte einen völlig harmlosen Menschen umgebracht, obwohl kein Grund vorlag.
Lag wirklich kein Grund vor?
Ich war mir da nicht so
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