Die Tote
dann schweigend den Blick ab.
»Macht nichts.« Charlotte nahm das Bild wieder an sich. »Wir wissen, dass Sie ihn kannten. Aber wenn Sie weiter schweigen, wird sich das nicht gerade positiv auf die Beurteilung des Richters auswirken.«
Schmattke antwortete nicht.
»Wo ist Ihr Computer? Wir wissen, dass Sie einen haben. Wieso verstecken Sie ihn?«
Schmattke blickte auf seine Füße. »Sie können mir gar nichts.«
»Nein? Woher wollen Sie das wissen?«
»Kein Computer, kein Handy. Kann ich jetzt gehen?«
Charlotte atmete schwer aus, dann lächelte sie. »Sagen Sie mal, wie naiv sind Sie eigentlich? Wir werden bald rausfinden, wann, wie oft, wie lange und von welchem Ort aus Sie mit diesem Herrn hier telefoniert haben. Sie haben Ihr Handy ganz umsonst weggeworfen, und wo Sie im Internet so unterwegs waren, das finden wir auch raus.«
Schmattke wurde blass, sagte aber immer noch nichts.
»Wo waren Sie am Donnerstagabend?«
»Zu Hause.«
»Kann das jemand bestätigen?«
»Meine Mutter.«
»Natürlich.« Charlotte stand auf. »Bring ihn weg. Vielleicht kommt er ja bis morgen zur Vernunft.«
»Was, bis morgen? Sie können mich nicht einfach festhalten. Ich will einen Anwalt.«
»Kriegen Sie.« Charlotte gab Bremer ein Zeichen und ging dann zu ihrem Büro.
Nachdem sie sich an den Schreibtisch gesetzt hatte, legte sie für einen Moment den Kopf in die Hände und schloss die Augen. Der Kerl hatte recht. Wenn sie nichts fanden, musste sie ihn morgen wieder laufen lassen. Nur weil sie Schmattkes Handynummer auf der Telefonliste des Ermordeten gefunden hatten, konnten sie ihn nicht festhalten, auch wenn das Alibi von seiner Mutter nicht viel wert war. Sie mussten es zwar noch überprüfen, aber im Grunde war das überflüssig.
Kramer klopfte an. »Charlotte, eben kam ein Anruf aus Köln. Sie haben ein Frauenhaar in Rüdigers Wagen gefunden. Wir haben das geprüft. Es kann nicht deins sein, es ist zu lang.«
Charlotte überlegte. »Die Frau aus dem Imbiss. Das muss die Frau aus dem Imbiss gewesen sein.« Sie rieb sich die Augen. »Wenn ich bloß eine bessere Beschreibung hätte.«
»Sie machen auf jeden Fall eine DNA -Analyse.«
»Gut«, sagte Charlotte leise und überlegte. »Vielleicht sollten wir uns doch stärker auf Rüdigers Fälle bei der Sitte konzentrieren. Was wissen wir über diese Bar?«
»Alles blütenrein, habe ich persönlich überprüft. Das Einzige, was wir dem Besitzer anhängen können, ist, dass er’s bei Janina Heimann mit der Ausweiskontrolle nicht so genau genommen hat. Und dafür haben wir bisher auch nur die Aussage von diesem Windhund Weinlaub.«
»Glaubst du, dass sich jemand an Rüdiger rächen will?«
Kramer, der sich auf Charlottes Schreibtischkante gesetzt hatte, wiegte bedächtig den Kopf. »Gut möglich, immerhin hat er manchen Leuten am Steintor ziemlich in die Suppe gespuckt.«
»Was hat Stefan bisher rausbekommen?«
»Leider gar nichts. Er ist mit den Fotos am Steintor hausieren gegangen, Ergebnisse leider Fehlanzeige. Aber am Steintor wimmelt’s ja auch nicht gerade von Leuten, die darauf erpicht sind, polizeiliche Ermittlungen zu unterstützen.«
»Ja, das ist wohl so«, murmelte Charlotte. Unvermittelt stand sie auf. »Ich werde mich dort noch mal umsehen.«
»Was versprichst du dir davon?«
»Keine Ahnung, gibt mir das Gefühl, was zu tun.«
»Soll ich mitkommen?«
»Nein.« Charlotte legte Kramer die Hand auf den Arm. »Ich weiß deine Hilfe zu schätzen, aber ich glaube, du kannst hier mit deinem Computer mehr tun, als wenn du ziellos mit mir über den Kiez spazierst.«
Kramer stand auf. »Wenn du meinst … Ich wollte dir noch sagen, dass du auf mich zählen kannst. Der Gedanke, dass … meine Frau verschwunden wäre … das würde mich umbringen. Ich finde, du machst deine Sache erstaunlich gut.« Dann flüchtete Kramer aus dem Büro.
Charlotte sah ihm nach und schluckte an den Tränen, die wieder kommen wollten. Gut, dass Kramer nicht wusste, wie viel Kraft es sie kostete, ihre Sache gut zu machen. Aber sie durfte doch jetzt nicht schlapp machen! Sie hatte so viele Fälle gelöst, und jetzt … Das war sie Rüdiger schuldig. Und Jan. Und sich selbst. Sie musste ihn finden, und wenn sie zu spät kam, wusste sie nicht, wie sie weiterleben sollte.
* * *
Ihre Vorräte gingen zur Neige. Das Mädchen weigerte sich immer noch zu sprechen. Immerhin zitterte sie nicht mehr, wenn sie ihn sah. Die Steine gingen ihm ebenfalls langsam aus. Und über den
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