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Die Tortenbäckerin

Die Tortenbäckerin

Titel: Die Tortenbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Janson
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hatte. Es würde kein guter Tag werden. Vati würde ganz böse sein, weil er nach solchen Nächten immer schreckliche Kopfschmerzen hatte. Er würde vielleicht herumbrüllen, und wenn Leni nicht aufpasste, wenn sie ihm im Weg war, dann bekam sie wieder einen Schlag.
    Der letzte Schlag tat immer noch weh. Da hatte Vati sie auf die Schulter gehauen.
    Â»Verdammt«, hatte Oliver gesagt, als Leni ihre Kittelschürze ein kurzes Stück heruntergezogen hatte. »Die ist ja ganz blau!«
    Leni hatte sich ein wenig geschämt, aber dann hatte Oliver seine Hand daraufgelegt. Es hatte sich gut angefühlt, kühl und irgendwie tröstend. Dann hatte Oliver mit feierlicher Stimme einen Schwur geleistet: »Dieser Mistkerl wird dich nie wieder schlagen.«
    Leni hatte ihm geglaubt, aber wo war Oliver? Wann kam er wieder?
    Ach, dachte sie, wenn ich doch nur sehen könnte. Dann würde ich weglaufen, aus der Wohnung, aus dem Haus, die Straße hinunter, bis nach Altona. Zu Greta, zu Siggo und zu Oliver.
    Irgendwann musste sie doch eingeschlafen sein, denn plötzlich wurde sie von einem Geräusch geweckt. Erschrocken fuhr sie zusammen, dann erkannte sie, was es war. Es war Olivers Klopfzeichen. Er hatte ihr das genau beigebracht. Drei Mal, dann eine Pause, dann noch drei Mal.
    Wenn Mutti zu Hause war und öffnete, verschwand Oliver im Nu auf den Dachboden, und Mutti ärgerte sich über den Dummerjungenstreich. Aber wenn Leni allein war, dann wartete Oliver geduldig, bis sie ihm öffnete.
    Wieder das Klopfzeichen. Leni begann zu hoffen. War Vati fortgegangen? War Mutti schon auf dem Markt?
    Als zum dritten Mal geklopft wurde, war Leni ganz sicher, dass niemand außer ihr in der Wohnung war.
    Ich muss jetzt nur aufstehen und die Tür aufmachen, beschloss sie. Und sie wollte aufstehen. Ganz bestimmtwollte sie aufstehen. Aber ihre Beine gehorchten ihr einfach nicht. Leni schluchzte leise auf. Ihre Beine gehörten nicht mehr zu ihr. Draußen stand Oliver, ihr lieber Freund, und sie hockte hier in der Ecke und konnte nicht zur Tür.
    Tränen rannen ihr über die Wangen. Sie wollte die Stimme heben, ganz laut rufen, aber sie bekam nur ein Krächzen heraus, so trocken war ihr Hals. Oliver, dachte sie. Oliver, bitte komm zu mir.
    Im nächsten Moment sank ihr Kopf auf die Knie.
    Es wurde dunkel um Leni, so dunkel wie noch nie zuvor.

25
    G reta richtete sich mühsam auf. Jeder einzelne Knochen im Leib tat ihr weh, und ihr Rücken fühlte sich an, als wollte er für immer krumm bleiben. Stöhnend schaffte sie es endlich in eine aufrechte Stellung.
    Â»Das ist mein Ende«, stieß sie hervor. »Wenn wir hier fertig sind, werde ich nie wieder gerade stehen können.«
    Â»Jammern hilft jetzt auch nichts«, erwiderte Gerlinde und erhob sich ebenfalls. »Nun komm. Wir wollen heute mit dem Fußboden fertig werden.«
    Gemeinsam schleppten Greta und Gerlinde den schweren Eimer voller Schmutzwasser nach draußen und kippten die stinkende Brühe an den Straßenrand. Dann kehrten sie zurück in den »Dreimaster«, holten in der Küche frisches Wasser und knieten sich im Schankraum wieder auf ein paar zerschlissene Sofakissen. Ihre langen Röcke hatten sie hochgesteckt, damit der Stoff nicht mit Wischwasser getränkt wurde, die Haare hatten sie zu einem schlichten Knoten gebunden, an ihren Blusen standen die obersten Knöpfe offen, da die beiden Frauen trotz der Kälte in der ungeheizten Kneipe bei ihrer anstrengenden Arbeit schwitzten. Nun fuhren sie darin fort, die blanken Dielenbretter mit Wurzelbürsten zu bearbeiten. Seit zwei Tagen bemühten sie sich, die festgetretene, über Jahre eingetrocknete Schmutzschicht zu entfernen. Es war eine höllisch harte Schufterei.
    Greta packte die Bürste mit beiden Händen und schrubbte mit dem ganzen Gewicht ihres Oberkörpers.
    Â»Das ist die allerschlimmste Arbeit von allen«, stöhnte sie. Eine Strähne hatte sich aus ihrem Haarknoten gelöst und tanzte vor ihren Augen herum. Greta nahm sich nicht die Zeit, eine Hand zu heben. Sie pustete die Strähne zur Seite. Zu ihrer Überraschung traf sie irgendwo in ihren Locken auf einen Halt und blieb, wo sie war.
    Â»Irrtum«, sagte Gerlinde und goss einen neuen Wasserschwall auf das Stück Fußboden vor ihnen. Sogleich nahm es eine schmutzig braune Farbe an. »Die ersten beiden Tage waren schlimmer.«
    Ein kalter

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