Die tote Autorin (German Edition)
wieder an Frau Boss. Ob sie ihr helfen würde? Die Angst sass so tief in ihr, dass sie diese Möglichkeit als ihre einzige Chance sah. «Agentur Linda Boss»
«Hallo, kann ich Frau Boss sprechen? Es ist dringend!», bat Elisa flehend, in der Hoffnung, man möge sie nicht fragen, wer sie sei. Dem Stress, der gerade im Büro herrschte, verdankte sie es, dass sie direkt verbunden wurde.
«Linda Boss, guten Tag.»
«Hallo Linda, ich bins, Elisa», sagte sie leise.
«Elisa???», fragte Frau Boss ungläubig nach.
«Wo bist du, wo steckst du? Was ist mit dir los, warum weinst du?», überhäufte sie die junge Frau mit Fragen, nachdem ihr klar geworden war, welche Elisa am Apparat war.
«Elisa, brauchst du Hilfe? Wo bist du? Rede bitte.»
Elisa fand den Mut weiterzureden. Mit zitternder Stimme erzählte sie, und dann: «Kannst du mir andere Kleider bringen und eine Perücke?»
Frau Boss begriff sofort, dass Elisa in grossen Schwierigkeiten steckte. «Ich bin gleich bei dir, versuche dich zu beruhigen.» Sie fragte noch nach der Zimmernummer und hängte auf.
Frau Boss ging in die Requisitenkammer im Keller des Bürogebäudes. Darin wurden mehrere Kleidungsstücke sowie Perücken und anderes Zubehör aufbewahrt. Sie packte die angeforderten Sachen ein, ausserdem eine Sonnenbrille und ein paar weitere Dinge, von denen sie meinte, dass sie nützlich sein konnten, und fuhr los. Sie parkte vor dem Hotel, betrat die Lobby, steuerte direkt an die Rezeption und bat, die Rechnung sofort begleichen zu können. Sie wollte Zeit gewinnen. Anschliessend nahm sie den Lift, fuhr hoch und klopfte an Elisas Tür, aber niemand machte auf. Frau Boss erinnerte sich an den Klopfcode, den sie einmal abgemacht hatten, falls eine Notlage eintreten sollte.
Sie klopfte einmal per Hand, nahm dann den Autoschlüssel und klopfte damit zweimal, dann wieder einmal mit der geballten Faust. Elisa erkannte das Signal und öffnete sofort. Linda Boss trat ein und stand vor einer am Boden zerstörten Frau.
Sie stellte keine Fragen, half ihr, die Kleidung zu wechseln, die Perücke zu befestigen und gab ihr die Sonnenbrille:
«Hier habe ich noch etwas.»
Linda gab ihr einen Blindenstock, räumte die alten Kleider von Elisa in die mitgebrachte Tasche, hakte Elisas Arm unter ihren und verliess mit ihr das Hotel. Alle schienen beschäftigt und niemandem fiel die gespielte Blinde auf. Frau Boss half ihr, ins Auto zu steigen, setzte sich selbst ans Steuer und fuhr weg. Sie wusste weder, wer hinter Elisa her war, noch, in welchen Schwierigkeiten sie sich tatsächlich befand. Fieberhaft überlegte sie, wo die junge Frau am sichersten aufgehoben wäre. Bei sich zu Hause war es nicht günstig, aber sie besass eine Ferienwohnung und beschloss dorthin zu fahren. Drei Stunden später war Elisa erschöpft auf dem Sofa eingeschlafen. Linda deckte sie zu und ging in den Nebenraum. Von dort rief sie mit dem Handy ihren Stellvertreter an und sagte ihm, sie sei zwar für Notfälle erreichbar, ansonsten wolle sie zwei Tage lang nicht gestört werden. Sie verriet nicht, wo sie war, und vorläufig auch nichts über Elisa, die er von früher noch kannte. Solange sie nicht wusste, wie ernst die Lage war, konnte sie ihn in die Geschichte nicht einweihen. Gegen Mitternacht weckte sie Elisa leise und begleitete sie ins Schlafzimmer. Sie half ihr sich auszuziehen, steckte sie in einen warmen Pyjama und deckte sie zu. Später lag auch Frau Boss in ihrem Bett. Müde und erschöpft fand sie schnell in einen tiefen Schlaf. Am Morgen früh stand Linda Boss auf, streifte sich den Bademantel über, ging in die Küche und machte zwei Tassen Kaffee. Elisa betrat kurz danach schlaftrunken die Küche. Sie sieht schon besser aus als gestern Abend, dachte Linda.
«Elisa, magst du weiterreden?», fragte sie vorsichtig . Mit zitternder Stimme und verschämt fing Elisa an die ganze Geschichte zu erzählen. Zuerst über den Plan, sie, ihre Chefin, zu belügen, damit sie selbst ein Stück vom Kuchen, in diesem Fall den Millionen des Jackpotgewinnes, bekommen würde.
«Ich habe Lora Fiorente mit Lora Florente verwechselt! Der Mann im Casino, den ich bestochen hatte, versprach mir, Zug um Zug die Informationen zu geben. Zuerst wollte er das Geld sehen. Ich gab ihm wie gewünscht vier Scheine, worauf er einen Zettel nahm und vier Buchstaben notierte. Ich fragte ihn, was das soll. Er antwortete, für jeden Schein gäbe es einen Buchstaben. Ich
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