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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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hatte sein Vater knapp erklärt, was er und Michaelis sich davon versprachen, Wittgens Forderungen zu missachten. Die Stimmung in der Stadt war seit Tagen angespannt, eine Anspannung, die sich entzünden konnte wie der Funke ein Pulverfass. Den Funken könnten sie nicht verhindern, wenn es jemand darauf anlege, hatte sein Vater prophezeit, aber sie könnten das Pulverfass unschädlich machen, indem sie den Inhalt ausleerten. Und dazu brauchten sie einen Mörder aus Fleisch und Blut, keine Hexe, die die Taten ins Unwirkliche enthob. Er hatte es nicht ausgesprochen, aber Julius hatte seinem Vater deutlich angesehen, dass er die alte Maria Dörr lieber heute als morgen zurück in ihren Wald scheuchen wollte, anstatt eine Hexenjagd zu veranstalten, doch offensichtlich konnte er sich damit nicht gegen den Rest des Rats durchsetzen. Also hatten Michaelis und er sich über den Beschluss hinweggesetzt und kurzerhand die Obduktion der Toten in Angriff genommen. Es war das erste Mal, dass Julius sich bereit fühlte, seinen Vater zu unterstützen.
    Hugo ließ ihn ein und führte ihn geradewegs in die Stube, wo Lotte in ein Buch vertieft saß. Sie blickte auf und lächelte, als sie ihn erblickte. »Julius. Du suchst Sophie?«
    »Wenn Sie mich nach dem gestrigen Tag noch mit ihr reden lassen«, nickte Julius steif und stellte seine Tasche beiseite. »Ich muss mich wohl bei Ihnen entschuldigen.«
    »Wenn sich jemand entschuldigen muss, dann Sophie«, schüttelte Lotte den Kopf. »Du trägst dafür keine Verantwortung.«
    »Doch, das tue ich.« Julius verschränkte die Arme auf dem Rücken. Er hätte nie geglaubt, dass er seine kleine Base einmal verteidigen würde, aber er fühlte sich verantwortlich dafür, dass sie sich in solche Gefahr begeben hatte. »Sie haben mir die Sorge um sie aufgetragen, und ich war nicht in der Lage, sie davon abzuhalten, diesen … Unsinn zu machen.«
    »War es denn wirklich Unsinn? Immerhin wissen wir jetzt, um was es sich bei diesem Wolfsungetüm wirklich handelt.« Lotte zwinkerte ihm zu, und Julius fühlte sich plötzlich aus der Bahn geworfen. Er hatte sich zurechtgelegt, wie er seine Tante davon abbringen wollte, Sophie fortzuschicken, aber nun sah es plötzlich so aus, als sei das gar nicht notwendig.
    »Sie hat sich in Gefahr gebracht«, wandte er daher halbherzig ein. »Ich hatte ihr ausdrücklich untersagt, in den Wald zu gehen.«
    »Und sie hat ihren Kopf durchgesetzt. Im Übrigen hat sie sich entschuldigt. Bei mir und auch bei Wilhelm Grimm. Gottlob ist der junge Mann ehrenhaft genug, eine solche Situation mit Sophie – allein im Wald – nicht auszunutzen.«
    »So, wie es dem Grimm ging, wäre er auch kaum in der Lage dazu gewesen«, bemerkte Julius und zog einen Stuhl heran, um sich zu setzen. »Jedenfalls muss ich Sie bitten, Sophie nicht fortzuschicken.«
    »Ich will sie nicht bestrafen«, sagte Lotte ernst. »Und wenn ich deinen Vater richtig verstanden habe, hat er gerade andere Sorgen als eine ungehorsame Nichte. Allerdings«, sie sprach nun deutlich lauter, »werde ich mir das gut überlegen, wenn ich meine Tochter noch einmal beim Lauschen erwischen sollte.«
    Die Tür zum Nachbarzimmer wurde aufgeschoben, und Sophie schlüpfte mit hochroten Wangen herein. Verlegen verschränkte sie die Finger. »Verzeihen Sie, ich wollte nicht …
    »Du wolltest und du hast«, unterbrach sie Lotte barsch. »Aber dann weißt du wenigstens schon über alles Bescheid. Komm herein und setz dich. Julius ist sicher nicht nur gekommen, um sich heldenhaft für dich in die Schusslinie zu werfen.«
    »Ich habe Neuigkeiten«, nickte Julius knapp und wartete, bis Sophie die Tür geschlossen und sich zu ihnen gesetzt hatte. Es passte ihm gar nicht, dass sie ihn dabei belauscht hatte, wie er sich für sie eingesetzt hatte. Er hoffte nur, dass sie jetzt nicht auf den Gedanken käme, er würde ihren Alleingang gut heißen. »Während du gestern im Nebel unterwegs warst, hat das Dienstmädchen der Wittgens Katharina tot auf dem Abort gefunden«, begann er kühl. »Angesichts der angespannten Stimmung in der Stadt ist das für meinen Vater und den Stadtrat eine Katastrophe. Draußen im Wald der angebliche Wolf, und in der Stadt ein unheimlicher Mörder, dem schon die dritte Frau zum Opfer fällt.«
    »Ich dachte, man geht davon aus, dass der Wolf Helene gefressen habe?«, warf Sophie spitz ein, aber Julius überging sie.
    »Der werte Stadtrat Laumann hatte bislang vor, die Aufregung wegen der Wolfsgeschichte

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