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Die Tote

Die Tote

Titel: Die Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion
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verprügelt. Ich weiß noch, wie Janina mit einem Riesenveilchen in die Schule kam. Natürlich hat sie versucht, es wegzuschminken, aber so was sieht man doch. Und deswegen hat sie auch gesagt, sie will abhauen und zu ihrer Oma nach Braunschweig.«
    »Und«, fragte Charlotte gespannt, »weißt du, wie die Oma heißt?«
    »Nein, das war die Mutter ihrer Mutter, und deren Mädchennamen kenn ich nicht.«
    »Hatte sie noch andere Freundinnen, mit wem war sie zusammen? Hatte sie vielleicht einen Freund?« Charlotte hatte so viele Fragen.
    »Keinen bestimmten«, antwortete Jennifer. »Sie kannte ziemlich viele Jungen aber nur oberflächlich, glaub ich. Von einem festen Freund hat sie nie was gesagt.« Jennifer sah auf die Uhr. »Ich muss jetzt auch echt wieder hoch, sonst krieg ich Ärger. Die Schwester ist ein totaler Drachen.«
    Charlotte klopfte der jungen Frau auf die Schulter. »Okay. Alles andere wird uns ihr Vater erzählen. Du warst uns eine große Hilfe. Wir sind dir wirklich dankbar.«
    Jennifer errötete vor Freude und stand auf. Sie ließen sich noch Namen, Adresse und Handynummer der Toten geben und verabschiedeten sich.
    »Und wenn der Drachen was zu meckern hat, dann ruf mich an.« Charlotte drückte Jennifer ihre Karte in die Hand. »Ich sag ihr dann, dass du eigentlich einen Orden verdient hättest.«
    Sie zwinkerte der jungen Frau zu, und dann gingen sie. Es gab eine Menge zu tun.
    * * *
    Der Mann, dem Bergheim an seinem Schreibtisch gegenübersaß, war alt und roch nach Urin. Er tat sich ein bisschen schwer mit seinen Personalien. Sein Name sei Erwin Müller, sagte er, aber Bergheim glaubte ihm kein Wort. Einen Ausweis hatte er nicht, ebenso wenig wie einen festen Wohnsitz. Er trug einen grauen Mantel, darunter einen blauen fleckigen Wollpullover. In seinem Bart hingen Brötchenkrümel. Anscheinend hatte ihm jemand ein Brötchen aus der Kantine spendiert.
    Bergheim räusperte sich. »Herr Müller, was genau ist in der Nacht von letzten Freitag auf Samstag passiert?«
    »Ja, ich habe es Ihrem Kollegen unten ja bereits gesagt …«, ganz im Gegensatz zu seinem ungepflegten Äußeren konnte man sich über seine Ausdrucksweise nicht beschweren …, »ich hätte das Ding beinahe auf den Kopf bekommen, ist direkt an mir vorbei ins Gebüsch geflogen.«
    »Haben Sie gesehen, wer ›das Ding‹ geworfen hat?«
    »Nein, hab ich nicht, aber ich hab ein Auto gehört.«
    »Haben Sie eine Ahnung, welche Marke?«
    Erwin Müller sah Bergheim vorwurfsvoll an. »Nein, ich kann zwar eine Menge Dinge, aber eine Automarke am Geräusch erkennen gehört nicht dazu.«
    »Aha«, sagte Bergheim. »Und? Haben Sie nicht nachgesehen, was da von der Brücke geflogen kam?«
    Müller blickte Bergheim verdutzt an.
    »Äh, nein«, antwortete er und kratzte sich am Kinnbart.
    Bergheim stand auf. »Kommen Sie mit, wir nehmen Ihre Fingerabdrücke.«
    »Nein«, wehrte sich Müller und klammerte sich mit beiden Händen am Stuhl fest. »Ich hab nichts getan. Das können Sie nicht machen.«
    »Doch«, konterte Bergheim, »von Märchenerzählern nehmen wir grundsätzlich die Fingerabdrücke.«
    »Ist ja gut, ist ja gut«, meinte Müller beschwichtigend. »Ich wollte schon nachgucken, was die da runtergeschmissen hatten, aber ich hab’s nicht gefunden und … na ja, dann bin ich halt in die Ihme gefallen, war nicht ganz bei mir. Und dann, dann war ich froh, dass ich nicht abgesoffen bin. Und jetzt komm ich zu Ihnen und mach meine Aussage, wie sich das für’n anständigen Bürger gehört und Sie, Sie wollen meine Fingerabdrücke …«
    Müllers rhetorische Fähigkeiten nahmen mit zunehmender Empörung ab, stellte Bergheim fest.
    »Okay«, sagte er, »ich nehme Ihre Aussage zu Protokoll.«
    »Äh, gibt’s da nicht so was wie ’ne Belohnung, wenn man was aussagt?«, wollte Müller wissen.
    »Nur wenn eine ausgesetzt ist, was in diesem Fall nicht der Fall ist. Und jetzt kommen Sie mit. Wegen der Fingerabdrücke.«
    Aber Müller weigerte sich, von seinem Stuhl aufzustehen. Und da weder Bergheim noch einer seiner Kollegen Lust hatten, den übel riechenden Mann anzufassen, versprach Bergheim ihm eine Flasche Schnaps. Das überzeugte Müller dann.
    »Jägermeister muss es sein, bloß keinen Wacholder oder Kümmel. Jägermeister, haben Se gehört?«
    »Ja, ja, geht klar«, murrte Bergheim, der bereits im Computer nach Erwin Müller suchte und tatsächlich eine Akte über ihn fand.
    »Ach, da fällt mir noch was ein.« Müller zwängte sich an

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