Die Tortenbäckerin
gleiÃend hellen Licht.
»Bitte kommen Sie mit ins Sprechzimmer«, sagte die Schwester zu Greta. »Sie sind doch zumindest so etwas wie eine Pflegemutter, richtig?«
Greta nickte nur und erhob sich. Mathilde machte Anstalten, ebenfalls aufzustehen, aber die Schwester hielt sie mit einer gebieterischen Handbewegung zurück. »Nur Fräulein Voss.«
Als sie durch den langen Flur liefen, schien es Greta, als strebten die weià gekalkten Wände auf sie zu. Der Flur war endlos, und irgendwo ganz weit hinten würden sie erdrückt werden.
»Bitte«, sagte die Schwester unvermittelt, öffnete eine Tür und lieà Greta hinein. Nach dem kahlen Warteraum und dem blendend weiÃen Flur wirkte dieses Zimmer gemütlich. Hohe Bücherregale bedeckten die Wände, am Fenster stand ein wuchtiger Schreibtisch, in einer Ecke befanden sich zwei Ledersessel. Ein Mann, klein von Statur und geradezu zartgliedrig, erhob sich und kam auf Greta zu.
»Guten Tag. Ich bin Doktor Martin Richter. Bitte nehmen Sie doch Platz.« Er wies auf einen Sessel und wartete galant, bis Greta sich auf die äuÃerste Kante gesetzt hatte.
Dann begann er, sich umständlich eine Pfeife zu stopfen, paffte zufrieden und lieà Greta Zeit, zur Ruhe zu kommen.
SchlieÃlich fragte er: »Sie sind nicht die Mutter des Kindes?«
»Ich ⦠Doch«, platzte sie heraus. »Aber ich habe Leni damals nicht gemeldet. Ich hatte Angst, man würde sie mir wegnehmen. Ich ⦠ich bin nicht verheiratet.«
Sie konnte den Ausdruck seiner Augen hinter der Rauchwolke nicht erkennen, doch seine Stimme blieb unverändert freundlich, als er nun fortfuhr: »Nun, das könnte gewisse Probleme mit sich bringen, was die Sozialversicherung betrifft.«
»Ich ⦠kann die Operation selbst bezahlen.«
Dr. Richter lieà die Pfeife sinken und musterte sie prüfend. »Tatsächlich?«
»Wäre es denn überhaupt möglich, Lenis Augen zu operieren?«
»Gewiss.«
»Oh mein Gott.« Der Raum begann, sich um sie zu drehen.
»Nur die Ruhe, meine Liebe. Hier, trinken Sie ein Glas Wasser.«
Greta nahm einen Schluck, fühlte sich ein wenig besser. Nur ihr Herz klopfte noch wie wild. »Wirklich und wahrhaftig? Leni wird sehen können?«
Dr. Richter nickte. »Vielleicht nicht so scharf wie ein Adler, aber ganz sicher wie jeder normale Mensch. Ihre Augen könnten ein wenig empfindlich bleiben, in hellem Sonnenlicht wird sie eine dunkle Brille brauchen.«
»Was ist das?«, fragte Greta dazwischen.
»Nun, Sie kennen doch Brillen als Sehhilfe, nicht wahr?«
»Ja. Eine meiner Kundinnen benutzt ein Lorgnon, und ihr Sohn hat sogar eine Brille, die er gar nicht festhalten muss.«
»Gut. Eine solche Brille gibt es auch mit dunklen Gläsern. Sie sorgen dafür, dass nicht zu viel Sonnenlicht auf die Augen trifft. Ãbrigens wäre dies meine Empfehlung für alle Menschen, die ihre Sommerfrische in Italien und Südfrankreich verbringen, denn zu viele Sonnenstrahlen könnenauch gesunde Augen schädigen. Aber dafür werde ich eher ausgelacht.«
Greta wartete höflich ab, bis er wieder auf Leni zu sprechen kam.
Dr. Richter lächelte ihr zu. »Alles in allem sehe ich keinen Grund, warum sie ihr Leben lang blind bleiben sollte. Der Eingriff dauert pro Auge keine Viertelstunde. Es wird eine kombinierte Extraktion mit dem Graefe-Messer durchgeführt.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Müssen Sie auch nicht, meine Liebe. Ich versichere Ihnen, dass wir groÃe Ãbung in dieser Operation haben. Wir können sie unter Vollnarkose durchführen, was ich im Fall einer so jungen Patientin empfehlen möchte.«
»Ja«, sagte Greta matt. »Danke schön.«
»Dennoch müssen wir über die Kosten reden, fürchte ich«, fuhr Dr. Richter fort. Er wirkte dabei auÃerordentlich verlegen.
Greta dachte an Siggo. »Ich habe Freunde, die mir helfen.«
»Nun, das ist löblich. Die Operation wird jedoch zwischen dreihundert und vierhundert Reichsmark kosten. Je nachdem, wie lange Ihre Tochter anschlieÃend bei uns zur Nachbehandlung bleiben wird.«
»So viel«, flüsterte Greta. Das war ein Vermögen. Siggo würde sein Geschäft verkaufen müssen, um so viel Geld zusammenzubekommen.
Der Arzt bekam Mitleid mit ihr. »Von Zeit zu Zeit erhält unser Krankenhaus Zuwendungen von einem
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