Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
hat sie vielleicht gesagt: ›Ach, du bist es‹ und hat sich wieder zurückgedreht.«
»Klingt logisch«, bestätigte Erik. »Und sonstige Spuren?« Er vermied es, die Spuren, an die er dachte, beim Namen zu nennen, solange Andresen auf der Treppe stand.
Dr. Hillmots Stimme frohlockte. »Wieder Sperma!«
»Wo?«
»Diesmal in der Vagina. Das heißt, Ulla Andresen hatte kurz vor ihrem Tod Geschlechtsverkehr.«
»Kurz vorher? Woher wissen Sie das?«
»Die Spermien waren noch aktiv.« Dr. Hillmot räusperte sich. »Und die Menge des Ejakulats, das wir gefunden haben, weist darauf hin, dass der Geschlechtsverkehr erst kurz vorher stattgefunden haben kann.«
»Irgendwelche Zeichen von Gewaltanwendung?«
»Keine. Sie haben es ja gesehen: Auch diese Leiche war vollständig bekleidet. Nein, wenn Sie mich fragen, hat sie im Auto ein Schäferstündchen gehabt und sich danach wieder angezogen.«
»Und wurde dann von ihrem Lover umgebracht?«
»Kann sein. Er hat sich verabschiedet, ist dann ausgestiegen, hat so getan, als ginge er weg und dann … Aber das ist ja nicht meine Arbeit.« Dr. Hillmot schnaufte vernehmlich. Die Arbeit, die zurzeit auf Sylt für ihn anfiel, war ihm eindeutig zu viel. Und Eile war auch nicht gerade sein Ding. Aber trotzdem sah er ein, dass Gemütlichkeit erst wieder einziehen konnte, wenn die beiden Mordfälle gelöst waren. »Die DNA ist bereits in der Mache. Wenn die Spuren alle übereinstimmen, steht der Täter fest.«
»So ist es«, bekräftigte Erik und beendete das Gespräch. Während er das Handy wegsteckte, hörte er Andresens Schritte, die sich durch die Fischküche entfernten.
Erik lauschte eine Weile, dann sagte er zu Sören, ohne ihn anzusehen: »Habe ich Ihnen erzählt, dass die Staatsanwältin heute Morgen angerufen hat?«
Sören sah überrascht auf. Normalerweise brauchte Erik viel Zeit und jede Menge Pfeifentabak, um sich von einem Telefongespräch mit der Staatsanwältin zu erholen, und sein Schnauzer war anschließend so glatt wie nie. Zwischen den beiden bestand eine Antipathie, deren Ursprung niemand kannte, über die aber immer wieder gerätselt wurde. Der wahre Grund war derart pikant, dass Erik nie darüber geredet hatte. Er war der einzige Polizeibeamte, der wusste, was sich gelegentlich unter dem Rock der Staatsanwältin zutrug. Er hatte ihr Dienstzimmer betreten wollen, viel zu leise angeklopft und darüber hinaus nicht auf ihre Aufforderung einzutreten gewartet. Zwei Todsünden auf einmal. Die Staatsanwältin hatte Hauptkommissar Erik Wolf nie verziehen, dass er von ihren pfirsichfarbenen Unterröcken wusste und von ihrer Gewohnheit, sich die Unterseite der Oberschenkel zu kratzen, wenn sie nachdachte. Und da sie nicht glauben konnte, dass es Menschen gab, die den Einblick in solche Schwächen für sich behielten, missfiel ihr jeder Beamte, der im Polizeirevier Westerland Dienst tat.
»Und?«, fragte Sören. »War sie wieder so biestig?«
Erik schüttelte den Kopf. »Dieser Fall von Kindesmissbrauch und Kinderpornografie, der Schleswig-Holstein zurzeit erschüttert, hat ihr anscheinend den Blick geschärft für das Wesentliche im Leben. Zum Beispiel ist ihr aufgefallen, dass im Westerländer Kriminalkommissariat ordentlich gearbeitet wird.«
Sören grinste ungläubig. »Ehrlich?«
»Vielleicht ist sie auch einfach nur dankbar dafür, dass sie der Presse mal auf etwas anderes antworten darf als auf die Frage, welche honorigen Schleswig-Holsteiner Bürger noch in die Kinderpornografie-Affäre verstrickt sind. Sie schien sehr froh zu sein, dass den Reportern die beiden Morde auf Sylt endlich aufgefallen sind. Und sie hat mich sehr freundlich gebeten, der Pressekonferenz beizuwohnen, die an diesem Wochenende in Flensburg stattfinden soll. Vermutlich am Sonntag.«
Sören konnte es nicht fassen. »Sie hat Sie gebeten? Und dann noch freundlich? Nicht zu glauben!«
Erik konnte in seine Euphorie nicht einstimmen. »Abwarten, Sören! Wenn die Presse am Sonntag mit schwerem Geschütz auffährt, wird es mit der Freundlichkeit bald ein Ende haben.«
Felix zog seine übergroße Jeans so weit herunter, dass der Reißverschluss zwischen seinen Schenkeln baumelte, die Gesäßtaschen mit den Händen nicht zu erreichen waren und die Hosenbeine wie Ziehharmonikas auf seine Füße fielen. Die Schuhe, die er trug, waren die breitesten, die er besaß. Und da er auf die Schnürung verzichtet hatte, sahen sie noch breiter aus.
Mamma Carlotta betrachtete ihn kopfschüttelnd.
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