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Die tote Schwester - Kriminalroman

Die tote Schwester - Kriminalroman

Titel: Die tote Schwester - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Brueggenthies
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bis er im Eigelsteinviertel angekommen war.
    Er betrat spontan eines der türkischen Schnellrestaurants in der Weidengasse, da er den Eindruck hatte, dass ein Großteil seiner Frühlingsrolle verdaut war. Nach einigem Überlegen bestellte er eine klassische Lahmacun.
    Samuel Weissberg.
    Was war in der Nacht zwischen Lena und ihm vorgefallen?
    Was hatte er ihr alles gesagt?
    Was hatte Lena Zbigniew nicht gesagt?
    Sie hatte ihn noch einmal getroffen.
    Was war das für ein Schlüssel?
    Spielte der Mann mit der Kufiya doch eine Rolle?
    Zbigniew versuchte ein weiteres Mal, Samuel Weissberg zu erreichen. Erfolglos.
    Lena hatte Edina am Telefon gesagt, dass sie mit mehreren Leuten in der Nacht bei Weissberg gewesen war.
    Vielleicht war Delia Johannsen dabei gewesen.
    Die Frau, die auch Kojak mochte.
    Es musste sich herausfinden lassen.
    Wie spät war es in New York jetzt eigentlich? Minus sechs Stunden, also nachmittags.
    Er rief bei der Auskunft an.
    »Ich bräuchte eine Nummer aus New York City. Eine Galerie, Johannsen? Galerie Johannsen. Delia Johannsen.«
    Er hörte ein Tastaturgeklapper aus dem Hörer. Der türkische Koch des Imbisses stellte ihm derweil einen Teller mit der Lahmacun auf den Tisch, brummelte etwas von einem guten Appetit, vermutlich auf Türkisch.
    »Ich habe hier keine Galerie unter diesem Namen, aber eine Delia Johannsen habe ich. Die Nummer wird durchgegeben«, sagte die Dame von der Auskunft freundlich. Hastig holte Zbigniew einen Stift aus seiner Jacke. Papier, er brauchte Papier. Er nahm den Brief von Samuel Weissberg und kritzelte die Nummer, die ihm eine computergenerierte Stimme durchsagte, auf den Umschlag.
    Ein paar Bissen von der Lahmacun, dann wählte er sie.
    Nach viermaligem Tuten hörte Zbigniew Delias Singsang-Stimme in der Leitung. Es war bloß der Anrufbeantworter, der auf freundliche Weise Delias Abwesenheit verkündete und darauf hinwies, dass in Notfällen eine bestimmte Mobilnummer angerufen werden könne.
    Zbigniew notierte die Mobilnummer. Es war ein Notfall.
    Er kaute hastig die Lahmacun zu Ende, bis er wieder zum Telefon griff.
    Das Freizeichen.
    »Hello?«
    Zbigniew atmete durch. Er stotterte zunächst ein wenig.
    »Hello, this is Zbigniew Meier. Maybe you remember … «
    Delia fiel ihm direkt ins Wort. Ihr betontes amerikanisches Englisch war auch durchs Telefon recht klar zu verstehen. Vor seinem geistigen Auge sah Zbigniew sofort eine Föhnwelle, die hin und her wippte.
    »Natürlich! Wie könnte ich Sie vergessen, wir hatten uns doch so intensiv unterhalten auf der Vernissage. Wie geht es Ihnen?«
    »Um ehrlich zu sein, nicht so gut. Es ist etwas passiert … Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll … «
    »Sagen Sie es doch einfach.«
    Zbigniew hielt einen Moment inne. Er sammelte sich.
    »Meine Freundin Lena ist entführt worden. Hier in Deutschland, von unbekannten Tätern. Direkt nachdem wir angekommen sind.«
    Schweigen in der Leitung.
    »Sind Sie noch da?«
    »Ja … Was sagen Sie?«
    Zbigniew wiederholte es. »Es ist ernst.«
    Eine Pause.
    »Oh mein Gott, das ist ja schrecklich«, sagte Delia schließlich.
    »Meine Freundin war an dem Abend der Vernissage doch mit Samuel Weissberg und Ihnen zusammen. Ist Ihnen irgendetwas aufgefallen? Ist etwas vorgefallen?«
    »Nein. Wir haben alle noch ein wenig geredet, ein wenig hier, ein wenig dort … «
    »Lena war noch in einer Bar und dann bei Samuel Weissberg zu Hause, stimmt das? Waren Sie auch dort?«
    »Ja. Wir waren vielleicht acht Leute und am Ende etwas betrunken, befürchte ich. Ihre Freundin war bester Dinge, so weit ich mich entsinne. Ich habe sie zum Taxi begleitet.«
    »Was hat Lena so gesagt? Ist Ihnen etwas aufgefallen?«
    »Nichts Besonderes. Sie ist eine so nette junge Frau. – Oh mein Gott, ich hoffe inständig, dass Sie sie wiederfinden werden. Wer tut so etwas?«
    »Ich habe keine Ahnung. Gab es denn noch irgendetwas mit der Schwester von Herrn Weissberg?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Haben Sie mitbekommen, dass Samuel ihr etwas erzählt hat … vielleicht von Immermann 23?«
    Delia schien kurz nachzudenken.
    »Nein, tut mir leid. Aber jetzt, wo Sie es sagen: Samuel und Ihre Freundin waren eine längere Zeit in seinem Arbeitszimmer, allein.«
    Zbigniew versuchte, sich die Wohnung von Samuel Weissberg vorzustellen. Abermals musste er an Woody Allen denken; er hatte ein Apartment aus einem seiner Filme vor Augen. Vermutlich weil es seine einzige visuelle Vorstellung von einer New Yorker Wohnung

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