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Die Tortenbäckerin

Die Tortenbäckerin

Titel: Die Tortenbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Janson
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schloss sie die Augen.
    Â»Sie sind die Mutter, nicht wahr?«
    Sofort riss sie die Augen wieder auf. »Woher …«
    Â»Das ist nicht schwer zu erraten. Dasselbe herzförmige Gesicht, derselbe Mund.«
    Â»Oh.«
    Â»Nun, was die Erblindung der Kleinen betrifft …«
    Â»Ja?« Sie wusste, was kommen würde, und wappnete sich innerlich.
    Â»Waren Sie krank während der Schwangerschaft?«
    Â»Ich hatte die Röteln«, flüsterte Greta.
    Dr. Hausmann nickte. Er hatte keine andere Antwort erwartet. Einen Moment lang schien er zu überlegen, wie er ihr die Wahrheit beibringen sollte, dann entschloss er sich für einfache, klare Worte. »Ihre Tochter leidet unter angeborenem grauen Star«, sagte er. »Ich bin zwar kein Spezialist der Augenheilkunde, aber die graue Färbung hinter den Pupillen konnte ich leicht erkennen.«
    Â»So ist das also«, erwiderte Greta schwach. Zu wissen, wie Lenis Krankheit hieß, änderte nichts für sie.
    Â»Ich empfehle Ihnen dringend, das Kind in einer Augenklinik untersuchen zu lassen.«
    Greta starrte den Arzt an. »Eine Augenklinik? So etwas gibt es? Und können die dort etwas für Leni tun?« Sie wagte kaum, sich an die winzige Hoffnung zu klammern.
    Â»In Hamburg gibt es sogar eine ganz besonders gute Augenklinik«, erwiderte Dr. Hausmann ruhig. »Ich willIhnen nicht zu viel versprechen, aber dort operiert August Classen persönlich. Er gilt als einer der besten Augenärzte im Deutschen Reich.«
    Â»Oh«, sagte Greta, »man kann diese Krankheit operieren?«
    Â»Selbstverständlich. Ich habe erst kürzlich die Abhandlung eines gewissen Dr. Heinrich Zenker gelesen. Er ist Assistenzarzt des berühmten Herzog Carl Theodor in München, und dieser ist vielleicht noch erfolgreicher als Classen. Die Abhandlung heißt Tausend Staroperationen‹.«
    Â»Tausend«, wiederholte Greta fassungslos. »Sie meinen also wirklich …«
    Dr. Hausmann hob die Hand. »Ich will Ihnen wirklich keine falschen Hoffnungen machen, liebe Greta. Das Kind muss zunächst untersucht werden.«

29
    C hristoph Hansen saß in einem Lehnstuhl am Fenster seines Zimmers und blickte auf die Außenalster. Ein Dampfschiff brachte Ausflügler zu einem Gartenlokal direkt am Wasser, weiter draußen zogen elegante Segelboote ihre Spur im kräftigen Frühlingswind. Der Monat März ging bereits seinem Ende zu, und es herrschten angenehme Temperaturen. Christoph dachte an die tropische Hitze in Daressalam, an die leichte Abendbrise, die keine Abwechslung brachte, an frisch gewaschene Hemden, die schon nach wenigen Minuten wieder durchgeschwitzt waren. Er dachte an die stupide Arbeit in der Bank, wo die reichen deutschen Siedler ihr Geld deponierten, nachdem sie den Negern ihr Land und ihr Vieh weggenommen hatten. Er sah auch seinen Bruder Meinhard vor sich, wie dieser zufrieden die Hände rieb ob des guten Geschäftes, und er sah die neue Armut in den Hütten, die Kinder mit aufgeblähten Bäuchen, die Mütter mit verzweifelten Mienen, weil sie keinen Mais mehr besaßen, die Väter, der Trunksucht verfallen. Ein Frösteln überkam ihn, und er zuckte erschrocken zusammen. Nein, sagte er sich dann. Es ist kein neuer Schüttelfrost.
    Christoph fühlte sich gut. Seit zwei Wochen hatte er keinen Fieberanfall mehr gehabt, und die Kur mit Chinin schien wirklich zu helfen. Schwach war er noch, aberimmerhin konnte er schon aufstehen und an den gemeinsamen Mahlzeiten teilnehmen. Was niemand, nicht einmal Greta, wusste, war, dass er seit vier Tagen auch seine Muskeln trainierte. Christoph ging in seinem Zimmer hin und her, und für die Armmuskeln hob er Bücher hoch. Anfangs war es eine Quälerei gewesen, aber nun schaffte er es schon, zehnmal auf und ab zu gehen und zehnmal zwei Bände von »Brehms Thierleben« in die Luft zu stemmen. Christoph Hansen war stolz auf sich. Er musste bald wieder in Form kommen, denn es war an der Zeit, nach Deutsch-Ostafrika zurückzukehren.
    Seine Mutter hatte ihn gestern beim Abendbrot mit großen Augen angestarrt, als er der Familie seinen Entschluss mitgeteilt hatte.
    Â»Du willst wieder zurück? Aber du wärst dort unten fast gestorben.«
    Â»Trotzdem«, hatte er beharrt. »Mein Platz ist dort.«
    Â»Meinhard schreibt, dass er auch ohne dich zurechtkommt«, hatte sein Vater eingeworfen.
    Â»Ich … habe

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