Die tote Schwester - Kriminalroman
andere Polizist ihn nun freundlich an.
Er mochte recht haben, aber Zbigniew interessierte das im Moment nicht.
»Ich will die Videoüberwachung sehen. Jetzt . Das ist die beste Spur. Vielleicht können Sie Kollegen zur Befragung abstellen.«
Die Beamten schauten ihn ungläubig an.
Er musste es herauslassen.
»Ich bin selbst Polizeibeamter. Im KK 51.« Zbigniew kramte seinen Dienstausweis hervor. »Ich will hier keine Sonderbehandlung, aber ich bin mir sicher, dass eine akute Gefahrenlage besteht.«
Die Polizisten sahen ihn verdattert an.
Zwei Minuten später stand Zbigniew in einem Überwachungsraum in den Katakomben des Flughafengebäudes. Einer der Polizisten hatte ihn dorthin begleitet, der andere begann mit Befragungen. Die Möglichkeit, aufgrund der vorliegenden Situation eine Straßensperre zu bekommen, hatte Zbigniew selbst bald als unrealistisch erkannt.
Vermutlich war es ohnehin bereits zu spät dafür.
VorihnenlagenMyriadenvonMonitoren.EinMannvomÜberwachungsteamsaßvorihnenundsuchtegeradedierichtigeKameraheraus,vondemBereich,woZbigniewLenadasletzteMalgesehenhatte.1B-26I;nacheinigemKnopfdrückenhattederMitarbeiterdievorhandeneFestplattenaufzeichnungumzehnMinutenzurückgefahren.
»Da sind wir«, rief Zbigniew aus. Er erkannte sich und Lena, klein und unscheinbar zwischen all den vielen anderen Flughafenbesuchern.
»Dann lass ich mal laufen«, sagte der Überwachungsbeamte.
Zbigniew und Lena standen einen Moment an dem großen Gepäckwagen, miteinander sprechend, dann verschwand Zbigniew Richtung Toiletten. Diverse Flughafenbesucher bewegten sich um Lena herum, die mit ihrem Gepäckwagen wie ein Fels in der Brandung stehen blieb.
Sie zupfte an ihren Taschen.
Plötzlich packte sie den Griff des Gepäckwagens, begann diesen nach draußen zu schieben, verschwand aus dem Bereich der Kameraüberwachung.
»Die geht einfach raus«, grunzte der Überwachungsbeamte.
Sie ließen die Aufzeichnung laufen, sahen aber nichts Interessantes mehr.
»Haben wir da eine Anschlusskamera nach draußen?«, fragte Zbigniew.
»Wir haben hier jeden Quadratzipfelmeter. Warten Sie … «
Der Mann schaute auf einen Plan, drückte dann wieder einige Knöpfe an seiner Anlage.
»1B-31 A«, grunzte er, während auf dem Monitor nun der Außenbereich des Terminals sichtbar wurde. »Wann ist die Frau rausgegangen?«
Zbigniew hatte nicht aufgepasst. Er stand völlig neben sich.
»Laut dem anderen Video um 11 Uhr 14«, sagte der Polizist.
»11 Uhr 14«, murmelte der Überwachungsbeamte.
Klick.
Lena kam aus dem Flughafengebäude, begab sich zu einem der großen runden Aschenbecher, die auf dem Bürgersteig standen. Im Hintergrund parkten Autos, eines fuhr auf der Straße vorbei, die die Terminals im Kreis miteinander verband. Lena zündete sich eine Zigarette an.
Zbigniew spürte, wie seine Nerven zum Zerreißen angespannt waren.
Es sollte nicht lange dauern.
Hinter Lena stand ein Wagen in einer Parklücke. Eine Frau zwischen dreißig und vierzig Jahren mit langen, dunklen, lockigen Haaren – war ihre Hautfarbe dunkler als die von Lena? – stieg aus. Sie schaute sich um, ging dann direkt auf Lena zu.
Offenbar fragte die Frau Lena etwas.
Sie tauschten vielleicht zwei Sätze aus, dann ging Lena ein paar Schritte mit der Frau zum Wagen, dessen rechte hintere Tür noch offen stand. Die Frau stellte sich neben sie, in die Nähe der Beifahrertür. Lena beugte sich ein wenig hinein, schien etwas zu sagen. Man konnte es nicht richtig sehen, da die Frau sich nun in die Kameralinie gestellt hatte. Durch die Spiegelungen der Lichter in der Windschutzscheibe war es nicht möglich, ins Auto hineinzusehen.
Da passierte es.
Obwohl Zbigniew eine Ahnung hatte, dass etwas mit Lena passiert war, traf es ihn völlig unvorbereitet. Er erschrak, wie er sich nur selten im Leben erschrocken hatte.
Mit einem Ruck verschwand Lena kopfüber im Wagen. Man sah noch einen kurzen Moment lang ihre Beine strampeln, dann waren auch sie verschwunden. Schnell schlug die Frau die Tür zu.
»Das gibt’s ja gar nicht«, entfuhr es dem fassungslosen Überwachungsbeamten. Zugleich nahm Zbigniew ein mattes »Ach du Scheiße« vom Polizisten neben ihm wahr.
Zbigniew spürte einen Schwindel. Es war, als ob seinem Körper abrupt etwas Lebensnotwendiges entzogen wurde. Er stützte sich mit einer Hand auf einem Tisch auf. Alles drehte sich um ihn herum.
Er zwang sich, weiter auf den Überwachungsmonitor zu schauen.
Die Frau ging nun schnell zum
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