Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
Rücken. Sie fuhr herum und konnte sich eines Anflugs von Mitleid nicht erwehren, als sie die Sonne durch eine Öffnung im Blattwerk scheinen sah. Der letzte Mann war nicht einmal zehn Schritte vom offenen Gelände entfernt gewesen.
Andererseits, sagte sie sich, hätte sich wahrscheinlich das, was sie gejagt hat, auch nicht von Sonne und weißem Sand abhalten lassen.
Sie dachte daran, zu Lenk zurückzukehren und ihm diese Geschichte zu erzählen. Vermutlich lag er noch an derselben Stelle, an der sie ihn zurückgelassen hatte, dachte sie etwas ärgerlich. Wenn er sich wirklich nicht gerührt hatte, dann würde dieser unbekannte Charakter aus der Geschichte, der diese drei Männer ausgelöscht hatte, vermutlich früher oder später auch über ihn stolpern.
Andererseits … Sie zuckte nachdenklich mit den Ohren. Ist das wirklich nötig? Wenn diese Männer erst kürzlich gestorben wären, hätte ich sie gehört, oder nicht? Ein Mann, der sich beim Sterben vollpisst und vollscheißt, bewegt sich nicht lautlos. Was auch immer ihn getötet hat, ist sehr wahrscheinlich weit weg, stimmt’s?
Stimmt .
Sie ging einen Schritt weiter.
Und wenn es doch über ihn stolpert? Er ist ein großer Mensch … voll ausgewachsen, behauptet er jedenfalls. Er kann auf sich aufpassen. Und wenn nicht, was machte das schon? Er ist nur ein Mensch, und schon bald ein Mensch weniger. Ist doch besser so, richtig?
Richtig. Also gehen wir.
Ihre Füße bewegten sich nicht, schienen ihren mentalen
Disput nicht gehört zu haben. Sie blickte zu Boden und seufzte.
Verdammt!
Natürlich musste sie zu ihm zurückgehen. Er war hilflos gewesen, hatte sich wie ein klagendes Kind auf dem Boden zusammengerollt. Ein Kind mit einem großen Schwert, sagte sie sich, aber trotzdem. Ihr Stolz durfte nicht sein Ende herbeiführen; Stolz war ein menschlicher Makel. Und auch wenn er ein Mensch war, er war einer von ihren Menschen.
Sie rollte mit den Schultern und rückte den Bogen zurecht. Aber sie hatte erst einen halben Schritt gemacht, als sich ihr der Epilog zeigte.
Ein Geruch drang ihr in die Nase, ein Geruch, der durch das Umschlagen des Windes stärker wurde. Sie warf einen Blick über die Schulter, spähte zum Strand und sah den Rauch. Wie Geister wehten Fäden aus grauem Rauch träge in der Brise, trieben den Strand herunter.
Ihre Nasenflügel weiteten sich, der Geruch wurde schwer, beißend, stank nach zu lange gekochtem Fleisch. Erstickte Schreie schienen auf seinen langen grauen Fäden zu reiten. Ihre Ohren zitterten, und ihre Nasenflügel zuckten, als sie nach dem Bogen griff.
Sie vergaß Lenk, der hilflos und wehklagend dalag, und drehte sich zum Strand um. Lenk würde warten, das wusste sie, und er würde da sein, wenn sie zurückkehrte.
Doch jetzt musste Kataria erst einmal herausfinden, wie die Geschichte endete.
»Wohin geht es?«
»Der Sklave kehrt zu seinem Herrn zurück wie der Parasit zu seinem Wirt.«
»Bist du sicher?«
»Spürst du das nicht?«
»Ich kann es hören.«
»Dann folge ihm.«
Lenk hatte keine Wahl. Seine Füße bewegten sich auch ohne seine Einwilligung, seine Beine schritten aus, ungeachtet der Wurzeln und des Dickichts. Ihm war zwar bewusst, dass sie taub waren, aber er kämpfte nicht dagegen an. Und ebenso war ihm klar, dass er mit einer Stimme in seinem Kopf redete, und dennoch schwieg er nicht.
Die Stimme hatte mit weit weniger Nachdruck gesprochen, und ihre Worte waren nicht mehr so kalt wie zuvor. Er empfand sie jetzt nicht mehr wie eine verbale Schraubzwinge, die seinen Kopf zwischen ihren eisigen Backen zerquetschte. Sie fühlte sich eher wie ein Instinkt an, wie die Stimme des gesunden Menschenverstandes.
Kurz, es fühlte sich richtig an.
»Hilf mir!«, rief eine andere Stimme. »Bitte, Zamanthras, steh mir bei!«
Der Schrei schmerzte in seinen Ohren.
Er sah hoch. Das Omen schien es nicht eilig zu haben,
während es seinen plumpen Körper mit den dürren Beinen von Ast zu Ast bewegte. Gelegentlich hielt es inne und sah zu ihm herab, als wollte es sich überzeugen, dass er ihm noch folgte. Als er über eine Wurzel stolperte, wartete es sogar, bis er es wieder eingeholt hatte.
»Es will, dass wir ihm folgen«, murmelte Lenk. »Es führt uns in eine Falle.«
»Es führt uns zum Unausweichlichen«, antwortete die Stimme. »Sein Meister weiß jetzt von uns, und er will, dass wir ihn finden.«
»Damit er uns tötet.«
»Damit er herausfinden kann, ob er uns zu töten vermag.«
»Kann er?«
Er
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