Die Tonne mit dem Totenkopf
Kugelschreiber schwenkte er wie eine Fahne über dem Kopf.
„Ich habe den Code herausgefunden! Es ist mir gelungen!“ verkündete er stolz.
Lieselotte beeindruckte das nicht sehr.
„Meine Idee war, alle Kombinationen durchzuprobieren“, erklärte der Junge. „Schließlich konnten es höchstens 999 sein. Die richtige Folge lautet: einmal den roten Knopf, dreimal den blauen und sechsmal den schwarzen Knopf drücken. Horcht!“
Er hielt den anderen den Kugelschreiber hin und gab die Code-Kombination ein. Lilo seufzte gelangweilt. Die verzerrte Stimme eines Mannes erklang. Er sprach abgehackt und schnell. Und er sprach eindeutig nicht Deutsch.
„Diesen Wunderkuli wird wahrscheinlich ein Urlauber bei einer Wanderung verloren haben“, murmelte das Superhirn. Doch Dominik war anderer Meinung. „Erinnert euch der Klang dieser Sprechweise nicht an den Chinesen? Allerdings spricht er diesmal Englisch! Man kann ihn leider nur schwer verstehen.“
Dominik ging Lieselotte langsam auf die Nerven. „Paß auf, wir haben jetzt andere Sorgen“, schnauzte sie ihn an. „Axel ist fort, und wir haben keine Ahnung, wo er stecken könnte.“
Jetzt hatte Dominik genug. „Der taucht schon wieder auf, brummte er sauer. „Und ich glaube weiterhin, daß dieses Diktiergerät ein wichtiger Schlüssel in dem Fall der seltsamen Tonnen ist. Wir müssen herausbekommen, wie der Text lautet.“
Lilo wußte, daß Dominik nicht aufgeben würde. Deshalb ließ sie ihr Ohr gnädig zu dem Kuli herab. Dominik spielte ihr die Nachricht noch einmal vor.
„Monster-Gift!“ murmelte Lieselotte. „Irgend etwas mit Abfall... Produkt... Kampfwaffe... Krieg!“ übersetzte sie weiter. „...unbezahlbar! Formel zerstört... Rest in Tonne mit...!“ Erwartungsvoll blickte Dominik sie an. Lilo hob den Kopf und zuckte mit den Schultern. „Jetzt ist nur noch ein Rauschen zu hören. Mehr verstehe ich leider auch nicht! Aber du hast recht gehabt. Dieser Kuli ist ein wichtiger Schlüssel. Vor allem ist jetzt eines klar: Hier geht es nicht nur um Giftmüll.“
Das Mädchen wußte, da war etwas anderes im Gange.
„Paßt auf, wandte sich Lilo an ihre Knickerbocker-Kumpels, „ich habe den schweren Verdacht, daß Axel wirklich in den Lastwagen mit den Giftfässern gestiegen ist.“
Poppi schlug vor Schreck die Hände vor das Gesicht.
„Genau das dürfen wir nicht machen“, kommandierte Lilo mit einem strengen Blick auf das Mädchen. „Unser Motto heißt: so tun, als wäre alles in Ordnung. Axel weiß genau, was er macht. Tante Fee darf keinen Verdacht schöpfen. Wir müssen abwarten, bis wir eine Nachricht von ihm bekommen. Vielleicht können wir dann beweisen, was es mit diesen Fässern auf sich hat!“
Axel saß in der Falle. Gleich nachdem der Fahrer den Motor angelassen hatte, war er noch einmal ausgestiegen. Er war um den Wagen gegangen und hatte die hintere Plane, die bis dahin aufgerollt war, heruntergelassen.
Seither waren zwei Stunden vergangen. Der Fahrer schien größere Straßen zu meiden und dafür nur über holprige Feldwege mit tiefen Löchern zu fahren. Axel wurde kräftig durchgeschüttelt und hatte alle Mühe zu verhindern, daß die Fässer auf ihn rutschten und ihn erdrückten. Immer wieder mußte er sich mit beiden Beinen dagegenstemmen.
Der Motor dröhnte laut, und aus der Fahrerkabine kam Radiomusik.
Axel spürte, wie sein Magen nach Essen verlangte.
Außerdem hatte er entsetzlichen Durst. „Worauf habe ich mich da nur eingelassen?“ dachte er verzagt.
„Hallo? Hallo?“ brüllte der Dickbauch im Fahrerhaus. „Hallo? Ist dort die Firma ,Penelope’...? Ah, Sie sind es höchstpersönlich. Habe Sie an der Stimme nicht erkannt. Das Ding rauscht so...“
„Der Wagen hat sogar ein Autotelefon“, staunte Axel im stillen und lauschte. Vielleicht konnte er etwas von dem Gespräch mitbekommen. Doch der Mann hinter dem Lenkrad war äußerst wortkarg.
„Ich bin’s... alles okay... wie vereinbart! Schlüssel zur Deponie und den Stampfer habe ich mir schon vorher besorgt. Sie haben es mit keinem Anfänger zu tun!“
Aus! Das war bereits das Ende des Gesprächs.
Axel warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
Es war kurz nach acht Uhr am Abend. Was würden die anderen jetzt tun? Er mußte eine Möglichkeit finden, sich mit ihnen in Verbindung zu setzen. Aber wie?
Trotz angestrengten Nachdenkens fand Axel keine Möglichkeit. Die Hitze und die muffige Luft im Lastwagen machten ihn immer müder und müder. Schließlich
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