Die Tore der Welt
Fotze
sehen!«, flüsterte er. »Er reibt sie!«
»Komm weg da«,
sagte Godwyn. »Wir haben genug gesehen — zu viel.« Philemon zögerte, so
fasziniert war er, löste sich dann aber widerwillig von dem Loch und schob den
losen Stein wieder zurück.
»Wir müssen die
Unzucht des Bischofs sofort aufdecken!«, erklärte er.
»Halt den Mund und
lass mich nachdenken«, sagte Godwyn.
Wenn er tat, was
Philemon vorschlug, würde er sich damit Richard und dessen mächtige Familie zu
Feinden machen — und das grundlos. Aber es musste doch einen Weg geben, wie man
dieses Wissen zum eigenen Vorteil nutzen konnte! Vielleicht würde Bischof Richard
ihm ja dankbar dafür sein, wenn er das Geheimnis für sich behielt…
Das klang schon
vielversprechender. Aber wenn es funktionieren sollte, musste Bischof Richard
erfahren, dass Godwyn ihn schützte.
»Komm mit«,
forderte Godwyn Philemon auf.
Philemon schob den
Schrank wieder an seinen Platz zurück.
Godwyn fragte sich,
ob das Scharren des Holzes auf dem Stein wohl im angrenzenden Raum zu hören
war. Er bezweifelte es — und außerdem waren Richard und Margery viel zu sehr
beschäftigt, als dass sie Geräusche im Nachbarzimmer gehört hätten.
Godwyn stieg die
Treppe hinab und eilte durch den Kreuzgang, Philemon im Schlepptau. Zwei
Treppen führten in die Privatgemächer: eine vom Erdgeschoss des Hospitals und
eine von draußen.
Letztere gestattete
es wichtigen Besuchern, nach oben zu gelangen, ohne vorher am gemeinen Volk
vorbei zu müssen. Godwyn eilte die Außentreppe hinauf.
Vor dem Gemach, in
dem Richard und Margery lagen, blieb er stehen und sagte leise zu Philemon:
»Folge mir hinein. Tu nichts.
Sag nichts. Geh,
wenn ich gehe.«
Philemon stellte
seinen Besen ab.
»Nein«, sagte
Godwyn. »Nimm ihn mit.« »Na gut.«
Godwyn warf die Tür
auf und ging hinein. »Ich möchte, dass diese Kammer makellos sauber ist«, sagte
er laut. »Wisch jede Ecke und … oh! Ich bitte um Verzeihung! Ich dachte, hier
wäre niemand!«
In der kurzen
Zeitspanne, die Godwyn und Philemon benötigt hatten, um vom Dormitorium hierher
zu kommen, waren die Liebenden auf dem Weg der Leidenschaft weiter
vorangeschritten.
Richard lag nun auf
Margery, sein langes Bischofsgewand war vorne angehoben. Ihre wohlgeformten
weißen Beine ragten links und rechts von des Bischofs Leibesmitte empor. Was
sie taten, war eindeutig.
Richard hielt in seinen Stößen inne und
schaute zu Godwyn hinauf.
Seine Miene war
eine Mischung aus Wut, Erschrecken und banger Schuld. Margery stieß einen
entsetzten Schrei aus; auch sie starrte Godwyn furchtsam an.
Godwyn zog den
Augenblick bewusst in die Länge. »Bischof Richard!«, sagte er und spielte den
Überraschten. Er wollte, dass Richard genau wusste, dass er erkannt worden war.
»Aber wie … und Margery?« Er gab vor, plötzlich zu verstehen. »Verzeiht mir!«
Godwyn machte auf dem Absatz kehrt und rief Philemon zu: »Raus! Sofort!« Den
Besen noch immer in der Hand, huschte Philemon zur Tür hinaus.
Godwyn folgte ihm,
drehte sich in der Tür aber noch einmal um, damit Richard sich auch ganz
bestimmt sein Gesicht einprägte. Die beiden Liebenden waren noch immer wie
festgefroren, erstarrt in körperlicher Vereinigung, doch ihre Gesichter hatten
sich verändert.
In der universellen
Geste überraschter Schuld hatte Margery die Hand vor den Mund geschlagen.
Richards Miene wiederum war eiskalt und berechnend geworden. Er wollte etwas
sagen, wusste aber nicht was. Godwyn beschloss, sie von ihrem Elend zu erlösen.
Er hatte alles
getan, was er hatte tun müssen.
Godwyn ging
endgültig hinaus — und dann, kurz bevor er die Tür schloss, erstarrte er vor
Schreck. Eine Frau kam die Treppe hinauf.
Für einen
Augenblick überkam Godwyn grelle Panik. Es war Philippa, die Gemahlin des jüngeren
Sohnes von Graf Roland.
Godwyn erkannte
sofort, dass das Geheimnis von Richards Schuld augenblicklich an Wert verlieren
würde, wenn jemand anders davon erfuhr. Er musste Richard warnen. »Lady
Philippa!«, sagte er mit lauter Stimme. »Willkommen in der Priorei von Kingsbridge!«
Schnelles Rascheln
und Schlurfen war hinter ihm zu hören. Aus dem Augenwinkel heraus sah Godwyn,
wie Richard aufsprang.
Glücklicherweise
ging Lady Philippa nicht einfach an Godwyn vorbei, sondern blieb stehen, um mit
ihm zu reden. »Vielleicht könnt Ihr mir ja helfen.« Von dort, wo sie stand,
konnte sie die Kammer nicht
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